Christopher Stasheff: Der Zauberer Ihrer Majestät

Christopher Stasheff: Der Zauberer Ihrer Majestät
(Heyne 06/4873)


Das Buch ist schon etwas älter, und gelesen habe ich es auch schon zum zweiten Mal. Nun brauchte ich mit der Rezi gar nicht mehr fortfahren, denn wenn man heutzutage ein Buch zweimal liest, muß es gut sein.
Aber ich schreibe dennoch etwas mehr, weil sich ja vielleicht wieder einmal ein Käufer orientieren will, der nicht so recht weiß, was er (oder sie) sich denn noch so zulegen sollte.
Bei der Grundidee des Romans hat Stasheff nicht gerade großen Einfallsreichtum bewiesen. Ein gewisser Literaturstudent namens Matthew Mantrell stößt bei seinen Studien auf ein Pergament mit Runen und wird schließlich durch dieses in ein anderes Universum versetzt, wo - man staune - die Magie alltäglich ist und auch sonst alles schön mittelalterlich. Das ist die schon fast alltägliche Ausgangslage eines Buches, in dem ein Held wie du und ich (ich?) mit der Welt klarkommen muß, die sonst nur in Märchen- oder Geschichtsbüchern existiert. Scheinbar deswegen macht sich Matthew auch keine großen Gedanken, sondern sagt sich, nachdem er aufs Kopfsteinpflaster geplumpst und den sofort über ihn zusammenschlagenden Wellen der ersten Abenteuer entronnen ist, so in etwa: "Aha, da bin ich also in ein anderes Universum geraten. Und was kommt als nächstes dran?"
Na ja, nicht ganz so in dem Stil. Doch er akzeptiert und versteht nicht nur das bemerkenswert schnell, sondern auch, daß er selbst nun ein Magier ist, der vor allem mit dem Aufsagen von Reimen zaubern kann. Das ist zwar zunächst ein wenig überraschend, gefiel mir aber besser als mancher dümmlich vor sich hin stolpernde Held, der erst im letzten Drittel des Romans begreift, was eigentlich los ist.
Matthew landet erst mal im Kerker des hiesigen Ursupators oder vielmehr seines bösen Magiers. Durch Zufall zaubert er sich einen Drachen in seine Zelle (die ganz schön geräumig gewesen sein muß), welcher Zahnschmerzen hat und außerdem beim Feuerspucken besoffen wird, so daß er in dem Zustand Flugverbot hat. Da der Drache Stegoman heißt, hat Dieter Rottermund flugs einen Saurier als Feuerspeier auf den Umschlag gemalt, ohne sich um die Beschreibung "Es war ein neun Meter langer Drache in chinesischem Stil..." zu kümmern (S. 50).
Als der Held vom Herumhängen in der Zelle genug hat, teleportiert er sich in eine andere, wo die Prinzessin aufbewahrt wird. Man flieht gemeinsam mittels magischer Teleportation aus dem Schloß. Was nun folgt, ist die Queste, welche den Stoff liefert, aus dem die Abenteuer sind. Prinzessin Alisande und Lord Magier Matthew (so schnell geht das eben) treffen den geheimnisvollen schwarzen Ritter Sir Guy und machen sich auf den Weg, um a) das Volk auf ihre Seite zu kriegen und b) ein wenig Unterstützung durch einen zeitweise versteinerten Riesen zu bekommen. Denn da sind ja noch der böse Zauberer und der Ursupator. Matthew helfen bei der Wanderung seine Geschichts- und Literaturkenntnisse sehr, ist diese Welt doch irgendwie eine Art Parallelerde. Und ein Shakespeare-Zitat eignet sich verblüffend gut als neuartiger Zauberspruch.
Im Laufe der Handlung ist Gelegenheit zu abenteuerlichen Situationen und viel moralischer Belehrung. Es geht stellenweise sehr um Religion und Glauben, denn in dieser Welt ist auch das viel realer als in unserer. Stasheff bietet auch reichlich Schlachtengetümmel, ohne sich vor Gewalt zu scheuen: "Verbrannte Harpyien stürzten unter die am Boden Kämpfenden. Frauenköpfe flogen durch die Luft." (S. 405) Natürlich endet alles gut, aber nicht ohne ein paar Märtyrer.
Das Buch ist also keine Innovation des Genres, aber es ist ein gut geschriebener, traditioneller Fantasy-Roman mit ein klein wenig Augenzwinkern dabei. Zur Unterhaltung und Entspannung gut geeignet.
 

Her Majesty's Wizard, (c) by Christopher Stasheff 1986, übersetzt von Edda Petri 1992, 427 Seiten, DM 14.80 

SX 76

 

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