David Weber: Honor Harrington - The Short Victorious War
David Weber: Honor Harrington - The Short Victorious War
(Baen Books 1994, 376 Seiten, $ 5.99)
Ein russischer Innenminister soll 1903 gesagt haben, daß sein
Land einen kurzen, siegreichen Krieg brauche, um die Flut der Revolution
aufzuhalten. Das war vor dem russisch-japanischen Krieg. Und die Revolution
hielt es nicht gerade auf, wie wir wissen.
Ein gewisser Robert Lynd soll gesagt haben, daß der Glaube an
die Möglichkeit eines kurzen, entscheidenden Krieges eine der ältesten
und gefährlichsten menschlichen Illusionen sei.
Beide Zitate sind von David Weber dem dritten Teil der Honor Harrington
Bücher vorangestellt worden und zeigen schon deutlich, was er uns
mit dem Buch sagen will.
Die Volksrepublik von Haven steckt nun tiefer in der Wirtschaftskrise
denn je. Ihr Erbpräsident und die herrschenden Familien der Legislatura
sehen sich von immer rebellischeren Untertanen bedroht, einer der ihren
wird sogar ermordet. Ein interessantes Detail: ein wichtiger Vertreter
der Opposition heißt Robert S. Pierre. Aber Weber hat die Situation
nicht einfach der französischen Revolution nachgestellt. Diese Namensgebung
ist wohl eher als kleiner Insidergag zu verstehen.
Man entscheidet sich also dazu, den lange anstehenden Krieg mit dem
Königreich von Manticore zu beginnen. Natürlich mit ausgedehnter
Vorbereitung, Spionage und einer langsamen Eskalation, aus der man sich
immer noch zurückziehen zu können hofft, falls etwas ernsthaft
schiefgeht.
Es dauert nicht lange, da merkt man auf der Gegenseite, daß die
Haveniten etwas vorhaben. Das Schachspiel der Truppenbewegung, der gegenseitigen
Überwachung und Ausforschung beginnt.
Mitten drin steckt Honor Harrington als Kapitän des Flagschiffes
einer Schwadron. Sie hat allerdings anfangs ein paar technische Probleme
mit ihrem neuen Schiff zu bewältigen, auch stößt sie nicht
bei allen ihren Vorgesetzten auf Freunde. Aber es kommt auch ein ganz neuer
Aspekt ihrer Persönlichkeit zum Tragen. Sie trifft einen bestimmten
Offizier wieder und verliebt sich doch tatsächlich in ihn! Zum Glück
für das Buch nimmt diese Nebenhandlung nicht viel Platz ein, so daß
genug Raum für Webers eigentlichen Plot bleibt.
Hauptsächlich geht es darum, wie die Kriegsparteien ihre Schritte
planen und durchführen. Im Gegensatz zu einer Land- oder Seeschlacht
ist das im Weltraum recht schwer. Selbst mit dem vorhanden FTL-Antrieb
dauert es Tage oder Wochen, bis Meldungen an die Kommandozentrale ankommen,
bzw. Befehle an der Front. Und selbst vor Ort erstrecken sich die Schlachtfelder
mindestens über Lichtminuten, wenn nicht sogar -stunden. Das erschwert
die Beobachtung des Feindes genauso wie es die Befehlsübermittlung
kompliziert. Obwohl beide Seiten ein geheimes Überwachungssystem im
Einsatz haben, bleibt immer noch ein Rest an Unsicherheit. Weber geht in
diesem Buch einmal genauer auf diese Probleme ein, wenn auch immer im Kontext
seiner, die Relativitätstheorie völlig vernachlässigenden,
Schreibweise. Da der Roman dünner geriet als seine Vorgänger,
konnte er sich außerdem in einem über zehnseitigen Anhang noch
ausgiebig über Waffentechnik, Taktik und Strategie sowie die Kräfteverhältnisse
der beiden Parteien auslassen.
Erst ganz am Schluß des Buches kommt es zu der offenbar obligaten
Raumschlacht, als die Hauptstreitmacht Havens auf Honors kleine Abteilung
stößt. Es gelingt, sie solange hinzuhalten, bis Entsatz kommt,
und der kurze, siegreiche Krieg der Haveniten wird in ein furchtbares Desaster
verwandelt.
Scheinbar will Weber den Erzfeind jedoch noch nicht in der Versenkung
verschwinden lassen, denn Robespierre, ähem, Robert S. Pierre, der
nach einem blutigen Coup die Macht übernimmt, zeigt keine Neigung,
die Nation anders als "im Krieg mit Manticore und dessen Vasallen" zu sehen.
Dieses Buch ist etwas weniger dynamisch als seine Vorgänger, aber
es fügt dem Bild von Honor Harrington ebenso neue Farbtupfer hinzu,
wie es den ganzen Hintergrund weiter ausleuchtet.
Honors eigener Erzfeind, der Kapitän Lord Young, jener Möchtegern-Vergewaltiger,
leistet sich übrigens Desertation und Feigheit vor dem Feind, worauf
er am Ende dem Kriegsgericht entgegensieht. Darauf stünde sicher die
Todesstrafe, aber ich habe so den Verdacht, daß Weber sich auch diesen
Feind aufsparen wird.
Bastei Titel: Ein schneller Sieg
SX 83
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