Edgar Rice Burroughs: Tarzan am Mittelpunkt der Erde
Edgar Rice Burroughs: Tarzan am Mittelpunkt der Erde
(Kranichborn Verlag Leipzig)
Wie bereits angekündigt, werde ich hier einen von mehreren ERB-Romanen
besprechen, die von dem Leipziger Kranichborn Verlag herausgegeben werden.
Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich nicht um den ersten Band des
Tarzan-Zyklus', aber das spielt wohl eine untergeordnete Rolle, da jeder
etwas mit diesem Helden anfangen kann.
Von den vielen Verfilmungen, die der Stoff erlebte, erinnere ich mich
nur an diese eine modernere, wo es um Lord Greystoke ging, der Tarzan von
den Affen ja wirklich ist. Ich bin keineswegs ein Experte dafür und
kann nicht sagen, ob z.B. die Fernsehserie, die ich nur sehr bruchstückhaft
zur Kenntnis genommen habe, etwas mit den Folgebänden der Romane zu
tun hat. Ich glaube es jedenfalls nicht. Der Tarzan in diesem Buch ist
nun eine eigenartige Mischung aus kultiviertem Engländer und dem Affenmenschen,
und er lebt wieder im Dschungel. Dort wird er von einem gewissen Jason
Gridley aufgesucht, der ihn bittet, an einer Expedition ins Innere der
Erde teilzunehmen. Die Bezüge, die in diesem Zusammenhang aufgetan
werden, bringen mich auf den Gedanken, daß es da noch andere ERB-Bücher
geben muß, die von dieser Welt Pellucidar im Inneren der Erde handeln.
Die Erde ist bei ihm eine Hohlkugel, und auf der Innenseite, die man durch
eine Öffnung in der Polarregion erreichen kann, liegt eine ganze andere
Welt.
Teilweise hat ERB hier wohl sehr bei Jules Verne abgekupfert. Oder
sollte es den wissenschaftlichen Vorstellungen seiner Zeit entsprochen
haben, sich eine hypothetische Welt im Inneren der Erde als mit Urtieren
bevölkert vorzustellen? Jedenfalls wimmelt es wieder einmal von Dinosauriern,
Urmenschen und anderen beliebten Figuren.
Mit einem Luftschiff, das schnell aus einem eben mal neu entdeckten
Superleichtmetall gebaut und zwecks Auftrieb mit Vakuum statt Helium versehen
wird, fliegen Tarzan, Jason und etliche andere an den Nordpol, wo sie auch
bald den Eingang nach Pellucidar entdecken. Erst nach der ersten Landung
am Rande des Dschungels im Inneren der Erde beginnen die Probleme - und
die sind wirklich haarsträubend! Da die Zentralsonne im Inneren der
Erde immer im Zenit steht, ist eine Orientierung nach ihr unmöglich.
Bald verirren sich Besatzungsmitglieder und sogar Tarzan im Wald, Jason
Gridley stürzt mit einem Erkundungsflugzeug ab.
Hauptsächlich geht es nun darum, wie sich Tarzan durchschlägt,
verschiedene Ureinwohner trifft und sich mit ihnen anfreundet, diverse
Ungeheuer trifft und sie erledigt. Aber auch Jason hat eine Hauptrolle.
Nach seinem Absturz begegnet er einer schönen Eingeborenen, die auf
der Flucht vor ein paar Typen aus den Sümpfen ist, die sie traditionellerweise
entführen wollen. Wie es weitergeht, kann man sich denken, obwohl
der gute ERB es Jason recht schwer macht.
Ach ja, die ganze Expedition dient übrigens dem Zweck, einen gewissen
David, Kaiser von Pellucidar, aus der Gefangenschaft der Korsaren zu befreien.
Das macht man dann auch schnell noch auf den letzten paar Seiten. Eigentlich
aber berauscht sich ERB daran, seine Helden durch einen pseudourzeitlichen
Dschungel zu jagen, gelehrte Erklärungen zu den ausgestorbenen (wissen
die nur nicht) Viechern abzugeben und den Leser von Abenteuern über
Abenteuern lesen zu lassen.
Es war meine erste Begegnung mit einem Tarzan-Roman, das gestehe ich
gern. Aber besser spät als gar nicht, sage ich nach der Lektüre
dieses Buches. Burroughs Stil erinnerte mich an Bücher, die ich vor
langer Zeit sehr gern hatte, "Sigismund Rüstig" von Kapitän Marryat*,
oder natürlich auch die von Jules Verne. Eine gewisse Nostalgie kommt
da schon auf. Freilich kann man, wenn man will, viel von heutiger Sicht
aus kritisieren. Aber das ist wahrscheinlich einem solchen Klassiker gegenüber
nicht angemessen. Wenn man dieses Buch heute auch nicht mehr so richtig
als Science Fiction einstufen kann, ein phantastischer Roman ist es dennoch
geblieben.
Tarzan at the Earth's Core, (c) by Edgar Rice Burroughs 1929, übersetzt von Ruprecht Willnow, Kranichbornverlag Leipzig 1996, 222 Seiten, Hardcover, DM 24.80
* "Sigismund Rüstig, der Bremer Steuermann."- Ein neuer Robinson, nach Kapitän Marryat frei für die deutsche Jugend bearbeitet. Neunzehnte Auflage. Leipzig, leider keine Jahresangabe, Druck und Verlag von B.G. Teubner.
SX 75
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