David Eddings: Die Belgariad-Saga

David Eddings: Die Belgariad-Saga

Kind der Prophezeiung
Zauber der Schlange
Spiel der Magier
Turm der Hexer
Duell der Zauberer


 
Mecker:
Auf den ersten Blick ist es eine sehr gediegene Aufmachung, in welcher der Weltbild-Versand die fünf Bände präsentiert. Hardcover, schöne Umschlagbilder, sogar ein annehmbarer Preis. Jedoch auf den zweiten Blick fallen einige Befremdlichkeiten auf. Entgegen allen Gepflogenheiten fehlen jegliche Angaben zu Originaltiteln, Erscheinungsjahren usw. Die Bücher wurden von einem "Bechtermünz Verlag im Weltbild Verlag GmbH" verlegt und von Irmhild Hübner übersetzt. Die Umschlagbilder, die - so hübsch sie auch sind - mit dem Inhalt nichts zu tun haben, kommen von irgendeinem offensichtlich pseudonymen "Crisp" über die bekannte Agentur Luserke. Ist es denn eine solche Schande, den Namen eines guten Fantasy-Malers im Buch ordentlich abzudrucken? Oder ist es so teuer, die Originalbilder mitzukaufen, wie es der Heyne-Verlag glücklicherweise immer öfter macht?
Viel übler als diese eigenartigen Mängel ist jedoch die Qualität des Textes, dessen Copyright übrigens beim Bastei Verlag liegt. Die Romane wimmeln von Druckfehlern, die jedes beliebige Textverarbeitungsprogramm ausgemerzt haben würde, wenn man sich nur die Mühe gegeben hätte. Auch die Übersetzung scheint nur mittelmäßig zu sein, zu oft tauchen Unstimmigkeiten auf, die sich nur mit einer oberflächlichen Arbeit der Übersetzerin erklären lassen. Und die Bücher sind nicht etwa von den sprichwörtlichen "koreanischen Reisbauern" gedruckt worden, sondern von "Ebner Ulm". Schande über die Erben Gutenbergs.

