John Saul: Prophet des Unheils
John Saul: Prophet des Unheils
(Heyne 01/8336)
"Nathaniel" war wohl in der Reihe "Unheimliche Bücher" bei Heyne
als Titel nicht zugkräftig genug, als dieses Buch 1985 als Nr. 11/28
dort erschien. Nun also als "Prophet des Unheils" im zweiten Versuch, ungeachtet
des Umstandes, daß im Buch zwar recht viel Unheil, aber kein Prophet
auftritt. Ich nenne meinen Artikel also nach dem Original. Aber was solls!
Dieses Buch ist eine Katastrophe! Seit ich es aufschlug, habe ich nichts
anderes mehr gemacht, als es zu lesen und zu lesen. Der Abwasch blieb liegen,
ich bin halb verhungert...
Ach ja, verhungern. Da verhungerte also Ende des 19. Jahrhunderts fast
eine eingeschneite Frau mit ihren Kindern irgendwo in Nordamerika. Bis
auf eins kochte sie sich daher die Kinder. Das letzte von ihnen hatte wohl
keine Lust auf ein solches Ende und spießte sie mit der Heugabel
an die Wand, just als die Retter kamen. Noch bevor die Frau starb, bekam
sie ein weiteres Kind und hängten die Retter den anderen Sohn, Nathaniel
mit Namen, ob seiner Untat auf.
Aber darum geht es doch gar nicht. Das ist eine Gruselgeschichte, die
man sich in Prairie Bend, einer dieser "typischen amerikanischen Kleinstädte",
welche die amerikanischen Horrorautoren so zu haßlieben scheinen,
erzählt. Dorthin verschlägt es eine schwangere Frau unserer Tage
mit ihrem Sohn, da ihr Mann dort gerade unter seltsamen Umständen
im Haus seiner Eltern zu Tode kam. Sie bleibt und das Gruseln kann beginnen.
Denn anscheinend lebt der vor hundert Jahren aufgehängte Nathaniel
irgendwie noch in einem alten Schuppen. Michael, der Sohn der Frau, nimmt
eine Art telepathischen Kontakt mit dem Geist auf und gerät offenbar
unter seinen Einfluß. Und offenbar liegt eine Art Fluch auf der Familie
und dem Ort. Fast alle Kinder werden zu früh und totgeboren, oder
werden sie gar umgebracht? Was geht nun eigentlich vor? Die Spannung steigt
und steigt. Was wird geschehen, ist der Großvater wirklich der Mörder
der Kinder und des Vaters, der nun auch Michael umbringen will? Die Haltung
des Lesers zu diesen Fragen wechselt einige Male im Verlauf der Handlung.
Und immer glaubt man, den richtigen Sachverhalt endlich erkannt zu haben.
Frauen sollen ja, wenn sie schwanger sind, zu Seltsamkeiten neigen.
Kinder bilden sich auch oft etwas ein, woran sie dann ungeachtet aller
Erwachsenen hartnäckig glauben. Die typische Frau im Horror ist meist
etwas beschränkt und hysterisch dargestellt, was mancher Verrücktheit
eine Ursache geben würde. Aber all diese rationalen Erklärungsversuche
verflüchtigen sich angesichts der eskalierenden Handlung. Und dann
ist doch alles wieder ganz anders und dann kommt immer noch ein Nachschlag.
Aber hier wird nichts verraten! Selber lesen!
Ein spannendes Buch, aber das sagte ich ja schon. Mit 250 Seiten nicht
zu dick, mit 7.80 DM nicht zu teuer, und John Saul scheint auch nicht zum
Zyklenschreiben zu neigen. Es gibt kaum große Blutlachen, von den
mit Vorliebe verwendeten Heugabeln mal abgesehen, also kein Buch für
Splatterfans, keine unnötig herumrennenden Ratten, nur lauter tote
Babies in einem Feld. Ein angenehmes Buch also.
Kann ich jedem nur empfehlen.
Na ja, vielleicht nicht gerade schwangeren Frauen...
SX 24
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