Esther Friesner: Die Katze läßt das Zaubern nicht

Magik und eine coole Katze
Esther Friesner: Die Katze läßt das Zaubern nicht
(Bastei Lübbe 20265)


Der Roman scheint der Auftakt zu einer neuen Reihe um einen bestimmten Magier auf einer gewissen Welt zu sein, der so seine Abenteuer erlebt. Nicht zu vergessen den Humor dabei. Fun-Fantasy also. Auf den ersten Blick erinnert das alles sehr an Robert Asprins Zauberlehrling Skeeve, der mit seinen Dämonen das Multiversum unsicher macht. Aber dann ist es doch wieder etwas eigenständiges...
Der Zaubererstudent Kendar ist so etwas wie der Prototyp einer dummen Nuß, ziemlich naiv, fast schon blöde. Er ist jedenfalls zu dämlich, um auch nur die untersten Stufen des Zaubererdaseins zu erklimmen. Er taugt in der Uni eigentlich nur dazu, Ratten zu erschlagen. Und nicht mal das kann er richtig. Eines Tages, der Oberzauberer liegt gerade im Sterben und schickt sich an, seine Magik (die Essenz des Zauberns sozusagen) an seine Schüler weiterzugeben, kommt so eine komische Riesenratte aus einem Loch geflitzt. Kendar verfolgt sie und rennt genau in die Magikwolke des Alten.
Nun hat er die ganze Zaubermacht und weiß nicht, was er damit soll. Das Abenteuer kann beginnen.
Die Ratte entpuppt sich bald als Fabelwesen, eine Katze nämlich, eigentlich ein Kater namens Scandal. Auf der brezelartigen Welt Orbix unbekannt, kommt dieser Kater geradewegs aus Los Angeles. Er liefert das für eine derartige Geschichte noch fehlende Element: den Anachronismus, oder wie man das auch immer nennen mag (Analocismus etwa?). Scandals ätzender Sarkasmus und seine von der irdischen (Fernseh-) Welt geprägten Kommentare sind das Salz in der Suppe dieses Buches. Denn er kann dank der auch auf ihn übergegangenen Magik auch sprechen. Einer seiner ersten Sätze ist folgender: "»Absicht hin, Absicht her«, sagte der Dämon. »Mit Absicht allein schnitzt man sich keine Kerben in die Uzi. ..." (S. 74) Und in diesem Stil geht es mit coolen Sprüchen und völlig unpassenden Bemerkungen immer weiter! Irgendwo hat dadurch auch der vom Original abweichende deutsche Titel eine Berechtigung. Der Kater ist fast wichtiger als der Ich-Erzähler Kendar, der manchmal die Schmerzgrenze der Dämlichkeit doch überschreitet. Später entwickelt er sich natürlich, wie das bei solchen Typen immer der Fall ist.
Wahrscheinlich kann man Esther Friesner vorwerfern, sich mindestens bei Asprin und Pratchett Inspirationen geholt zu haben. Aber andererseits haben auch ihre bekannteren Vorgänger nur eines getan - die üblichen Klischees der Fantasy genommen und durch den Kakao gezogen. Wenn Friesner dieselben Klischees mit der gleichen Absicht anpackt, dann mag das zwangsläufig zu Ähnlichkeiten führen.
Das soll nicht abwertend klingen. Im Gegenteil. Das beste, was ich über ein solches Buch sagen kann, ist, daß ich es - wie dieses - an einem Abend durchgelesen und dabei oftmals laut gelacht habe. Und es kommt (seit meinem Studium) nicht mehr häufig vor, daß ich mir in einem Buch Sachen anstreiche!
Was man Friesner nicht vorwerfen kann, ist Feminismus. In einer Zeit, wo es auch in SF-Kreisen in zu sein scheint, literarisch den Blaustrumpf herauszukehren, schreibt sie eine erfrischend "normale" Geschichte, in der Männer und Frauen gleichermaßen vorkommen, und der Held ein Mann ist. (Na ja, so eine Art Mann...)
Das Titelbild von André Janout finde ich allerdings nicht gerade animierend und Tegtmeiers Übersetzung weckt wie üblich das dringende Bedürfnis, das Original zu lesen, um herauszufinden, was wirklich in dem Buch stand. Auch läßt Bastei wie immer Hinweise auf andere Titel der Serie vermissen. Wann lernen die endlich, daß es Serientäter - ähem, -käufer - gibt? Wie mich.
 

Majyk by Accident, (c) by Esther M. Friesner 1993, übersetzt von Ralph Tegtmeier 1995, 412 Seiten, DM 10.90 

SX 70

 

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