David Weber: Honor Harrington - Flag in Exile

David Weber: Honor Harrington - Flag in Exile
(Baen Books 1995, 442 Seiten, $ 5.99)

Nachdem Honor Harrington ihren Erzfeind in einem Duell getötet hatte, wurde sie von der Navy Manticores auf halben Sold gesetzt, was soviel wie eine Suspendierung bedeutete. Das hatte politische Gründe, denn man konnte auf Manticore nicht einfach ein Mitglied des Oberhauses umbringen, selbst wenn man auch eins und noch dazu im Recht war. Deshalb zog sie sich nun auf den Planeten Grayson zurück, wo sie ja für ihre Verdienste zur Statthalterin ernannt worden war. Honor versuchte in der Arbeit für ihre neuen "Untertanen" ihren Schmerz über den Verlust des Geliebten zu vergessen und ihr Gleichgewicht wiederzufinden.
Doch auch in diesem Roman findet unsere Heldin keine Ruhe. Zum einen geht der Krieg zwischen Manticore und Haven auch ohne sie immer weiter - und die Haveniten holen nun wieder auf, nachdem die neue Regierung sich erst mal etabliert hat. Und zum anderen nehmen es die religiösen Fanatiker von Grayson nicht so einfach hin, daß eine Frau und Fremdweltlerin plötzlich als Statthalterin in ihrer Mitte lebt. Zwar versucht der Protektor von Grayson sein Bestes, um die Reformen, welche sich mehr oder weniger um Honor Harrington gruppieren, voranzubringen, doch eine jahrhundertealte Tradition kann man eben nicht so einfach umkrempeln.
Die Handlung entwickelt sich somit auf zwei Ebenen. Einerseits erfährt man, daß die Haveniten eine Operation "Dolch" planen, ohne genaue Details erkennen zu können. Freilich ist jedem Leser klar, daß dieser Dolch mit Sicherheit auf Grayson zielen wird... Schritt für Schritt nähert sich dann auch eine neue Raumschiffsflotte, die versuchen soll, die Front Manticores dadurch aufzurollen, daß sie ihr mit der Einnahme Graysons einen Dolchstoß in den Rücken versetzt. Die Haveniten werden inzwischen von einem "Komitee für öffentliche Sicherheit" beherrscht, alle müssen sich mit "Bürger" anreden und jedem höheren Offizier, der die Säuberungen überlebte, ist ein Kommissar zugeteilt. Kennt man doch irgendwoher, nicht wahr? Weber hat hier eine moderne Mischung aus dem Frankreich der Revolution und dem Stalinismus erzeugt, die durchaus plausibel wirkt.
Andererseits verfolgt der Autor Honors Fortschritte auf Grayson. Ihr gelingt es, in ihrem "Steading" eine wichtige Industrie zu etablieren, die für den ganzen Planeten von Bedeutung sein könnte. Als der Protektor meint, daß sie sich von ihren schlimmen Erlebnissen genug erholt hat, bittet man Honor, in die neu aufzubauende Navy von Grayson einzutreten. Hier fehlt es natürlich an erfahrenen Kommandeuren. Zunächst zögert sie, weil sie ihr Selbstvertrauen noch nicht ganz wiedergefunden hat, aber dann läßt sie sich natürlich überreden. Honor - die auf Manticore noch immer nur Kapitän ist - wird zum Admiral ernannt.
Jedoch gibt es ein paar fanatische Statthalter und Kleriker, die sich noch lange nicht geschlagen geben. Aus einer Hetzkampagne wird schnell brutaler Terrorismus. Eine der Stadtkuppeln, die von Honors neuer Industrie aufgerichtet werden, wird sabotiert und stürzt ein. Viele Menschen, darunter eine große Anzahl Kinder, sterben. David Weber schrieb zu diesem Kapitel seines Romans eigens eine Nachbemerkung, in der er darauf eingeht, daß er das Manuskript im Oktober 1994 abschloß. Als er das Kapitel über den Anschlag schrieb, habe er nicht geglaubt, daß bis zur Veröffentlichung des Buches ein US-Bürger ein noch viel schlimmeres derartiges Verbrechen verüben würde. Weber meint natürlich den Bombenanschlag in Oklahoma, bei dem ebenfalls viele Kinder starben. Er verurteilt in seiner Nachbemerkung solche Akte des Terrorismus und die Auffassung, daß der Zweck die Mittel rechtfertige, scharf.
Zurück zum Buch. Die Handlung, die sich vor allem auf die Geschehnisse auf Grayson konzentriert, eskaliert schnell, als sich die Fanatiker in die Enge gedrängt sehen. Man schießt Honors Shuttle ab, mit dem sie zu einer Konferenz der Statthalter über die Katastrophe unterwegs ist. Sie überlebt zwar, aber viele andere, darunter der religiöse Führer Graysons, sterben. Doch dieser letzte Anschlag war ein Fehler der Fanatiker. Sie werden enttarnt - und Honor muß wieder ein Duell bestehen. Der Hauptverbrecher ist ein anderer Statthalter, der sich vor der Konferenz und dem Protektor auf sein altes Recht beruft, mit dem Schwert seine Ehre zu verteidigen. Was er nicht ahnt: Für Honor ist das Töten im Duell nichts Neues, er hingegen hat bisher nur auf dem Fechtboden gekämpft. Dumm gelaufen...
Kaum kehrt Honor mit gebrochenen Rippen und todmüde auf ihr Flaggschiff zurück, da tauchen die üblen Haveniten auf, die der Meinung sind, daß die Hauptstreitmacht Graysons aufgrund ihrer cleveren Ablenkungsmanöver anderswo sei. Was sie nicht ahnen: Honor hat im Orbit um Grayson noch sechs Superdreadnoughs... Die Schlacht entbrennt und verläuft wie erwartet. Dennoch gibt es ungeheure Verluste. Sie gehen auf beiden Seiten in die Tausende!
Das Buch schließt mit einer ominösen Note. Einem der Verschwörer, ein gewisser Statthalter Mueller, gelingt es, seine Beteiligung zu verschleiern. Er haßt Honor Harrington, und es ist klar, daß er später noch eine Rolle spielen wird.

Bastei Titel: Im Exil

SX 83

 

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