David Weber & Steve White: Crusade
David Weber & Steve White: Crusade
(Baen Books 1992, 426 Seiten, $ 4.99)
Wenn ein Buch zwei Jahre nach einem anderen erscheint, vermutet man
als letztes, daß die Handlung ein paar Generationen vor dem ersten
spielt. "Kreuzzug" ist also nicht die Fortsetzung von "Insurrection", obwohl
im selben Universum angesiedelt, sondern eine Art Prequel. Nur eine Art,
weil die beiden Bände inhaltlich nicht zusammenhängen und man
für diesen Teil den anderen nicht zu kennen braucht.
In "Crusade" ist an die Randwelten noch nicht zu denken und die Corporate
Worlds bilden sich gerade mal langsam heraus. Was im ersten Band keine
besondere Rolle spielte und nur am Rande erwähnt wurde, tritt hier
mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit: Die drei Interstellaren Kriege sind
jüngere Vergangenheit. Der erste ISW wurde mit den Orioniden ausgefochten,
einer felinoiden - was auch sonst - Kriegerrasse (ähnlich den Kzin
bei Niven). Im Augenblick gibt es einen Frieden, Verbindungsoffiziere wurden
ausgetauscht, aber es ist noch keine echte Allianz zustandegekommen, die
über einen Beistandspakt hinausgeht.
Dieser Umstand steht etwas im Widerspruch zum anderen Roman, in dem
eine angestrebte politische Vereinigung mit den Orioniden zum Auslöser
der Revolte unter den Menschen wurde. Im vorliegenden Buch erscheint es
nicht so, als seien noch einmal Feindseligkeiten zu erwarten und würde
sich eine Animosität noch Jahrhunderte halten. Aber vielleicht waren
es eher die innenpolitischen Nachteile für die Randweltler, welche
die Folge der Vereinigung gewesen wären, die den Aufstand auslösten.
Das wird nicht so recht deutlich.
Zurück zu "Crusade". Aus einem angeblich unbenutzbaren Warp-Punkt
(so etwas wie ein Wurmloch) tauchen eines Tages Schiffe aus, die sich als
terranisch ausgeben und sofort in verräterischer Weise unter dem Vorwand
von Verhandlungen eine orionidische Kampfgruppe angreifen und vernichten.
Auch die später entsandte Friedensflotte der Erde wird angelockt und
aufgerieben. Die Orioniden halten sich raus und übertragen der Menschheit
die Verantwortung, mit den Fremden fertigzuwerden, weil sie andernfalls
einen neuen ISW gegen die Erde führen müßten.
Wie sich zeigt, sind die Leute, die Standardenglisch reden und sehr
irdisch aussehende Schiffe haben, gar keine Menschen, sondern Humanoide,
welche die Technologie und Kultur von terranischen Siedlern haben, die
im ersten ISW in diesen Warp-Punkt hinein flohen. Die Thebaner sehen sich
sozusagen als Erben dieser Flüchtlinge an und wollen den Krieg gegen
die Orioniden fortsetzen.
Leider kann man den Jungs nicht einfach mitteilen, daß der Krieg
längst vorbei ist und die ehemaligen Feinde nun Verbündete...
Die Thebaner haben nämlich eine Religion erfunden, in der die Heilige
Mutter Terra verehrt wird, und nun sind sie auf einem Kreuzzug, um diese
zu befreien - von der ketzerischen Menschheit!
Ein schrecklicher Krieg entbrennt, in dem es den Menschen nur unter
großen Opfern gelingt, die fanatischen Thebaner zurückzuwerfen
und die anfänglich verlorengegangenen Planeten zu befreien.
Die beiden Autoren entwickeln die Handlung wieder in mehreren Ebenen
mit vielen Protagonisten. Zum Teil tauchen Leute auf, nur um eine halbe
Seite später dramatisch umzukommen, ein Stil, der an Koontz erinnert.
Im
Laufe der Zeit kristallisieren sich hier aber einige heraus, zu denen man
immer wieder zurückkehrt. Übrigens gibt es auch diesmal wieder
einen sympathischen Vertreter der Gegenseite, den thebanischen Admiral
Lantu. Er ist am Ende auch der erste, der die Lüge erkennt, auf der
die mörderische Religion seines Volkes basiert.
Zum Inhalt möchte ich an dieser Stelle nicht mehr Einzelheiten
anführen, die Beschreibung der enormen Materialschlachten im Weltraum,
der Strategien und Taktiken, von Heldenmut und Opfern sind wieder brillant.
Auch in diesem Buch geißeln die Autoren religiösen Fanatismus
jeder Spielart, sowie die Politiker, die den Krieg durch ihre Unfähigkeit
und Machtgier erst hervorrufen. ("... die verabscheuungswürdigste
aller menschlichen Sub-Spezies, der Politico.") Andererseits zeigen sie
mit dem Ex-Präsidenten Anderson auch das Gegenbeispiel. Reine Schwarz-Weiß-Malerei
ist ihnen fremd.
Sehr interessant fand ich die Beziehungen, die sich z.B. zwischen dem
menschlichen Admiral Antonov und dem orionidischen "Militärberater"
an Bord ergaben. Diese beiden und auch Admiral Lantu - ein Vertreter der
Feinde der Orioniden also - werden sogar so etwas wie Blutsbrüder.
Etwas störte mich jedoch auch an diesem Roman. Obwohl er einige
Generationen vor "Insurrection" spielt, haben einige der fiesesten Politiker
dieselben Namen wie die im anderen Buch. Das sollen natürlich die
Vorfahren der anderen sein, aber das ist doch etwas sehr an den Haaren
herbeigezogen. Ist denn politische Borniertheit erblich?
Alles in allem war es aber wieder ein weiteres aktionsgeladenes Buch
von der Sorte, die einen von aufeinander schießenden Weltraumflotten
alpträumen läßt.
SX 83
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