David Weber: Honor Harrington - On Basilisk Station
David Weber: Honor Harrington - On Basilisk Station
(Baen Books 1993, 422 Seiten, $ 5.99)
"On Basilisk Station" ist der erste Band des Zyklusses um die Raumschiffkommandantin
Commander Honor Harrington. In ihm wird die Heldin dieser militärischen
Space Opera natürlich erst einmal vorgestellt, die Welt, in der alles
spielt, wird umrissen - aber in der Hauptsache läuft eine mit Action
vollgepackte Handlung ab, von der man sich nur schwer losreißen kann.
Die Serie muß recht erfolgreich sein, denn bei der 1995er dritten
Neuauflage steht über dem Namen Honor Harrington auf dem Cover "Introducing",
wie man es bei Filmen findet, wenn ein neuer Star vorgestellt werden soll.
Und etwa drei Seiten voller Lob für dieses und die anderen Bücher
wurden aufgenommen.
Die Menschheit ist in der Diaspora, d.h. sie hat interstellare Kolonien
besiedelt. Eine einfache Karte stellt uns die sogenannte Volksrepublik
von Haven, die Solarische Liga (um die Erde), das Andermanische Reich sowie
eine Reihe kleinerer Gebilde vor. Diese sind Phoenix, Midgard, Silesia,
Asgard, Mazapan, und Manticore mit dem Außenposten Basilisk. Warum
die Namen so eigenartig sind - sie stammen ja vorrangig aus der nordischen
Mythologie, wird hier noch nicht erklärt. Honor kommt von Sphinx,
einem Planeten, der zum Königreich von Manticore gehört. Letzteres
ist meines Eindruckes nach sehr britisch beschrieben, selbst die herrschende
Königin heißt Elisabeth. Das Britische setzt sich bis hin zu
Strukturen der Navy, also der Weltraum-Navy, und dem politischen Aufbau
der konstitutionellen Monarchie fort. Das mag auf Traditionen zurückgehen,
vielleicht aber nur so bezeichnet sein, damit man als Leser weiß,
woran man ist. Vor allem das militärische Leben ist mit großem
Detail und einer nicht zu übersehenden Sachkenntnis beschrieben. Da
ein modernes Militär auf hohe Effektivität bedacht sein muß,
wäre es für einen Autoren sicher unlogisch, anstelle von bekannten
und relativ effektiv funktionierenden Strukturen sich neue und vielleicht
gewollt verkomplizierte auszudenken. Das Raumschiff-Milieu und andere Einzelheiten
reichen da schon zur Verfremdung.
Die in einer wirtschaftlichen Misere steckende Republik von Haven sieht
die gewaltsame Expansion als einen Ausweg, wie man erfährt. Um diese
Pläne zu verwirklichen, muß man sich aber in den Besitz eines
Hyperraumterminals der Manticore-Junction bringen. Das System von Basilisk
scheint da gerade richtig zu sein. Hier schickt Manticore auf Grund innenpolitischer
Zerstrittenheit nur seine Versager hin, oder Leute, die man loswerden will.
Auf einem der Planeten gibt es sogar primitive Eingeborene, die das Königreich
unter seinen Schutz gestellt hat. Die Haveniten beschließen, den
Planeten zu übernehmen.
Honor Harrington erhält indes ihr Kommando über den Kreuzer
Fearless,
nachdem sie schon zuvor ein Schiff befehligte. Sie ist also keineswegs
jemand, der frisch von der Akademie kommt. Allerdings wird ihre Freude
schnell gedämpft, als sie erfährt, daß man die Fearless
umgebaut hat. Aus politischen Erwägungen hat man den Großteil
der normalen Bewaffnung gegen neue und noch recht experimentelle Waffen
ausgetauscht. Offensichtlich sind daran ein paar inkompetente Aristokraten
in hohen militärischen Positionen schuld. (Weber meint hier wohl eher
die Bürokraten unserer Welt, die es sicher überall gibt.)
Obwohl Honor erkennt, daß die neue Waffe sie in eine aussichtslose
Lage bringt, kann sie nichts gegen die Befehle unternehmen. Bei einem Manöver
setzt sie sie befehlsgemäß ein und hat Erfolg, aber nur, weil
die Überraschung auf ihrer Seite war. Das kann sie natürlich
nie mehr wiederholen. Da nun ihre verantwortlichen Vorgesetzten ziemlich
sauer sind, wird die Fearless zur Basilisk Station abkommandiert.
