Esther Friesner: Scandal im Wingdingo-Land

Esther Friesner: Scandal im Wingdingo-Land
(Bastei Lübbe 20274)


Zum zweiten Mal kann sich der Leser nun auf die Welt Orbix begeben, die ungeachtet ihres Namens flach ist. Ähnlichkeiten mit anderen derartigen Welten sind bestimmt nicht zufällig. Orbix ist allerdings keine Scheibenwelt im klassischen (pratchettschen?) Sinne, sondern ist in ihrer Form Wandlungen unterworfen, seit sich einmal zwei Magier bekriegten. Es gibt im Augenblick auch eine Unterseite, und dorthin führt der Weg des Katers Scandal und seines Zauberers Kendar Gangle in diesem Buch.
Auf der besagten Unterseite hat die chaotische Magie, die hier Magik heißt (eigentlich Majyk) einige Tiere mutieren lassen, so daß sie von der Welt des Bannsängers entsprungen scheinen. Sie können sprechen usw. Aber nicht alle Tiere. Und einigen Menschen hat die Magik ihren Verstand und die Sprache geraubt. Auch nicht allen.
Unter dem schlechten Einfluß einer Fee brachte ein gewisser Mensch auf der Unterseite seinen Bruder, der König war, und dessen ganzen Hofstaat um, so daß nur er übrigblieb, um den Job des Königs zu machen. Schade eigentlich.
Diese Ungerechtigkeit hat nun das Gleichgewicht (was auch immer das ist) aus der Ruhe gebracht und auf der Oberseite regnet es Federvieh vom Himmel. Das beginnt den leuten zu mißfallen und so wird Kendar losgeschickt, um unten nach dem Rechten zu sehen. Im Folgenden entwickelt sich die Handlung einer Queste, bis das Problem am Ende gelöst wird. Die Besonderheit dabei ist natürlich der Humor. Zur Erinnerung: Scandal ist ein Kater, der durch ein Schlupfloch von der Erde kam, sprechen kann, auf Orbix ein mythisches Wesen und außerdem sehr frech ist.
Und so würzt der Kater den Text mit Anspielungen und Bemerkungen, die den Verdacht aufkommen lassen, daß er seine Zeit drüben ausschließlich vor dem Fernseher verbracht hat. Gangle versteht allerdings nur Bahnhof - und nicht mal das. Der Magiker hat sich anscheinend schon daran gewöhnt, so daß er nur manchmal beiläufig erwähnt, daß er seinen Kater nicht im geringsten versteht.
Kendar wird auf der Reise von einer Blondine im wahrsten Sinne des Wortes begleitet, die außerdem gegen Kleider allergisch ist... Dann kommt noch ein gewisser "Klinge der Gerechtigkeit" mit, der Zorro nachempfunden wurde. Man erlebt also Abenteuer. Die Einfälle der Autorin sind skurril, und das Element des Katers wirkt auflockernd genug, um die Lektüre kurzweilig werden zu lassen. Da sieht man dann schon mal über den naiv-dämlichen "Helden" Kendar Gangle hinweg, dessen stolpernde Trotteligkeit manchmal ein wenig zu öde ist. Warum muß das immer so einer sein? Auch wieder ein Klischee.
Friesner muß sich bei solchen Büchern natürlich an Pratchett messen lassen, obwohl das unfair sein mag. Klar, daß sie ihm längst noch nicht das Wasser reichen kann. Aber es ist ein guter Versuch.
Da es bei humoristischer Fantasy vor allem auf Sprache ankommt, hoffe ich nur, daß die Übersetzung uns nicht zu viel gestohlen hat (Majyk - Magik?). Es gibt ja im Windows eine Schriftart Wingdings, und eine verlorene Stadt Emmessdoss kommt im Buch auch vor. Vermutlich stammt dieser kleine Spaß aus dem Originaltext. Hoffentlich... 

SX 74

 

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