Holly Lisle: Sympathy for the Devil
Holly Lisle: Sympathy for the Devil
(Baen Books 1996, $ 5.99, 242 Seiten)
Hier geht es nicht um einen Song der Rolling Stones, sondern um den
richtigen, realen Teufel und seine Horden. Weiterhin tritt Gott auf. Ein
solches Buch kann eigentlich nur ein Fantasy-Roman der lustigeren Art sein,
denn das eine ernste Buch mit diesen Protagonisten wurde ja schon vor langer
Zeit geschrieben.
In der Fantasy gibt es eine Reihe von Büchern dieser Art, wo die
Existenz von Gott und Satan, Himmel und Hölle als gegeben und bewiesen
angesehen wird. Die übernatürlichen Gestalten greifen dann mehr
oder weniger drastisch ins Leben der Menschen ein. Sehr interessant ist,
daß in allen mir bekannten Fällen das literarische Interesse
eher den satanischen Machenschaften als den Taten seines Gegenspielers
gilt. Offenbar ist der finstere Teil des Überirdischen weitaus interessanter.
Meist versuchen die Autoren mit dieser Art religiöser (?) Phantastik
auch entsprechende moralische Akzente zu setzen. Wenn sie gut genug sind,
fällt das nicht weiter auf und stört nicht.
Holly Lisle ist eine Autorin aus dem Kreis um Anne McCaffrey und Mercedes
Lackey, dieser Roman bei weitem nicht ihr erster. Zusammen mit Lackey schrieb
sie z.B. "When the Bough Breaks", ein Buch, das neben einer spannenden
Geschichte auch ambitionierte moralische Gedanken herüberbrachte.
Ähnlich verhält es sich mit ihrem neuesten Roman.
Dayne Kuttner ist eine Krankenschwester auf einer Intensivstation.
Eines Tages erträgt sie es nicht mehr, mit ansehen und dabei mitwirken
zu müssen, wie Menschen künstlich am Leben erhalten werden, die
eigentlich schon tot sein sollten, für die keine Hoffnung aus dieser
Qual erwächst. Der Grund ist natürlich das liebe Geld, völlig
klar. Außerdem wird die gläubige Dayne von der Vorstellung heimgesucht,
daß ihr verunglückter Ehemann in der Hölle steckt und niemals
in aller Ewigkeit daraus erlöst werden wird. Also wendet sie sich
allen Ernstes in einem Gebet an den Allerhöchsten und fordert eine
zweite Chance für alle, die in der Hölle sind.
Ganz oben klingeln sofort die Alarmglocken, denn der himmlische Computer
meldet ein Gebet der Kategorie 10, was Gott prinzipiell gewährt. Überhaupt
sind die höheren Mächte auf dem neuesten Stand der Technik (na
ja, bei der Hölle nicht ganz so neu), was Kommunikation und Verwaltung
angeht. Der Herr denkt sich etwas aus, um Dayne ihren Wunsch zu erfüllen.
Allerdings ist es nicht ganz das, was sie sich vorgestellt hatte. Mehr
als fünfzigtausend Dämonen, Gremlins, Kobolde und Teufel werden
unter bestimmten Bedingungen auf die Erde geschickt, wo sie ganz offen
auftreten dürfen. Gott verspricht sich davon u.a. ein Erstarken des
Glaubens.
Luzifer hat natürlich eigene Pläne für diese Gelegenheit.
Er gibt seinem in Ungnade gefallenen Stellvertreter Agonostis den Befehl,
nicht nur alles dafür zu tun, viele Seelen zu gewinnen, sondern auch
Dayne Kuttner zu verderben.
Jedoch kommt es anders als das Böse denkt. Der gefallene Engel
verliebt sich in Dayne und so findet sich ein Happy End. Bis es aber soweit
ist, entwickelt sich die Handlung mit viel Humor und Spannung. Besonderen
Reiz gewinnt sie durch die modernen Methoden von Himmel und Hölle,
die auf der Erde unserer Zeit keineswegs hilflos sind. Als Basis für
die Aktionen der "Hellraised", der aus der Hölle emporgekommenen,
wird beispielsweise erst einmal ein Unternehmen gegründet. Nicht nur
Seelen soll Agonostis liefern, sondern auch noch einen Profit machen. Freizeitparks
sollen mit harmlosen Vergnügungen zu den weniger harmlosen locken,
für die man nicht nur ein paar Dollar opfern muß, sondern seine
Seele. Zwar erinnert letzterer Einfall stark an Piers Anthonys Inkarnationen-Zyklus,
aber die Idee ist ja so abwegig nicht.
Viele Kleinigkeiten ergeben ein witziges Kaleidoskop, das dennoch einen
ernsten Hintergrund nicht vermissen läßt. Man sollte sich den
Namen Holly Lisle merken, falls auch einmal Bücher von ihr auf Deutsch
erscheinen. Bisher scheint das nicht der Fall gewesen zu sein.
SX 71
Kommentare
Kommentar veröffentlichen