David Weber: Mutineer’s Moon
David Weber: Mutineer’s Moon
(Baen Books 1991, 315 Seiten, $ 5.99)
Als Astronaut Lt. Commander Colin MacIntyre 70 Jahre nach Armstrong
bei einem Überflug der Mondrückseite sonderbare sublunare Tunnelsysteme
ortet, ist er ziemlich überrascht. Noch weit überraschter ist
er, als sein Raumfahrzeug kurz darauf von einem unbekannten Flugkörper
aufgebracht und in die besagten Tunnel verschleppt wird. Etwas ist schon
komisch mit diesem Mond...
Wie sich herausstellt, ist der Mond gar nicht unser guter alter Himmelskörper.
Den haben Aliens vor etwa 50.000 Jahren in die Sonne geschmissen, um ihr
Superraumschiff als Mond zu tarnen. Leider meuterte die Besatzung, bzw.
ein Teil von ihr, so daß das intelligente Computergehirn der Dahak
mit seinen letzten Befehlen allein zurückblieb.
Die Dahak ist ein Schlachtschiff des vierten Imperiums einer
gewissen galaktischen Rasse und dazu ausersehen, vor einer anderen, außergalaktischen
Rasse, den Achuultani, auf der Hut zu sein. Diese kommen nämlich aller
paar Millennia, um potentielle Konkurrenten auszulöschen. Unter anderem
haben sie die Dinosaurier auf der Erde plattgemacht. Nur vorsichtshalber...
Colin MacIntyre erfährt all dies, als er vom Computer freundlich
in die Lage eingewiesen wird. Der letzte Befehl des Captains der Dahak
war wegen der Meuterei ein wenig kompliziert auszuführen. Jedenfalls
kann das Raumschiff weder von der Erdumlaufbahn weg, noch etwas anderes
unternehmen, solange die Meuterei nicht beendet ist.
Wie jetzt, nach 50.000 Jahren?
Richtig geraten, die Menschheit ist die Nachkommenschaft der geflüchteten
loyalen Besatzung des Riesenschiffes, und die originalen Meuterer verbergen
sich noch immer irgendwo in der Antarktis. Sie haben eine Lebenserwartung
von Jahrhunderten, ihnen steht der Stasisschlaf zur Verfügung, und
außerdem sind sie dazu übergegangen, die Körper von ahnungslosen
Erdenmenschen für Gehirntransplantationen zu stehlen. Daher gibt es
sie noch immer. Leider kann die Dahak nicht einfach die Antarktis
bombardieren, um das Problem zu lösen, denn dabei würden 70%
der Erde zerstört werden.
Der Computer kann nicht länger warten, denn er hat erfahren, daß
die Achuultani nach Jahrtausenden wieder einmal im Anmarsch sind. Und die
Erde ist direkt auf ihrem Weg. Deshalb holt er sich Colin an Bord, verpaßt
ihm nach dessen zögernder Zustimmung eine Generalüberholung mit
imperialer Biotechnologie und ernennt ihn zum neuen Kapitän. Erste
Aufgabe: Die Meuterer ausschalten, damit das Schiff endlich zum Imperium
zurückkehren kann.
Colin kehrt also nach einigen Monaten schneller Ausbildung auf die
Erde zurück, um irgendwie Kontakt zu den Meuterern zu bekommen, die
in letzter Zeit die technologische Entwicklung der Menschheit insgeheim
für ihre eigenen Zwecke vorantreiben. Doch da erwarten ihn die nächsten
Überraschungen. Auch Dahak wußte offensichtlich nicht alles
über die Zustände auf der Erde. Es gibt eine Gruppe ehemaliger
Meuterer, die sich von ihnen lossagte, und es gibt die echten, bösen
Meuterer unter Führung des wahnsinnigen Anu. Colin gerät fast
sofort in einen Kampf, bei dem sein Bruder umkommt und er zu der ersten
Gruppe gebracht wird.
War der Roman bis dahin nur interessant und unterhaltsam, so schlägt
die Handlung nun in haarsträubende Brutalität um. Die Meuterer
betrachten die Menschen als Degenerierte und haben keinerlei Skrupel, sie
zu töten, zu foltern und für ihre Zwecke zu mißbrauchen.
Sie steuern aus dem Hintergrund die Politik, sie haben große Terrororganisationen
unter Kontrolle... David Weber interpretiert die ganze Menschheitsgeschichte
um, und es ist geradezu beängstigend.
Die kleinere Gruppe Ex-Meuterer um Colin hat nur eine Chance: Man muß
in die Basis in der Antarktis eindringen. Dazu wird ein komplizierter Plan
ausgedacht. Zuerst führt man Schläge gegen den Terrorismus; teilweise
machen das die Imperialen mit ihrer überlegenen Kampftechnik selbst,
teilweise überläßt man es den irdischen Streitkräften,
deren Führungsebene unter dem Einfluß der Ex-Meuterer steht.
Dadurch werden die Meuterer gezwungen, ihre Leute zeitweise in die Basis
zurückzuziehen, was eine Infiltration durch die Guten zuläßt,
um die Zugangscodes zu bekommen. Der Plan wird in die Tat umgesetzt, wobei
die Meuterer nach der ersten Überraschung zurückschlagen. Ein
weltweiter Kampf entbrennt, der schonungslos und auch mit Nuklearwaffen
geführt wird. Es gibt tausende Opfer unter der Zivilbevölkerung
und die Welt ist natürlich in Panik. Man stelle sich vor: Plötzlich
ist überall Krieg, aber keiner weiß, wer da eigentlich gegen
wen kämpft!
Wenigstens letzteres ahnen die einfachen Menschen der Erde bald, da
man die Wirkungen der Waffen nur zu gut sehen kann. Doch gegen die offensichtlich
von Aliens angerichteten Verwüstungen kann auch die Armee nichts tun.
Letzten Endes klappt es und die Meuterer um Anu werden besiegt. Doch
der Preis dafür war hoch.
Colin übernimmt sein Schiff - den Mond - und bricht mit einer
minimalen Besatzung von einigen tausend Leuten auf, um das Imperium zu
finden. Auf der Erde bleiben die überlebenden Ex-Meuterer zurück,
um die Menschheit auf die Ankunft des extragalaktischen Feindes vorzubereiten.
Weber hat in diesem Buch rasante Action mit enormer Spannung und einigen
sehr überraschenden Einfällen kombiniert. Allein die räumlichen
und zeitlichen Größenordnungen, mit denen jongliert wird, sind
enorm. Es handelt sich zwar nicht um reine militärische SF, da es
nicht primär im militärischen Milieu spielt, aber es gibt genug
Parallelen, um das Buch hier einzuordnen. Zumindest ist es so etwas wie
eine Space Opera. Oder der Auftakt zu einer.
SX 83
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