David Weber: Honor Harrington - Field of Dishonor

David Weber: Honor Harrington - Field of Dishonor
Baen Books 1994, 367 Seiten, $ 5.99

Das "Feld der Unehre" hat in diesem Buch wohl zwei verschiedene Bedeutungen. Zum ersten ist es ganz sicher das Feld der Politik, erst in zweiter Linie der Ort eines tödlichen Duells. Im Gegensatz zum "Feld der Ehre", also dem Schlachtfeld, ist dieses neu für Honor Harrington. Sie versteht die Politik nicht nur nicht, sie verabscheut sie auch, und man fragt sich, wie sie dann eigentlich noch so loyal zu Vaterland und Königin sein kann. Weber löst zumindest dieses Problem gekonnt, indem er die Königin Elizabeth III. stärker als zuvor in die aktive Handlung einführt. Es stellt sich - zu niemandens Überraschung - heraus, daß sie eine ebenso eigenwillige und starke Frau wie unsere Heldin selbst ist; und daß sie voll und ganz hinter ihr steht.
Honor ist durch die Position, die sie inzwischen auf dem Planeten Grayson einnimmt, automatisch in den Adelsstand auf ihrer eigenen Welt Manticore erhoben worden. In einem kurzen Interludium zeigt Weber in diesem Buch, wie sie versucht, mit ihren ungewohnten Pflichten auf Grayson fertigzuwerden. Natürlich meistert sie die anstehenden Aufgaben mit Bravour, man ... ähem ... frau ist ja schließlich als Kapitän an Führungsaufgaben gewöhnt. Doch nicht das ist es, was in diesem Teil des Zyklusses für das Spannungsmoment sorgt.
Honors alter Feind, der Lord Young, wird zwar wegen seines Verhaltens bei der letzten Schlacht vor ein Kriegsgericht gestellt, aber da er Sproß einer sehr einflußreichen Adelsfamilie ist, stellt man ihn aus politischen Gründen nicht an die Wand, sondern wirft ihn nur in Unehren aus der Navy. Die politischen Erwägungen sind nicht mal an den Haaren herbeigezogen: Es geht um die Kriegserklärung gegen die Volksrepublik von Haven, wo sich unter Rob. S. Pierre eine noch viel aggressivere Regierung neu formiert. Nicht von ungefähr benutzt Weber hier jetzt ganz offen Vergleiche mit der französischen Revolution und Napoleon, um eine Ahnung von der Gefahr zu erzeugen. Andererseits bekommt man beim Lesen ein gewisses Gefühl der Übelkeit. Ob nun in eine fiktive aristokratisch-englische Umgebung gesetzt oder anderweitig, die Einsichten in das Funktionieren politischer Mechanismen, bei denen es nur um Stimmen und Machtgerangel geht, sind erschreckend realitätsnah. Oberhaus oder Kongreß oder Bundestag - wo ist der Unterschied? Es ist ziemlich widerlich.
Den schleimenden Politicos und den sensationsgeilen Journalisten - Newsies genannt - setzt Weber das Militär entgegen. Nicht pauschal als bessere Menschen, mit Young und Konsorten wurde ja schon das Gegenbeispiel geliefert, aber doch als fast verklärte, reine Alternative. Hier weiß man noch die Realitäten - also die aktuelle äußere Bedrohung - einzuschätzen, hier ist man sich der Leistungen Honors bewußt, hier gelten Moral und Ehre noch etwas.
So klingt das freilich etwas arg. Ich füge also die Versicherung hinzu, daß Weber die Sache keinesfalls so plump und vordergründig anpackt.
Es kommt, wie es kommen muß. Wenn man einen Todfeind nicht eliminiert, wird er zwangsläufig zurückschlagen. Young läßt Honors Geliebten in einem bestellten Duell umbringen, mit der Absicht, auch sie auf diese andere Feld der "Unehre" zu locken. Doch Honors Freunde starten (ohne ihr Wissen) ein geschicktes Kommandounternehmen - man ist schließlich bei der Navy und den Marines - und quetschen aus dem bezahlten Duellanten heraus, wer ihn beauftragte. Das reißt Honor aus ihrer Verzweiflung und gibt ihr wieder ein Ziel. Und es macht sie äußerst gefährlich!
Nun, das Ende vom Lied ist, Honor tötet nicht nur den Duell-Killer, sondern auch Lord Pavel Young. Doch dafür verliert sie ihr Kommando und geht am Ende des Buches zurück nach Grayson, wo sie wenigstens noch eine sinnvolle Aufgabe erwartet. Zwar ist der Duellkodex auf Manticore als Mittel anerkannt, aber es geht eben nicht an, daß man ein Mitglied des Oberhauses - egal was für Verbrechen es begangen hat - auf dem Duellplatz regelrecht hinrichtet!
In diesem Roman gibt es keinerlei Raumschlachten, eigentlich kaum etwas wirklich militärisches, und doch war er wohl der bisher fesselndste aus dem Zyklus. Man hat sich daran gewöhnt, daß Honor Harrington ein hervorragender Offizier und Kapitän ist, doch wie wird sie sich auf dem unehrenhaften Feld der politischen Intrigen schlagen?
Gut natürlich, aber wie wird sie es machen, das war hier die spannende Frage.
Weber kann Leute und deren Beziehungen und Reaktionen hervorragend beschreiben. Die Heldin müßte einem eigentlich als übermenschlich erscheinen, so pflichtbewußt und professionell wird sie immer wieder dargestellt, aber der Autor fügt ihrem Bild nach und nach menschliche Züge hinzu, was in diesem Buch sogar in einer Liebesbeziehung gipfelt, die leider tragisch endet. Honor wird noch lange an diesen Erlebnissen leiden, aber von David Weber hörte man, daß sie irgendwann doch noch den Mann ihres Lebens finden soll.

Bastei Titel: Mit Schimpf und Schande

SX 83

 

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