Lois McMaster Bujold: Der Prinz und der Söldner

Lois McMaster Bujold: Der Prinz und der Söldner
(Heyne 06/5109)


Da sich der Originaltitel (The Vor Game) nicht für eine deutsche Übersetzung eignete (jedenfalls nicht bei einem seriösen Verlag), wählte man einen reichlich nichtssagenden und unzutreffenden Ersatztitel. Weder ist Kaiser Gregor ein Prinz, noch ist Fähnrich Miles ein Söldner. Aber das ist ja auch nicht weiter wichtig. Der Klappentext ist allerdings so falsch wie fast immer. Beinahe gewöhnt man sich daran.
Langsam kommt nun so etwas wie Ordnung in den »Barrayar«-Zyklus. Die Erscheinungsweise der einzelnen Bücher, von denen das vorliegende den vierten Teil darstellt, war ja anfangs etwas durcheinander geraten. (Auch Schuld der Autorin, die ihre Bücher wohl nicht in der zeitlichen Reihenfolge der Handlung schrieb.) Was jetzt noch von ihr kommen mag, liegt dann tatsächlich zeitlich nach den bereits vollzogenen Ereignissen.
Miles Vorkosigan, der »Kadett« (H 06/5020), ist wieder der Held des Buches. Nachdem er in der Handlung zuvor seine körperlichen Schwächen besiegte und zeitweilig zum »Admiral« einer galaktischen Söldnerarmee wurde, nahm man ihn in seiner militaristischen Heimat Barrayar dann doch an der Militärakademie auf (sein Traum...). Nach Beendigung derselben wird er nun als Fähnrich auf einen ziemlich gottverlassenen Posten im Polarkreis geschickt, damit er sich bewähre. Das ist der Anfang des neuen Romans. Natürlich bekommt Miles alsbald Schwierigkeiten mit den Vorgesetzten - das war schon immer sein Problem. Als er durch eine Art Meuterei die Exekution von unschuldigen Soldaten durch den perversen Kommandanten verhindert, holt ihn der Sicherheitsdienst ab und schickt ihn statt ins Gefängnis auf eine Mission irgendwo im All.
Es dauert natürlich nicht lange, da gerät er in noch größere Schwierigkeiten. Er wird im Zuge dieser verhaftet und trifft im Knast draußen in der Galaxis seinen fast gleichaltrigen Kaiser aus der Heimat. So ein Zufall aber auch! Ich sag es ja immer wieder, das Universum ist ein Doprf. Kaiser Gregor ist von seinem unbequemen Amt getürmt und unerkannt ebenfalls im Gefängnis einer Raumstation oder so gelandet. Miles sieht sich plötzlich vor die Aufgabe gestellt, ihn zurückzubringen. Das Ganze wird noch durch die Anwesenheit seiner ehemaligen Söldner, die sich untereinander etwas in den Haaren liegen, und der drohenden Invasion durch eine weitere Macht verkompliziert. Am Ende gibt es eine schöne Raumschlacht und alles ist wieder gut. Miles läßt sogar eine Todfeindin entkommen, so daß spätere Fortsetzungen gesichert sind.
Alles prima für Liebhaber von Space Operas mit relativ geringem Anspruchsniveau. Der Roman ist routiniert geschrieben, gut übersetzt und bietet spannende Handlung. Aber man findet auch einige Kritikpunkte.
Zuerst wäre da der vordergründige Militarismus. Zivilisten scheint es im Barrayar-Universum kaum zu geben, alles spielt sich innerhalb von Armee, Geheimdienst und Söldnertruppe ab. Es geht im wesentlichen um das militärische Genie Miles Vorkosigan, der schon als Fähnrich eigentlich besser Admiral wäre. Die Konflike wirken außerdem ziemlich konstruiert. Irgendwelche Typen kommen und machen eine interstellare Invasion, bis sie dann zurückgeschlagen werden. Dann handeln die anderen Parteien schnell noch ein paar günstige Verträge aus und fertig. Wie gut, wenn man einen gemeinsamen Feind hat.
Zudem ist es inzwischen sehr deutlich, bei wem McMaster Bujold in die Lehre gegangen ist. Von der Handlungsführung bis zu den raumfahrttechnischen und militärischen Einzelheiten wird C.J. Cherryh gnadenlos kopiert. Der einzige Unterschied ist die Nutzung von Wurmlöchern zwecks Raumfahrt, aber das ist auch nur oberflächlich. Auch bei Cherryh gab es Sprungpunkte und diese Riesenraumstationen, die dann immer bevorzugte Ziele für Angriffe und andere politische Schachzüge sind. Am auffälligsten wird die Ähnlichkeit bei der Raumschlacht am Ende.
Der Umstand, daß der seit frühester Kindheit gegängelte Kaiser sich aus dem Staub macht, ist nicht ganz unwahrscheinlich. Daß er es sogar schafft, verwundert bei dem Sicherheitsaufwand, der um ihn getrieben wird. Was mir aber ganz und gar unglaubwürdig vorkam, war das Treffen im Gefängnis. Da sich Miles' Abenteuer um dieses Ereignis entwickelt, steht eigentlich alles auf wackligen Füßen. Man hätte sicher etwas finden können, was glaubhafter aussähe und zum selben Ergebnis führt.
Der Zyklus fing mit »Der Kadett« recht vielversprechend an. Leider zeigte sich mit jedem Buch, das dazu kam, daß es sich doch nur um Durchschnittsware handelt. Eine Space Opera eben, die bis auf Einzelheiten nichts Originelles zu bieten hat, deren Probleme sich in konstruierten politischen Intrigen und unverständlichen galaktischen Machtkämpfen erschöpfen. Die Figur des Miles ist inzwischen viel zu überlegen, um den Leser noch durch eine Besonderheit zu fesseln. Und interstellare Kriege sind auch ziemlich langweilig, besonders wenn man sie nur aus zweiter Hand bekommt, wie hier.

[The Vor Game, © Lois McMaster Bujold 1990, übersetzt von Michael Morgenthal 1994, 430 Seiten, DM 16,90]

SX 51


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