Gary Gygax: Tod in Delhi
Neues
von der Ærde
Gary Gygax: Tod in Delhi
(Heyne 064966)
Dies ist der dritte Teil der "Gefährlichen Reisen", Romanen nach
der Spielewelt "Dangerous Journeys", oder auch MYTHUS 3, um die interne
Zæhl- ähem, Zählweise zu verwenden. Und auch dieses Abenteuer
des ægyptischen Zauberpriesters, Prinzen und Kriminalisten Setne
Inheteps und seiner schönen Leibwächterin und Geliebten Rachelle
bot wieder beste Unterhaltung und Spannung.
Ort der Handlung ist die Ærde, eine Parallelwelt der Erde, in
der es Magie in vielen verschiedenen Ausprägungen gibt: die Priesterkræft,
die Dweomerkræft, Schwarze Hexenkræft usw. - man kann sie nicht
so recht auseinanderhalten, was aber dem Lesevergnügen durchaus keinen
Abbruch tut. Die Verhältnisse auf der Ærde sind außerdem
dadurch gekennzeichnet, daß die Pharaonen Ægyptens eine Art
Weltreich begründet haben und Wissenschaft und Technik unserer Tage
völlig bedeutungslos sind. Sozial gesehen steht man im Prinzip auf
dem Stand der Antike, wenn auch weiterentwickelt. Vor allem Ægypten
ist sozusagen ein aufgeklärtes Land, jedenfalls im Rahmen dessen,
was ein pharaonischer Hintergrund zuläßt. Es ist ziemlich schwierig,
diese Welt mit ein paar Worten zu beschreiben, mit Sicherheit kann man
nur sagen, daß sie für den Leser sehr reizvoll ist.
Zu dieser an sich schon interessanten Idee einer Parallelwelt kommt
der detektivische Handlungshintergrund der Romane. Der Meisterdetektiv,
welcher gleichzeitig einer der größten Anwender der Kræft
seiner Zeit ist, löst natürlich die Fälle, die ihm begegnen,
aber nicht etwa mit Leichtigkeit und ohne Gefahr. Das wäre ja auch
langweilig. Ganz wie in der Welt eines anderen Detektives der phantastischen
Literatur, Lord Darcys nämlich, spielt die Magie bei den Verbrechen
eine große Rolle, ist aber nicht so allmächtig und unkontrollierbar,
daß eine Aufklärung von vornherein unmöglich wäre.
Jedenfalls nicht mit den Mitteln der Magie. Es ist doch beruhigend, zu
erfahren, daß selbst Zauberei nicht das perfekte Verbrechen ermöglicht.
Eingefleischte Krimi-Leser mögen ja meist keine Fantasy-Krimis, weil
sich da der Mörder sozusagen in den berühmten geschlossenen Raum
hinein und wieder hinaus hexen kann. In Wahrheit versuchen aber die meisten
Autoren solcher Geschichten, den Beweis zu führen, daß der Mörder
das ruhig machen kann - es aber immer noch logische Wege gibt, das Verbrechen
aufzuklären.
Diesmal wird Setne Inhetep mit einer Botschaft an den Hof des Maharadschas
von Delhi gerufen, dessen Kronjuwelen mit magischer Hilfe gestohlen worden
sein sollen. Natürlich kann er nicht ablehnen und macht sich mit Rachelle
auf den Weg. Bezeichnenderweise ist der indische Subkontinent auch in Gygax'
Romanwelt ein Gebiet der extremen Gegensätze zwischen Arm und Reich.
Die Reise nach Delhi dient nicht einfach nur dazu, die Fakten für
später auszulegen, auf die sich dann der Meister beziehen kann. Nebenbei
führt uns der Autor auch ein besonders mißliches Bruchstück
unserer eigenen Welt vor Augen.
Am Hof des Herrschers, der sich sogleich als ein fieser Despot entpuppt,
liegt so einiges im Argen. Das ist nun freilich ein zu leichtes Lösungsangebot
für soziale Probleme - man nehme einen "guten" Herrscher, mag es auch
ein Autokrat wie der Pharao sein, und die Mißstände werden verschwinden.
Jedenfalls wird Setne mißtrauisch und nutzt die wenige Zeit, die
ihm der wütende Maharadscha gibt, um erst mal die Stimmung im Volk
zu erkunden - was beinahe schiefgeht.
Wie überall bei derart unterdrückten Völkern (in Dichtung
und Realität) gibt es auch hier Rebellen - sogar mit königlicher
Führung, doch zum Glück für das Buch verzichtete Gygax darauf,
seinen Magier nun schnell mal eine Revolution durchführen zu lassen.
Zwar stellt er den Sturz des Finsteren in Aussicht, aber das ist auch schon
alles.
Wie die Kronjuwelen schließlich gefunden werden, was die Göttin
Kali dazu zu sagen hat und wer die Graue Eminenz hinter dem Pfauenthron
ist, soll hier nicht verraten werden. Wie auch seine Vorgänger ist
"Tod in Delhi" spannende Lektüre für Leser von Fantasy- und Kriminalliteratur
gleichermaßen.
[Death in Delhi, © Omega Helios Ltd. (Gary Gygax) 1993, übersetzt von Christian Jentzsch 1994, 251 Seiten, DM 12.90]
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