Andrew Harman: Das Wurmloch ins Biblioversum

Andrew Harman: Das Wurmloch ins Biblioversum
(Heyne 06/5489)

Nach "Der Appendix des Zauberers" und "Die Frösche des Krieges" ist dies nun der dritte Teil der Geschichte. Im Original ist die Anspielung des Titels "The Tome Tunnel" auf eine alte SF-Fernsehserie klar; tome bedeutet soviel wie "dickes Buch" oder "Foliant" und kann leider nicht adäquat übersetzt werden. Aber auch so ist es ganz in Ordnung. Man muß bewundern, was der Übersetzer, Jakob Leutner, geschafft hat. Dieses Buch lebt - wie schon seine Vorgänger - ausschließlich von Wortspielen, Verballhornungen und Anspielungen auf etwas, das es in der beschriebenen Fantasy-Welt gar nicht geben kann. Das ins Deutsche zu übertragen, muß sehr schwer gewesen sein, sicher fast eine Nachdichtung.
Leider lebt das Buch tatsächlich nur von der abstrusen, chaotischen Komik der Sprache. Die Handlung ist nicht besonders fesselnd, um nicht zu sagen, langweilig. Wieder sind die Hauptpersonen Firkin, Hogshead, Dawn und Courgette, die vier Kinder aus dem Dorf in den Bergen. Sie benehmen sich wieder genauso vollkommen naiv, begriffsstutzig, quengelig und dumm, so daß alles, was mit ihnen zu tun hat, schnell auf den Geist geht. Solche Kinder als Hauptpersonen gehören wohl besser in ein Kinderbuch für 10jährige! Jedenfalls dahin, wo ich es nicht lesen muß.
Wenn man, wie in "Die Frösche des Krieges" mittels Zeitreisen an der Geschichte herumspielt, sollte man auch als absolut verblödete Dorfgöre auf die Idee kommen, daß die Geschichte sich dadurch ändert. Zumal genau das Ziel des Unternehmens war. Zurück aus der Vergangenheit, latschen die Kinder aber verständnislos glotzend durch eine ihnen fremde Gegenwart und begreifen bis zur letzten Seite kaum etwas von dem, was um sie herum geschieht. Sie suchen immer noch nach König Klayth, den sie für all das Negative verantwortlich machen, als sie sogar schon seinem Vater, dem wirklichen König, begegnet sind.
Soviel ist zu viel. Das ist unlogisch und stimmt hinten und vorn nicht mehr. Es verdirbt den Lesespaß.
Weil Harman wohl auch gemerkt hat, daß diese Story reichlich dünn ist, gibt es noch einen zweiten Handlungsstrang über eine extrem geldgierige Sekte, die durch die Lande zieht, um die Leute nach Strich und Faden auszunehmen. Obwohl das alles auch recht plump wirkt, so ist es doch lustig zu lesen. Auch der alte Bösewicht Fisk taucht wieder auf, der nun unter dem Schloß haust und irgendwie Reichtum zusammenträgt und hortet. Aber auch er wirkt eher wie ein Füllstoff.
Was Harman da macht, ist einfache Blödelfantasy, deren intellektueller Gehalt derartig gegen Null geht, daß man schon solchen chaotischen Quatsch wirklich mögen muß, um sich das anzutun. Wären nicht die nervigen Helden, dann könnte es eventuell der Entspannung dienen, so ist es nur noch Blödsinn.
Jemand von "The Bookseller" behauptete auf der Buchrückseite "Dieser Autor kommt Terry Pratchett gefährlich nahe." Aber selbst wo auch Pratchett in letzter Zeit etwas nachzulassen scheint, braucht er sich vor Andrew Harman längst nicht zu verstecken.
 

The Tome Tunnel, (c) Andrew Harman 1994, übersetzt von Jakob Leutner 1997, 381 Seiten, DM 14.90

SX 84

 

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