Dort wartet eine neue, unangenehme Überraschung auf Honor. Ein
ehemaliger Bekannter von der Akademie, der sie einst vergewaltigen wollte
und den sie daraufhin krankenhausreif schlug (sie ist als Sphinxianerin
wegen der dortigen Gravitationsverhältnisse viel stärker als
andere Menschen), hat das Sagen. Er setzt sich aber schnell mitsamt seinem
großen Schiff nach Manticore zur Überholung ab, so daß
plötzlich Honor mit einem kleinen Kreuzer für ein ganzes System
verantwortlich ist. Sie soll scheitern, aber daran denkt sie natürlich
nicht.
Schritt für Schritt stülpt sie die Schlamperei im Basilisk-System
um, die durch die jahrelange Mißwirtschaft inkompetenter Navy-Leute
zustande gekommen ist. Die Governeurin freut sich und unterstützt
sie schnell.
Aber da sind ja auch noch die Haveniten mit ihrem komplizierten Plan.
Sie wollen die Eingeborenen mit Rauschgift und Waffen zu einem Aufstand
anstacheln, um dann sozusagen als Retter einzumarschieren und Manticore
vor vollendete Tatsachen zu stellen. Doch das erfährt auch der Leser
nicht sofort. Was passieren wird, kann man nur langsam erahnen, ohne daß
bis kurz vor dem Showdown alle Puzzleteile bereitliegen.
Als es dann wirklich zum Kampf kommt, ist dieser ausgesprochen blutig
und brutal - auf dem Planeten wie auch im All. Ein getarntes Kriegsschiff
der Haveniten wird von Honor gestellt und verfolgt. Durch die veränderte
Bewaffnung der Fearless kann diese nicht richtig angreifen und wird
fast völlig zerstört - der übermächtige Gegner allerdings
durch die neue Waffe ebenfalls. Deren Problem ist, daß man damit
ganz dicht heran muß, so eine Art vergifteter Dolch auf Raumschiffebene.
Über Hochgeschwindigkeitskämpfe zwischen Raumschiffen haben
schon viele Autoren nachgedacht, wobei sie sich in unterschiedlichem Maße
um die Gesetze der Physik und der Himmelsmechanik kümmerten. Weber
erweckt zumindest mit hervorragenden technischen hard core SF-Passagen
den Eindruck der Plausibilität. Und die Handlung ist dann so rasant,
daß man die Erklärungen kaum beachtet.
Der Ausgang der Raumschlacht steht freilich fest. Erstens muß
Honor siegen, und zweitens wurde die neue Waffe ja nicht zum Spaß
eingebaut... Unklar bleibt jedoch, wie es passieren wird, denn das Verhältnis
zu diesem Einbau ist ja ein sehr zwiespältiges.
Daß Weber Krieg und Kampf nicht als Kinderspiel verkaufen will,
zeigen die vielen Opfer, die am Ende zu beklagen sind. Viele wichtige und
sympathische Figuren verlieren ihr Leben, während die Raumschlacht
tobt. Die expliziten Beschreibungen von Tod und Gewalt in diesem Zusammenhang
würden sicher ein gewisses Hindernis für ein Erreichen des deutschen
Marktes sein, vielleicht ist das der Grund, warum man praktisch keine Bücher
aus dieser Richtung bei uns findet. Auf eines hat Weber aber völlig
verzichtet, was andere Autoren scheinbar schon für einen unbedingt
notwendigen Bestandteil eines Buches halten: keine Liebesbeziehung und
schon gar kein Sex. Das braucht das Buch auch gar nicht.
Honor Harrington ist schon im ersten Roman ein sehr ausführlich
gezeichneter Charakter. Ihre Gestalt ist die absolut zentrale Rolle, und
man kann deutlich nachvollziehen, was sie bewegt und zu ihren Entscheidungen
bringt. Wenn sie Schwächen hat, so sind das im Moment geringfügige,
und trotzdem ist sie kein Supermensch. Es ist übrigens interessant,
die Rolle mit einer Frau - wenn auch einer "starken Frau" - zu besetzen.
Einerseits ist das für das geschilderte Universum nichts Ungewöhnliches.
Die Gleichberechtigung scheint überall erreicht zu sein. Andererseits
bleiben die männlichen und weiblichen Figuren seltsam geschlechtslos.
Keine geht irgendeine derartige Beziehung ein. Tatsächlich ist der
Bezug auf die versuchte Vergewaltigung Honors bisher das Einzige, was dem
irgendwie nahekommt! Aber möglicherweise ändert sich das auch
noch in den Folgebänden. Jedenfalls hat Weber kaum ein feministisches
Buch geschrieben, wenn man auch die Wahl seiner Heldin als eine Art Statement
in seinem Gesamtkonzept ansehen muß.
Bastei Titel: Auf verlorenem Posten
SX 83
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