Frank Geissler: Tausend Jahre bis zur Morgendämmerung
Frank Geissler: Tausend Jahre bis zur Morgendämmerung
Frank Geissler (31) debütierte mit diesem Band von vier Erzählungen,
so erfährt man in fünf Zeilen Klappentext. Sollte der Autor auf
dem Gebiet der Literatur Weiteres liefern, wird sicher auch diese magere
Information an Umfang gewinnen. Es ist nur wünschenswert, daß
er beim Schreiben von SF bleibt, denn seine Debüt-Stories sind beachtenswert.
Durchaus unterschiedlich vom Handlungsort und -inhalt her, scheinen
Abstecher in Träume und Traumwelten die Geschichten miteinander zu
verbinden. In der Titelgeschichte ist es die alptraumhafte Welt innerhalb
einer abgeschlossenen Raumblase (Konklave), in welcher die Geschehnisse
teilweise an Fantasystoffe erinnern. Träume führen zur inneren
Läuterung des Generals in "Demontage", offenbar von Außerirdischen
induziert, doch erfolglos angesichts des überwiegenden moralischen
Verfalls der Menschheit. In Träume flüchtet sich die Partnerin
des gefühlsarmen Erzählers in "Zehn Prozent Risiko", weil sie
es nicht wagt, der Realität handelnd entgegenzutreten. Zwar nicht
direkt Träume spielen in der letzten Story "Schwarze Kreuzungen" eine
Rolle, doch erinnert das Besinnen der alten Frau auf die für sie versunkene
Welt der Vergangenheit ebenfalls sehr an solche.
Eine nächste verbindende Ebene der Geschichten sind zwischenmenschliche
Beziehungen - Gefühle. Auch sie stehen in allen Stories mehr oder
weniger im Mittelpunkt. Als SF-Story die schwächste, gewinnt "Schwarze
Kreuzungen" durch ihre glaubhafte Darstellung der Lebensumstände einer
alten Frau wesentlich. Der emotionslose Außerirdische, der sie zu
einem Experiment überreden will, dessen voraussichtlicher Ausgang
auch für den Leser nicht ganz klar wird, ist eigentlich nur der Aufhänger.
Interessant ist auch die breite thematische Fächerung der Geschichten
trotz ihrer genannten Ähnlichkeiten. In der Titelstory bringt Geissler
es fertig, eine auf den ersten Blick als echte space fiction erscheinende
Handlung in ein fantasyähnliches Sujet überzuleiten, ohne die
hardcore-SF wirklich zu verlassen. "Demontage" ist eine inner space - Story,
in der aber auch Elemente von reiner space fiction auftreten. "Risiko"
könnte man vermutlich in die Schublade der gimmick story stecken,
wenn nicht einige Aspekte auch über diesen engen Rahmen hinausweisen
würden. "Kreuzungen" ist dagegen verfremdetes Jetzt, bei dem die Verfremdung
nicht besonders tief geht.
Frank Geissler offenbart eine eigene Handschrift, ohne seine Vorbilder
und Einflüsse zu verleugnen. Der Verlag Neues Leben Berlin hat offensichtlich
einen guten Griff getan mit dieser Veröffentlichung. Abgesehen von
den gegenwärtigen Erschwernissen hofft man auf Weiteres.
Zum Schluß noch ein paar Worte zu den Illustrationen Feliks Büttners.
Für sich genommen sind die Bilder gewiß originell, doch was
sollen sie in diesem Buch? Leider hat ein Künstler wohl nicht die
Möglichkeit, einen Bildband mit derartigen Bildern herauszubringen,
wo sie besser aufgehoben wären als für Illustrationszwecke eingesetzt.
Daher mischt man vermutlich diese Bilder in irgendein Buch, das annähernd
ihrem Inhalt (?) entspricht. Sollten Illustrationen nicht eine ganz andere
Aufgabe haben?
SX 7
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