Barbara Hambly: Die Chroniken von Windrose

Barbara Hambly: Die Chroniken von Windrose  

  • Der Zauberturm
  • Der Megabyte-Magier
  • Das Dämonentor

(Bastei Lübbe 20239, 20243, 20247)


Sind alle Computer wahnsinnig?
 Antryg Windrose

Barbara Hambly hatte mit "Jagd der Vampire" einen sehr guten Roman vorgelegt, der sie mir zum Lesen empfahl. Auch "Der Schwarze Drache", ein Fantasy-Roman, war recht erfreulich. Aber schon das Buch "Gefährtin des Lichts" legte ich nach einiger Zeit beiseite, bis heute habe ich es nicht zuende gelesen. Und auch bei der vorliegenden Trilogie über den Magier Windrose mußte ich mich manchmal zwingen, weiterzulesen.
Dabei gehört die Grundidee der Trilogie zu der Sorte, die mir an Fantasy eigentlich recht gut gefällt. Ein Mensch unserer Welt gerät in eine Parallelwelt oder etwas in der Art, die von Magie statt von Naturwissenschaft beherrscht wird. Oder umgekehrt gerät ein Fantasy-Welt-Bewohner auf unseren schönen Planeten. Hier haben wir es mit beidem zu tun.
Joanna, eine etwas menschenscheue Computerprogrammiererin einer amerikanischen Rüstungsfirma (!) wird unversehens von einem Unbekannten auf eine solche Fantasy-Welt verschleppt. Der Magier Antryg Windrose spielt dabei eine recht undurchsichtige Rolle. Ein junger Söldner namens Caris gerät auch noch in das Verwirrspiel, das sich letzten Endes um einen weiteren, größenwahnsinnigen Magier namens Suraklin dreht, der unsterblich werden will, indem er sich in einen Computer programmiert. Antryg ist der einzige auf der Welt, der ihn noch aufhalten könnte, aber er ist von seinen Magierkollegen verstoßen, eingekerkert und geächtet worden...
Die Situation spitzt sich schnell zu. Während Joanna erst mal nur auf die Erde zurück will, ist sie gezwungen, mit Caris und Antryg durchs Land zu reisen und Abenteuer zu bestehen, um die Welt zu retten. Alle jagen jeden und jeder mißtraut jedem.
Da wäre ich auch schon an der Stelle, wo das Buch mir nicht mehr gefiel. Die Gestalten, vor allem die Widersacher Antrygs, verhalten sich so unglaublich dumm, daß man nur mit dem Kopf schütteln kann. Caris ist ein selbstgerechter, bäurisch dummer Jüngling, der am Ende des zweiten Buches zum Glück aus dem Figurenensemble ausscheidet. Die Magier sind verbohrte, paranoide Schwachsinnige, die alles nur Erdenkliche tun, um zu verhindern, daß Antryg ihnen bei ihren Problemen hilft. Dazu kommen noch eine fanatische Religion, die alle Magier haßt, mit ihren Hexenjägern und haufenweise Monster, welche durch die Brüche im Gefüge der Realität aus anderen Welten herbeieilen, um ein wenig Böses zu tun. Die Fantasywelt ist voller Aberglauben, Haß und Mißtrauen.
Es mag ja sein, daß es in der wahren Welt wie in erdachten Welten solche sturen Dumpfköpfe gibt, aber hier kippte das Bild recht bald ins Unglaubwürdige ab. Es war mir einfach zu viel des Egomanischen, der ständigen Rettungsaktionen Antrygs, die ihm mit Folter und Todesdrohungen von denen gedankt wurden, für die er gerade wieder die Kastanien aus dem Feuer geholt hatte. Und andererseits verhält auch er sich unglaubhaft, wenn er nicht einen Rachegedanken aufkommen läßt, sondern er (im dritten Teil) mit denen zusammenarbeitet, die ihm nicht nur auf brutale Weise seine Magie genommen haben, sondern ihn auch töten wollen, wenn er seine Schuldigkeit getan hat.
Die Magier jener Welt dürfen sich in keiner Weise in die Belange der Normalsterblichen einmischen, nicht zum Guten und nicht zum Bösen. Somit sind sie isoliert, Verfolgungen ausgesetzt und den Launen geistesgestörter Potentaten. Und seltsamerweise halten sie sich an diese Gesetze, obwohl sie die Mittel hätten, das Blatt zu wenden. Es wird in den Büchern nicht hinreichend begründet, ob der Zustand nun gut oder schlecht ist, was die Autorin davon hält. Auch ist der Weltentwurf Barbara Hamblys denkbar dünn. Wieder einmal besteht die "Welt" scheinbar nur aus einem kleinen Land. Keine Beziehungen zu anderen Ländern werden erwähnt, und wie dort die Zauberer leben - unter anderen Bedingungen vielleicht?
Nach vielen Wirren gelingt es Antryg und Joanna am Ende des zweiten Bandes, Suraklin zu besiegen. Aber noch ein weiteres Buch und neue Bosheiten der Gegner sind nötig, um Windroses Abenteuer (vorerst?) abzuschließen. Der Inhalt des dritten Bandes hat mit der Handlung der ersten nicht mehr viel zu tun, andere Probleme türmen sich auf. Teilweise sehr eindringliche Schilderungen der chaotischen Zustände in der Zitadelle der Magier, die in den Abyssus geschleudert wird, machen diesen Teil zum besten der drei, wenn er auch dieselben Nachteile aufweist wie die anderen. Antryg ist hier fast ausschließlich der Handlungsträger, während Joanna irgendwo gefangen ist.
Viele Rätsel, vor denen die Protagonisten stehen, sind gar keine, weil sie der Leser fast sofort errät. Zu viele metaphorische Gewehre hängen vorher an der Wand. Daher kann man auch nicht unbedingt sagen, daß die Bücher sonderlich spannend wären. Der manchmal schwer verständliche Stil tut ein übriges. Ob es nun Barbara Hambly war oder die Übersetzerin, ich konnte manchmal mit Sätzen überhaupt nichts anfangen. An anderen Stellen gab es zusammenhangslose, abrupte Übergänge, von vielen sinnentstellenden Druckfehlern ganz zu schweigen.
Die Trilogie ist sicher nicht gerade das beste, was Frau Hambly bisher geschrieben hat. Möglicherweise steckte sie ja in einer persönlichen Krise, denn das dritte Buch ist Leuten gewidmet, die sie "seinerzeit davon abgehalten haben, meinem Leben ein Ende zu setzen." Eine Widmung, bei der es einem schon kalt über den Rücken laufen kann.
Es gibt in der Trilogie durchaus interessante Ideen und lesenswerte Passagen, zumindest die Gestalten Antrygs und Joannas sind einigermaßen gut gezeichnet. Wem es nichts ausmacht, ständig von abergläubischem Wahn und unrealistischem Verhalten der Leute zu lesen, dem werden die "Chroniken von Windrose" vielleicht besser gefallen als mir. Von meiner Seite wird es aber keine Empfehlung geben.

[The Silent Tower, © 1986, 379 Seiten, DM 9.90]
[The Silicon Mage, © 1988, 347 Seiten, DM 9.90]
[Dog Wizard, © 1992, 411 Seiten, DM 9.90]
übersetzt von Eva Bauche-Eppers 1994/95

SX 65


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