Greg Bear: Die Macht der Steine
Fehlgriff
Greg Bear: Die Macht der Steine
(Heyne 06/5509)
Selten lege ich ein Buch wirklich weg, bevor ich es zuende gelesen habe.
Aber dieses war nicht zu schaffen. Das Thema langweilte mich derart, daß
ich mir sagte, es gibt über hundert Bücher in meinem Regal, die
darauf warten, gelesen zu werden - was soll's also? Dabei ist ein solcher
Eindruck natürlich sehr subjektiv, einem anderen Leser mag "Die Macht
der Steine" durchaus gefallen.
Ich fürchte, der gute Herr Gilbert, seines Zeichens Übersetzer,
hat ebenfalls dazu beigetragen, das Buch für mich zur Folter werden
zu lassen. Konfuser Satzbau, zusammenhanglose Abschnitte, bei denen die
verbindende Handlung einfach zu fehlen scheint. Aber vielleicht ist er
an letzterem unschuldig und schon Greg Bear schrieb das so schlecht? Glaube
ich irgendwie nicht, da ich andere Bücher von Bear durchaus mit Vergnügen
gelesen habe. Herr Gilbert ist jedenfalls bemüht, die deutsche Sprache
mit neu erfundenen Wörtern wie "konzedieren" (zugeben) oder "realisieren"
(erkennen) anzureichern. Ein ebenso sinnloses wie dummes Unterfangen.
Selbst der Buchtitel ist wieder einmal sehr unglücklich gewählt.
Macht klingt natürlich nach etwas. Es ist wohl ein eindrucksvolleres
Wort als Kraft. Aber leider ist es Kraft, die hier gemeint
wird. Das Buch heißt nämlich "Strenght of Stones" (und nicht
etwa Power), ein Zitat aus dem Buch Hiob, das auch prompt auf Seite 7 geliefert
wird - in der richtigen Übersetzung!
Man könnte über eine verworrene bis schlechte Sprache hinwegsehen,
wenn der Roman einigermaßen spannend oder interessant wäre.
Doch mich interessierte sein Thema nicht, wie ich schon sagte, und Spannung?
Wo soll die herkommen, wenn z.B. die handelnden Figuren von Teilbuch zu
Teilbuch ersetzt werden?
Nun ist der Rezensionsleser vielleicht schon gespannt, worum es denn
in dem Buch eigentlich geht. Folgende Situation besteht auf einem Planeten
(und nicht Planet, Herr Übersetzer!), den man Gott-der-Schlachtenlenker
nennt. Vor über tausend Jahren (im 22. Jahrhundert) besiedelten ihn
Menschen, die offenbar religiöse Fundamentalisten aller Art waren
- Christen, Moslems, Juden usw. Vom besten Architekten dieser Zeit ließen
sie sich riesige lebende und quasi-intelligente Städte bauen, um in
ihnen zu leben und sich ihren religiösen Vorstellungen zu widmen.
Doch die mit bigotter Moral religionsfanatischer Prägung programmierten
Städte warfen alsbald die Menschen hinaus. Alle Menschen und nicht
nur die richtigen Abweichler. In Elend und bitterer Armut leben die Expoliten
nun auf dem Planeten außerhalb der Städte, die immer noch leer
stehen - und nicht nur stehen. Sie bauen sich manchmal selber ab, um an
eine andere Stelle zu ziehen, weil sie nämlich Wasser und Rohstoffe
aus dem Boden holen müssen, um sich zu erhalten.
Nun geht es um die Erlebnisse einiger Personen. Der erste "Held" heißt
Jeshua (jawohl, schon wieder mal ein Jesus) und muß entdecken, daß
er eigentlich ein von einer Stadt erzeugter Cyborg ist. Was ihn nicht daran
hindert, sein Denkvermögen vorrangig zwischen den Beinen zu tragen.
Sein ganzes Verhalten ist - zumal für einen Cyborg - total behämmert.
Im zweiten Teil geht es um eine Frau namens Reah, die es schafft, in
eine Stadt eingelassen zu werden, weil sie krank ist. Wieder geheilt, läßt
sie sich schnell mal ausbilden, das geht bequemerweise mit der Stadttechnologie
ungeheuer schnell, und übernimmt das Kommando über diese Stadt.
Obwohl es seit tausend Jahren angeblich noch niemals jemandem gelang, überhaupt
in eine Stadt hineinzukommen, soll das nun zufällig klappen? Nicht
nur bei Reah, sondern auch bei anderen, ziemlich üblen Zeitgenossen.
Das ist ziemlich unglaubhaft.
Im dritten Teil wird der Architekt der Städte von einem Überrest
einer Stadt und eines Programms wieder ins Leben zurückgerufen, worauf
er auch prompt den Cyborg trifft. Klein ist der Planet! Daß der Gute
vom Zustand der Welt nicht wenig überrascht ist, kann man sich denken.
Wie es ausgeht, sollte man ja sowieso nicht erzählen, aber ich
weiß es auch nicht, denn da wurde es mir zuviel mit dem Geschwätz
von Gott und Glauben und Städten, die durch die Gegend hüpfen.
Vielleicht liest das Buch jemand, der sich ernsthaft für Religion
interessiert, mit großer Begeisterung, aber der bin nicht ich.
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SX 79
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