J. Robert King: Heart of Midnight
J.
Robert King: Heart of Midnight
(Ravenloft Books)
TSR Books 1992, 313 Seiten
Der Roman ist der erste des Autors John Robert King, doch ein zweiter,
"Carnival of Fear", erscheint schon im Juli. Auch dieser wird, wie schon
"Heart of Midnight", in der Ravenloft-Welt handeln. Wenn man King heißt,
sollte man wohl Horror schreiben, mag sich der Autor gedacht haben, und
so tat er es.
Ravenloft ist eine Rollenspielwelt, außerdem ist sie "eine Welt
des Bösen, ein Platz der Finsternis, der von jeder Welt aus erreicht
werden kann - das Entkommen ist dann eine ganz andere Sache." So steht
es zumindest in der Einführung. Neben den Spielen gibt es auch eine
Reihe von für sich eigenständigen Romanen, von denen "Heart of
Midnight" der vierte ist. Die Ravenloft-Welt müßte man vielleicht
als gothic horror klassifizieren. Jedenfalls sind ihre Figuren in etwa
spätmittelalterlich, und außerdem wimmelt es von unheilvollen
Gestalten und Geschehnissen. Die klassischen Figuren, wie z.B. Vampire,
müssen sich allerdings nicht unbedingt an klassische Regeln halten.
Wie gesagt, es ist eine Welt des Bösen. Was das heißt, merkte
ich so richtig erst am Schluß des Buches.
Das Horror-Thema des Buches ist der Werwolf, genauer gesagt, der Werwolf-Fluch.
Um dieses nicht gerade neue Thema windet sich die Story - mit einigen Überraschungen.
Ein junger Mann, fast noch ein Kind, der in einem städtischen Waisenhaus
aufgewachsen ist, lebt mit dem Wissen, daß der Mörder seiner
Mutter der Meistersänger der Stadt und damit ihr Herrscher ist. Lieder
und das Singen spielen in dieser Stadt Harmonie eine so große Rolle,
daß in einem Sängerwettbewerb das Oberhaupt gewählt wird.
Nebenbei bemerkt verwendet King das deutsche Wort meistersinger
in diesem Zusammenhang, und eine gewisse Dame wird mit Frau Soundso
angeredet. Eine Reminiszens an die deutsche Tradition der Meistersänger
a lá Hans Sachs? Wer weiß. Der junge Casimir hat außerdem
ein Problem. Mitternacht wird er immer so hungrig und widmet sich dann
der Lösung des Bevölkerungsproblems der Stadt. Er ist von Geburt
ein Werwolf, und sein Vater, der nämliche Meistersänger, hat
ihm diesen Fluch vererbt.
Es gelingt Casimir nach mehreren gescheiterten Anläufen - die
für sich schon spannend geschildert werden - seinen Erzfeind-Vater
zu besiegen. Erst im Sängerwettstreit und dann physisch. Er wird das
neue Stadtoberhaupt.
Damit ist es natürlich nicht getan. Jetzt gehen die Probleme erst
richtig los. Ein dunkler Barde versucht Casimir auf die wölfische
Seite zu ziehen, eine Geliebte und ein Freund stehen auf der anderen Seite.
Es gibt einige überraschende Wendungen, von denen der Schluß
die eigenartigste ist. Während man bis zuletzt eigentlich erwartet,
daß Casimir seine dunkle Seite besiegt und den dunklen Barden (auch
ein Werwolf) vernichtet, so geschieht das dann doch nicht. Es endet nicht
einmal mit der zweiten Variante, der tragischen Aufopferung des zum Untergang
Verurteilten. Das Böse siegt! Casimir wird von seiner Geliebten getötet
und auch der gerettet geglaubte Freund begeht noch aus lauter Verzweiflung
über alles Selbstmord. Der Schluß ist eigenartig melancholisch.
Vielleicht ist das sogar für Ravenloft charakteristisch, das kann
ich noch nicht sagen, da ich nur dieses eine Buch von jener Welt kenne.
Nicht alle Leute dort sind böse; irgendwen müssen die Finsterlinge
ja zum Quälen haben. Aber der Roman gibt eine düstere Atmosphäre
wider, in der Werwölfe und ähnliche Monströsitäten
offenbar alltäglich sind. Das macht ihn trotz seines ziemlich althergebrachten
Plots doch zu etwas nicht ganz gewöhnlichem. Ich werde mich sicher
nach weiteren Bänden der Reihe umsehen.
SX 38
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