Hal Clement: Die Nadelsuche / Das Nadelöhr

Eine stachlige Sache
Hal Clement: Die Nadelsuche / Das Nadelöhr
(Heyne 3993 & 3994)


Man soll ja mit Klassikern vorsichtig sein, und mit Kultbüchern erst recht. Nun weiß ich nicht, ob die beiden "Nadel"-Bände Hal Clements zu letzteren gezählt werden, auf jeden Fall wäre es berechtigt. Und das Vorurteil trifft nicht im geringsten zu. Weder war ich wegen zu hohen Erwartungen nachher enttäuscht, noch fiel der zweite Band gegenüber dem ersten qualitativ ab, wie man das leider vielfach findet.
Clement wird mit einiger Berechtigung zu den Schreibern von hard core SF gezählt. Doch sind die beiden "Nadel"-Bücher nicht hard SF, wie sie vielleicht J.P.Hogan, J.Cramer oder P.Preuss liefern. Es steht nicht wissenschaftliche Forschungsarbeit im Mittelpunkt der Handlung. Es ist nicht einmal space fiction, nein, die Handlung müßte irgendwann in den 50er Jahren angesiedelt sein. Zum größten Teil irgendwo auf einer Pazifikinsel namens Ell spielt sich das Wichtigste ab. "Die Nadelsuche" (Needle) erschien nämlich 1949! Erst 1978 schob Clement "Das Nadelöhr" (Through the Eye of a Needle) nach.
Wie der Buchtitel im Deutschen schon andeutet, geht es darum, die Nadel im Heuhaufen zu finden, im Heuhaufen der Meschheit; und die Nadel hat sich auch noch als Strohhalm getarnt. Die Hauptperson ist ein wenige Pfund schwerer grüner Gallertklumpen, welcher von Beruf interstellarer Polizist ist. Während der Verfolgung eines genauso beschaffenen interstellaren Verbrechers stürzen sowohl dieser als auch der Verfolger vor besagter Insel ab. Der Polizist verläßt seinen Schrotthaufen von einem Raumschiff und begibt sich an Land. Nun verhält es sich mit dieser Rasse aber so, daß sie Symbionten sind und im Körper anderer, vorzugsweise intelligenter Wesen hausen. Alles klar? Als Gegenleistung schützt der Symbiont seinen Wirt vor Krankheiten und Verletzungen, indem er die Erreger auffrißt und die Wunden schließt.
Der Jäger, so seine Bezeichnung für sich, muß den Verbrecher, der zweifellos auch überlebte, ausschalten, da er eine große Gefahr für die Bewohner des Planeten (Erde) darstellt. Unglücklicherweise sucht er sich einen 15jährigen Jungen als Wirt aus, der gerade vor der Abreise von der Insel steht. Als der Jäger das merkt, ist es zu spät und der Junge Bob schon irgendwo in den USA. Wohl oder übel muß er nach einiger Zeit mit ihm Kontakt aufnehmen, um überhaupt erst mal zur Insel und zum Verbrecher zurück zu kommen.
Das alles wird im wesentlichen aus der Sicht des Jägers geschildert, was ein Hauptgrund für die besondere Qualität der Bücher ist. Nach dem anfänglichen Schock, als er begreift, daß da ein Wesen in ihm nistet, nimmt Bob mit dem Jäger die Verfolgung auf. Aber wen verfolgen? In welcher Person hat sich der Verbrecher versteckt? Die Nadel im Heuhaufen, wie gesagt.
Natürlich finden sie ihn am Ende und Bob vernichtet ihn mittels Feuer. Damit schließt das erste Buch. Doch der Jäger ist nun auf der Erde gestrandet. Er bleibt bei/in Bob.
Nach einigen Jahren setzt das zweite Buch ein. Da die Menschen für den Jäger eine unbekannte Rasse darstellen, klappt mit der Symbiose etwas nicht. Bob wird zusehens schwächer. Er und der Jäger versuchen, die abgestürzten Schiffe zu finden, um vielleicht mit der Heimat des Symbionten Kontakt aufzunehmen. Doch auf der Insel passieren Bob eigenartige Dinge. Zum Beispiel bringt man ihn mit dem Fahrrad zu Fall, um ihm dann auch gleich noch einen Grillspieß durchs Herz zu stoßen. Dank Jäger überlebt er das zwar, aber die beiden sorgen sich nun, ob der Verbrecher nicht vielleicht das Feuer überstanden hat.
Natürlich ist dann doch alles ganz anders. Nach einer Reihe haarsträubender Situationen kommt es zum glücklichen Ende für alle Beteiligten. (Ich will nicht zu viel erzählen, denn das Lesen lohnt sich wirklich!)
Den besonderen Reiz der beiden Bücher macht meiner Ansicht nach neben dem Alienstandpunkt des Erzählers auch der breite Einbau von stilistischen Elementen des Kriminalromans aus. Ähnlich wie man es oft bei Asimov findet, muß auch hier eine detektivische Leistung vollbracht werden, muß aus scheinbar zusammenhangslosen Details das Ganze deduziert werden. Und hier ist es zudem noch so geschickt angelegt, daß der Leser nicht zwangsläufig vor dem Jäger herausfindet, "wer der Täter ist". Die Enthüllung kommt doch ziemlich überraschend, aber keineswegs unmotiviert.
Hal Clement werde ich auf jeden Fall zu den Autoren zählen, die auf meiner Suchliste stehen. 

SX 20

 

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