Lob:
Das Werk, das sich offenbar in einen noch weit größeren Zyklus einordnen läßt*, mit Tolkiens "Herr der Ringe" zu vergleichen, ist hier einmal durchaus angebracht. Die "Belgariad-Saga" ist ein ähnlich breit angelegtes Epos, das sich inhaltlich auf einen komplexen Mythos gründet, den Eddings genauso sorgfältig angelegt hat, wie es Tolkien tat. Es geht nicht nur um ein vereinzeltes Fantasy-Abenteuer, sondern eine ganze Welt wird vor dem Leser ausgebreitet, mitsamt ihrer Geschichte und Geographie. Gerechtfertigt wird diese ausführliche Darstellung nicht nur dadurch, daß der Leser natürlich erst einmal mit den besonderen Gegebenheiten der "Spielwelt" des Autors vertraut gemacht werden muß, sondern auch durch den Umstand, daß es bei der Handlung um Ereignisse geht, die für die Welt eine Schlüsselbedeutung haben. Das allein ist nun nichts Neues im Reich der Fantasy, es ist sogar fast schon die Regel, daß sich die Helden mit nichts Geringerem als der Rettung der Welt zufrieden geben. Vergangen sind die einfachen Zeiten des Märchens, wo es bloß um eine holde Maid in Schwierigkeiten ging, die der edle Prinz zu retten hatte. Eddings macht dem Leser allerdings plausibel, daß es völlig berechtigt ist, von der Rettung der Welt, ja sogar des Universums zu sprechen. Zwar würde dieses nicht gerade "untergehen", wenn die Helden keinen Erfolg hätten, aber etwas sehr Unangenehmes würde passieren.
Das Problem, welches gelöst werden muß, ist sehr alt. Es begann damit, daß sieben Götter sich zum Zeitvertreib oder so die Welt schufen, auf der die Saga spielt. Religion ist bei Eddings übrigens etwas sehr Greifbares. Ein Gott namens Torak drehte später durch und raubte seinem Bruder Aldur einen gewissen magischen Stein von sehr großer Macht. Die Sache bekam ihm jedoch nicht. Der Stein verbrannte ihn zur Hälfte, und später wurde er ihm auch noch von einem Zauberer und dessen Helfern gestohlen. Noch später wurde Torak in einer Schlacht so schwer verletzt, daß er in einen tiefen Schlaf fiel. "Später" bedeutet in diesem Zusammenhang Jahrhunderte und Jahrtausende.
Nachdem der Stein, genannt "das Auge Aldurs", etliche dieser Jahrhunderte im Besitz der Rivaner war, wurde er nun wieder einmal entwendet. Der sieben Jahrtausende (!) alte Zauberer Belgarath fürchtet, daß der Dieb damit Torak wecken und die Welt wieder ins Chaos stürzen will. Das ist die Ausgangssituation.
Erlebt wird die nun folgende Handlung in der Hauptsache von Garion, einem anfangs vierzehn bis fünfzehn Jahre alten Dorfjungen. Unverhofft muß er mit seiner Tante Pol und dem alten Vagabunden Wolf aufbrechen, ohne daß er zunächst weiß, was das alles soll. Den dreien schließen sich nach und nach weitere Gefährten an, bis die Gruppe vollständig ist. Traditioneller kann man Fantasy wohl kaum schreiben. Aber nicht nur die Konventionen des Genres fordern die "Reisegruppe", sondern auch eine mysteriöse, uralte Prophezeiung spricht von den Protagonisten.
Zu Anfang ist Garion tatsächlich ein völlig naiver, nicht besonders intelligent erscheinender Dorfbursche. Doch die Reise verändert ihn, was ja auch ihr literarischer - und tatsächlicher - Zweck ist. Wie man als erfahrener Fantasy-Leser bald ahnt, ist keiner der Helden das, was er am Beginn zu sein scheint, vor allem nicht Garion. Seine Entwicklung enthüllt auch immer mehr davon, was das Ziel der langen Odyssee ist. Kreuz und quer geht es über den Kontinent, durch vielfältige Gefahren, die alles etwas mit dem großen Geheimnis zu tun haben, das immer im Hintergrund präsent ist.
Eddings ist nicht zimperlich, wenn es um Maßstäbe geht. Seine Hauptfiguren sind Jahrtausende alt und haben eine enorme Macht. Gegen sie treten Götter an, die noch viel mächtiger sind. Zwischen Zauberern toben Kämpfe, die ganze Berge einebnen. Und am Ende steht nicht nur das Schicksal von ein paar Leuten oder eines kleinen Landes auf dem Spiel, sondern eine Entscheidung über die weitere Entwicklung des Universums wird getroffen. Er erzählt eine Geschichte von wahrhaft epischen Dimensionen.
Wie Eddings sie erzählt, ist einige genauere Betrachtungen wert. Sein Stil ist manchmal sarkastisch oder gar zynisch, oft blitzt ein besonderer, trockener Humor auf, der es nicht nur sehr unterhaltsam macht, die Bücher zu lesen, sondern der einem auch die handelnden Personen als unverwechselbare Charaktere näher bringt. Ich könnte hier viele Zitate anführen, doch ich fürchte, aus dem Zusammenhang gerissen wirken sie nicht so, wie im Fluß des Textes. Die Protagonisten werden bei Eddings zu Menschen, die man glaubt, vor sich zu sehen. Sie passen in diese von ihm geschaffene Welt hinein, ohne zu deutlich an irgendwelche Klischeebilder aus der irdischen Geschichte zu erinnern.
Der Zyklus gehört zu den besten Büchern, die ich im Fantasy-Bereich in letzter Zeit gelesen habe. Allen Fans der High Fantasy kann ich ihn nur ans Herz legen.

Statistik

  • Kind der Prophezeiung, 315 Seiten, bei Bastei Nr. 20186, DM 12.90
  • Zauber der Schlange, 379 Seiten, bei Bastei 20196, DM 9.90
  • Spiel der Magier, 349 Seiten, bei Bastei 20203, DM 9.90
  • Turm der Hexer, 412 Seiten, bei Bastei 20209, DM 9.90
  • Duell der Zauberer, 414 Seiten, bei Bastei 20215, DM 12.90
  • Übersetzung der vorliegenden Ausgaben von Irmhild Hübner, Weltbild Verlag GmbH Augsburg 1996, c Bastei Verlag, Originaltitel und Ersterscheinungsjahre bisher nicht feststellbar, Preis für die vorliegende Hardcoverausgabe DM 49.80

    * Offenbar zeitlich später handelt "Die Malloreon-Saga", weitere fünf Bände. Außerdem ist mindestens ein weiterer Band bekannt, der mit den handelnden Personen zusammenhängt. 

    SX 77

     

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