Dean R. Koontz: Die Kälte des Feuers
Dean
R. Koontz: Die Kälte des Feuers
(Heyne 01/9080)
Das Buch lag schon einige Monate herum, bis mir wieder einmal der Sinn
nach Horror stand. Und dann las ich es in zwei Tagen - oder sollte ich
besser sagen: Nächten - durch. Spannung bis zum Schluß. Zum
Glück hat der Roman nicht viel von diesem Realitätshorror, der
mich das neueste Werk von Koontz, "Mr. Murder", erst mal wieder beiseite
legen ließ. (Ich komme später vielleicht auf dieses Buch zurück,
das eine ganz besondere Art des Grauens kultiviert.) Der Horror mischt
sich mit SF-Elementen, so daß etwas dabei herauskommt, das vor allem
phantastisch ist.
Ein Mann geht manchmal los, getrieben von einem unverständlichen
Zwang, um andere Menschen vor einem gewaltsamen Tod zu retten. Er weiß
nicht, wer oder was ihn benutzt, aber er akzeptiert es, weil er Gutes dabei
tut. Erst als Jim Ironheart der Journalistin Holly Thorn begegnet, beginnt
er sich Fragen zu stellen, weil auch sie es tut. Holly wittert zunächst
die Sensationsstory, als sie bemerkt, daß Jim fast alle paar Tage
irgendwo im Land einen oder mehrere Menschen rettet und wieder verschwindet.
Aber mehr und mehr gerät sie in den Bann des Ungewöhnlichen,
das nur zu bald zum Unheimlichen wird.
Die Macht, welche Jim scheinbar steuert, wird von einer zweiten Kraft
begleitet, welche nur "der Feind" genannt wird. Offenbar bedroht sie Jim
und Holly. Die dunkle Seite der Macht? Ach nein, das war etwas anderes.
Aber Jim hat in seinem riesigen Zorn auf den Tod und jene, die ihn verursachen,
auch so etwas wie eine dunkle Seite an sich.
Natürlich ist nichts so, wie es zu sein scheint. Koontz führt
seine Leser mit Jim und Holly durch ein Labyrinth von Rätseln und
Vermutungen, bis er die Sache schließlich auflöst. Zuerst muß
man fast glauben, daß Gott persönlich seine Hand im Spiel hätte.
Das gefiel mir, weil ich etwas für religiöse Mystik übrig
habe. Wahrscheinlich betrachte ich Religion einfach als eine Art Phantastik,
aber das gehört nicht hierher. So recht kann man das mit Gott aber
nicht glauben, und tatsächlich - es sind die Außerirdischen,
die seit 10000 Jahren am Grund eines Teiches hocken. Oder doch nicht?
Im Heimatort Jims sehen sich die beiden Helden mit immer größeren
Schrecken konfrontiert, als sie den Dialog mit dem scheinbaren außerirdischen
Wesen beginnen. Allerdings wurde mir an dieser Stelle bereits klar, woher
das alles wirklich gekommen sein mußte. Meine Ahnung bestätigte
sich, als auch der Außerirdische verworfen wird und sich alles auf
Jims PSI-Kräfte konzentriert. Nun wird es ein wenig freudianisch,
was ja für amerikanische Verhältnisse normal ist - aber es hält
sich zum Glück in Grenzen.
Am Ende wird selbstverständlich alles wieder gut, was dem Horror
zwar ein wenig die Spitze nimmt, aber schließlich ist die Leserschaft
für normale Thriller viel größer als die für harten
Horror. Und wer, wenn nicht Koontz, weiß, wie man Bücher schreibt,
die sich gut verkaufen?
Anklänge an Stephen King ("es" oder auch "The Stand") sind vermutlich
dem Genre geschuldet, aber wer weiß? Wenn Koontz jedoch Edgar A.
Poe praktisch zitiert ("Grube und Pendel"), merkt man, wer hier sein Vorbild
ehren möchte. Auch ein wenig Schrecken aus der Tiefe des Cthulhu-Mythos
wird bemüht, doch all dies tut dem Roman keinen Schaden und letztlich
könnte
man diese Anspielungen sogar im Zusammenhang mit der Lösung des
Rätsels sehen. Man sollte auch nicht übersehen, daß vor
allem im ersten Teil der Schrecken noch kaum auf phantastische Begebenheiten
zurückgreift, sondern durchaus real ist: ein betrunkener Autofahrer,
mordende Kinderpornohersteller, ein Flugzeugabsturz. Beinahe unmerklich
geht es dann über ins unsägliche Grauen der Dinge, die unverhofft
aus Wänden hervorbrechen, unter Kellertreppen lauern oder aus Tümpeln
auftauchen.
Es ist ein Buch gewissermaßen in der Tradition von "Feuerkind"
oder "Carrie" und vielen ähnlichen, aber andererseits auch wieder
nicht ganz. Auf jeden Fall ein Koontz, den man empfehlen kann.
[Cold Fire, © NKUI, Inc. 1991, übersetzt von Andreas Brandhorst
1994, 446 Seiten, DM 12.90]
SX 61
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