Alien Contact Nr. 1
Alien Contact Nr. 1
Es war zu erwarten: mit der Wende wurde es auch möglich, einen
Traum der SF-Fans in diesem Land zu verwirklichen, nämlich eine Zeitschrift
für SF herauszubringen. Mit Fanzines hatten wir ja auch vorher schon
gewisse Erfahrungen sammeln können. Da ist es nun also, das erste
Heft des "Alien Contact" vom Avalon-Verlag. Der Einband ist für den
Anfang ganz ansprechend aufgemacht, allerdings mit einer schon aus Lichtjahr
bekannten Grafik von K.-H. Wieland. Auch sonst wirken Layout und Illustrationen
recht professionell - moderne Technik machts möglich. Jedenfalls bei
erster oberflächlicher Betrachtung. Was bekommt man aber inhaltlich
für seine DM 2.50 geboten? Drei Stories und einen Essay, mit welchem
AC in die Politik einzusteigen beabsichtigt. Zwei der Seiten wurden mit
Annoncen gefüllt, die vermutlich das Geld bringen sollen. Außer
der Profigeschichte von den Brauns, die mir ein müdes Kopfschütteln
entlockte, präsentiert sich der Kreis der AC-Macher mit Gerd Frey
und Berit Neumann, die man ja in Fankreisen durch Terminator bereits kennengelernt
hat. Im Editorial wird dem Leser mitgeteilt, was er von den Sachen so zu
halten hat: "köstliche Satire", "sehr begabte Nachwuchsautorin".
Gerd Freys Story war für mich noch so lustig wie damals, als ich
sie zum ersten Mal vorgetragen hörte. Wirklich nicht übel, wenn
man von stilistischen Ausrutschern ab sieht. Weit mehr haben mich die unzähligen
Druckfehler gestört. Konnte man da wirklich nicht mehr ausreichend
Korrektur lesen? Diese Erscheinung setzt sich bei Ralf Lorenz' Orwell-Essay
fort, den ich übrigens schon aus anderen Veröffentlichungen kannte.
So gar der Buchtitel "Animal Farm" ist einmal falsch gedruckt!
Der Essay eröffnete mir eine neuartige Sicht auf Orwell und sein
Werk. Ich bezweifele jedoch, daß alle Aussagen für einen Leser
verständlich sind, der die betreffenden Bücher noch nicht lesen
konnte. Was das politisierende Abschlußkapitel des Essays "Orwells
Vermächtnis und das Ende des 'Sozialismus' in der DDR" angeht, so
halte ich es für in seinem Anspruch für verfehlt. Ob man in einer
SF-Zeitschrift politische Propaganda betreiben sollte, sei hier nur in
Frage gestellt.
Die Liebesgeschichte Berit Neumanns ist ein typisches Beispiel dafür,
wie man die SF zur reinen Kulisse für irgendwelche zu transportierenden
Aussagen macht. Letztere habe ich allerdings in der Story vergeblich gesucht.
Die Geschichte ist nicht mehr als eine Episode, in welcher eine Raumstationsnutte
endlich doch die große Liebe findet (schluchz!). Ob man nach 10 Jahren
Weltraumeinsamkeit als erstes in die Kneipe bzw. das Bordell im Orbit geht,
ist nun wohl doch ein wenig fragwürdig.
An der Braun-Story störte mich vor allem die Angewohnheit dieser
Autoren, die Gesetze der deutschen Rechtschreibung hinsichtlich wörtlicher
Rede zu ignorieren. Das Lesen solcher Texte strengt an, was vom Inhalt
ablenkt. Jenen würde ich in diesem Fall nicht als eine "köstliche
Satire" bezeichnen. Skurril sind die neueren Braun-Geschichten (s. Pantamann!)
ja ohnehin. Ist die Story an sich seltsam, so halte ich die Gestaltung
des Schlusses für geschmacklos und unsinnig. Weder das plötzliche
Horrorelement noch der vordergründige "Trabi-Haß" (Symbol für
DDR??) bewegen irgendetwas in mir. Ich kann wirklich nur den Kopf schütteln.
Was sagt uns nun AC? Ein Anfang, da sollte ich sicher tolerant sein.
Etwas, worauf wir alle gewartet haben? Vielleicht entwickelt es sich noch
dazu. Geben wir AC die Chance.
SX 8
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