Alexander Kröger: Vermißt am Rio Tefé

Alexander Kröger: Vermißt am Rio Tefé
(Eigenverlag 1994, 232 Seiten, DM 7.50)


Wir berichteten bereits darüber, daß A. Kröger ein neues Buch veröffentlichte, über eine Druckerei in Moskau mit der Auflage von 1000 Stück. Für einen der einstigen führenden SF-Autoren der DDR scheint das ein rechter Abstieg zu sein, aber andererseits gibt es viel mehr, die gar nicht mehr publizieren. Es war auch wohl nicht Krögers Intention, damit an seine früheren Erfolgsromane anzuknüpfen.
Äußerlich sieht das Büchlein nicht besonders aus. Die Einbandgestaltung ist unprofessionell und dilettantisch. Vom kommerziellen Standpunkt aus schon mal ein Fehlschlag. Es hätte sicher bessere Gestalter als Dagmar Peterhänsel gegeben.
Im Satzspiegel finden sich relativ wenige Druckfehler, was bei der erwähnten Herstellungsmethode sicher nicht selbstverständlich ist.
Nun zum Inhalt des Buches. Ein hypermodernes (nord-) amerikanisches Spionageflugzeug stürzt bei einem Testflug durch eine Unachtsamkeit seines Piloten Jonathan Mcland irgendwo über dem südamerikanischen Regenwald ab. Kurz darauf beginnen sich mysteriöse, mit Laserwaffen ausgeführte Massaker unter den illegalen Baumfällern und Indios zu häufen, Leute verschwinden im Gebiet des Rio Tefé. Während die Nordamerikaner die Suche nach ihrer Maschine bald aufgeben, macht sich eine andere Gruppe auf den Weg in den Urwald, nachdem ein Überlebender der Massaker zurückgekehrt war.
Man findet Spuren, Skelette und schließlich die Absturzstelle. Es überrascht den Leser nicht im geringsten, daß die Ereignisse verknüpft sind. In einer primitiven Hütte finden sich auch noch Tonbandkassetten mit dem Tagebuch Mclands. So erfährt man, daß dieser aus seinem Flugzeug eine Art Rollstuhl basteln wollte, um damit die Zivilisation zu erreichen. Was herauskam, war leider die Mordmaschine, deren außer Kontrolle geratener Computer für die Morde verantwortlich ist. Der Pilot ist inzwischen verunglückt und tot, den Expeditionsmitgliedern bleibt nur noch, das Tagebuch zu dessen Frau zu schicken und etwas ratlos in die Gegend zu schauen. Genau wie der Leser.
Kröger verwendet seine reichlich dünne Story vor allem darauf, des öfteren mit dem ökologischen Zeigefinger zu drohen, lange Absätze über die bedrohte Natur des Regenwaldes abzuhandeln, wobei er sich leider auch wiederholt. Eine löbliche Absicht, sicher, aber dabei kam kein besonders gutes Buch heraus. Zu konstruiert wirkt die Handlung, zu unglaubwürdig die Leistung des querschnittsgelähmt überlebenden Piloten. Bei den detailreich beschriebenen Massakern fühlt man sich an "Die Engel in den grünen Kugeln" erinnert, und im Vergleich war jenes Buch wohl sogar besser. Die Dschungelbeschreibungen scheinen streckenweise aus "Sieben fielen vom Himmel" abgeschrieben zu sein.
Erstaunlicherweise finden die Leute der Expedition noch nach Monaten im Dschungel Spuren, die auf den ersten Blick als Abdrücke von Metallplatten und Flugzeugreifen erkannt werden! Und daraus schließt man messerscharf, daß man es hier mit dem Produkt eines "Bastlers" zu tun habe. Das alles ist vollkommen unlogisch und überhaupt nicht notwendig für die Handlung. Es nimmt nur das vorweg, was man noch aus dem Tagebuch erfahren soll.
Kröger verschenkte sich auch viele Möglichkeiten der weiteren Verfolgung der politischen Konsequenzen des Geschehens. Ein echter Thriller-Autor hätte sofort verschiedene Gruppen internationaler Herkunft ins Spiel gebracht, die nach dem Superflugzeug jagen müßten. Die US-Amerikaner schreiben die "Fee" aber ab, hoffnungsfroh, daß sie auf ewig vom Mato verschluckt bliebe. Auch die Südamerikaner bleiben eine diffuse "Zentrale", die über Funk Geheimhaltungsanweisungen gibt und sich damit begnügt. Als eine Gruppe Militärs zu den zivilen Forschern stößt, kommt es nicht etwa zu Konflikten, wie man meinen sollte. Alle sind hübsch friedlich, gefällte Bäume tun ihnen fast noch mehr leid als massakrierte Menschen. Der Roman hätte mit ein wenig mehr Konsequenz gut und gerne doppelt so dick und vielfach so interessant werden können.
Zu diesen Schwächen kommt eine meiner Ansicht nach unbedarfte Auswahl der Namen. Sie klingen unecht, gerade so, als habe sich ein Deutscher einige ausländische Namen ausgedacht. Mcland ist so ein Beispiel. Wenn schon, dann müßte er Mc Land heißen, was aber immer noch blöd klingt.
Das phantastische Element des Romans besteht nur in der Technik des Flugzeuges "Fee" - übrigens ein Name, den kein Amerikaner wählen würde, da er im Englischen ein Schimpfwort für Schwule ist, aber woher soll auch Herr Kröger das wissen - und in seinem "selbstregenerierenden Computer", was immer das ist. Für einen SF-Roman ist das eigentlich ziemlich wenig.
Schließlich wirkt die Sprache Krögers eigenartig gestelzt, und sein Satzbau ist stellenweise verworren. Viel zu viele Sätze - vor allem in der wörtlichen Rede - enden mit drei Punkten und sind so manchmal kaum verständlich. Das ist ihm doch früher nicht passiert, oder?
Schade eigentlich. Hätte ein Comeback werden können.
 
SX 64


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