Hans Joachim Alpers: Die Augen des Riggers
Hans
Joachim Alpers: Die Augen des Riggers
Mit einiger Verspätung erschien nun der zweite Teil der Shadowrun-Trilogie
"Deutschland in den Schatten". Aber besser verspätet, als nie oder
schlampig hingeschustert. Soll sich Herr Alpers ruhig Zeit nehmen.
Schattenläufer Thor Walez, der sich nun aus Sicherheitsgründen
Pandur nennt - was aber keinen davon abzuhalten scheint, seinen richtigen
Namen zu kennen - erlebt weitere Abenteuer und Mysterien. Aber natürlich
wird kaum eines der verbliebenen Rätsel so früh schon aufgelöst.
Alles unklar gebliebene schiebt Alpers auf eine "Graue Eminenz", so auch
der Titel des noch ausstehenden letzten Teils. Das heißt also weiter
warten und vielleicht sogar das Buch erst mal ungelesen in den Schrank
stellen. Dann vermeidet man jedenfalls Grübeleien, wie denn das nun
in den vorangegangenen Teilen eigentlich war.
Nachdem Pandur in Teil 1 seine Geliebte Natalie verloren hatte, treffen
wir ihn nun unter Piraten in der verseuchten Nordsee. Dort glaubt er, seinen
geheimnisvollen Verfolgern entkommen zu sein, was sich freilich bald als
Irrtum erweist. Die Wamos (Wassermotorräder), von denen er eins zu
fahren hat, sind übrigens eine schöne Erfindung. Wieder geht
die Jagd los, die ihn vom verseuchten, überfluteten und heruntergekommenen
Norddeutschland bis nach Prag führt. Er trifft eine Reihe von Leuten,
die ihm nicht alle freundlich gesonnen sind, unternimmt mit zweien von
ihnen einen neuen Run, der (natürlich) auch nicht so endet, wie er
sich das vorgestellt hatte. Ständig in Gefahr und auf der Flucht,
treffen die Runner in Prag schließlich den wahnsinnigen Magier aus
dem ersten Teil, wobei dieser getötet wird (nicht von den Runnern),
doch das bringt zwar dem Rigger Festus Erlösung, der arge Probleme
mit seinen künstlichen Augen hatte, aber Pandur nicht einen Schritt
weiter.
Wieder stehen vor den einzelnen Kapiteln diverse und hochinteressante
Zitate aus Natalie Alexandrescus Werken, und eine Bemerkung des Mafiosos
Ricul (S. 400) unterstützt die Vermutung, daß Pandurs Geliebte
gar nicht tot ist. Man wird sehen, was sich daraus noch so ergibt.
Der Roman ist, im Gegensatz zu anderen Shadowrun-Werken, geradlinig
erzählt, verzichtet ganz auf zusätzliche Handlungsebenen. Das
macht ihn zwar übersichtlicher, läßt aber ein wichtiges
Spannungselement vermissen. Dadurch hat man den Eindruck, daß auf
über 400 Seiten nicht besonders viel geschieht. Die Geheimnisse sind
entweder völlig undurchsichtig (und bleiben es auch) oder allzu offenkundig.
Man merkt schnell, daß Pandur irgendwie manipuliert wird, daß
die Killerelfen eine Möglichkeit haben, ihm überallhin zu folgen.
Er weiß, daß er magisch markiert wurde, zieht aber weder die
entsprechenden Schlüsse, noch teilt er etwas in der Art seinen Kameraden
mit. Das wirkt zwangsläufig etwas unlogisch.
Alpers gelingt es nicht, die typische Ausdrucksweise der originalen
Shadowrunner für seine deutschen Protagonisten vollständig nachzuvollziehen.
Stattdessen hielt er es für angebracht, einen hohen Prozentsatz des
Textes sexuellen Erläuterungen zu widmen, die sich größtenteils
auf dem Niveau von Fäkalerotik befinden. Überflüssig.
Etwas irritierend ist auch, daß offenbar Dinge eingeführt
werden, die es vorher in Shadowrun nicht gab, oder die zumindest nicht
erwähnt wurden. Im ersten Band waren das echte Zwerge, die angeblich
unterirdisch seit grauer Vorzeit überlebten - seit wann genau? Ein
früheres Zeitalter der Magie müßte schon sehr, sehr lange
zurückliegen. Hier ist es etwas, das Alpers "Lichthexe" nennt, außerdem
der Golem des Rabbi Loew. Letzterer erschien völlig unplausibel, da
nichts im Zyklus auf die Existenz von realer Magie im Mittelalter hindeutet.
Deutsche, bzw. europäische Einflüsse und Eigenheiten (wie z.B.
die Hexen oder Weisen Frauen) sind ja ganz gut, aber sie müssen zur
inneren Logik des Werkes passen.
Im Glossar findet man positiverweise jetzt auch spezielle deutsche
Begriffe erklärt und eine passende Landkarte am Anfang.
Der zweite Teil hat ein paar Schwächen, die hier aber nicht überbewertet
werden sollen. Andererseits bewirkt der vereinfachte Handlungsaufbau, daß
sich das Buch recht leicht liest und keine besonderen Anforderungen stellt.
Dadurch könnte die deutsche Trilogie eventuell zu einem guten Einstieg
in die Welt des Shadowrun werden.
[Heyne 065105, 1994, 405 Seiten, DM 14.90]
SX 59
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