Margaret Ball: The Shadow Gate
Margaret Ball: The Shadow Gate
(Baen Books 1991, $ 4.95, 346 Seiten)
"Das Schattentor" handelt genau wie "Lost in Translation", das ich in
SX 71 besprach, und "No Earthly Sunne", welches ich erst noch lesen muß,
von Erdenmenschen, die auf die eine oder andere Weise auf eine andere Welt
geraten, wo es Elfen und Magie gibt. Sogar die Aufmachung der Bücher
ist ähnlich: auf jedem ist ein mit Jeans bekleidetes Mädel zu
sehen, das gerade einer Gestalt aus dem Fantasy-Reich gegenübersteht.
Inhaltlich unterscheiden sich die Bücher aber durchaus, und damit
sollen der Vergleiche genug sein. Margaret Ball wiederholt sich nicht,
auch wenn sie eine Grundidee mehrfach aufgreift. Ich lese gern Romane,
die auf dieser Idee aufbauen, wenn sie gut gemacht sind. Bisher wurde ich
von dieser Autorin nicht enttäuscht. Vielleicht wird man auch einmal
etwas von ihr auf dem deutschen Markt finden - ich wurde schon häufig
davon überrascht, daß scheinbar völlig unbekannte Amerikaner
ihren Weg in unsere Bücherregale fanden.
Die Story dieses Buches ist ziemlich verwickelt und komplex. Auf der
Elfenwelt schwindet die Macht der Elfen, gleichzeitig erstarkt ein Orden
bösartiger Mönche, die verdammt wie katholische Fanatiker wirken,
außerdem taucht die Wilde Jagd wieder auf, um Unheil zu sähen.
Die Ursache hat etwas mit gewissen Steinkreisen zu tun und einer Lady Sybille,
die vor etlichen Jahrhunderten verschwand. Ein junger Elfenfürst namens
Berengar unternimmt es nun, Sybille zurückzurufen, weil neuerdings
vermutet wird, sie könne sich auf der Erde aufhalten.
Auf der Erde wieder befindet sich in Texas ein obskures Institut für
Parapsychologie, das gerade in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Lisa,
eine Sekretärin scheinbar ohne Vergangenheit, wird auf magische Weise
in die andere Welt hinübergeholt. Hier glaubt man, sie sei Lady Sybille,
was sie abstreitet. Die Situation wird auch nicht gerade durchsichtiger,
als die Mönche ebenfalls versuchen, sie in ihre Gewalt zu bekommen.
Lisa flieht durch das Schattentor zurück ins Institut, wo wenig später
ihre Freundin Judith von den Mönchen als vermeintliche Lady Sybille
gekidnapt wird. Lisa und der Anwalt Nick folgen ihnen durch das Tor.
Auf der anderen Seite beginnt ein hektisches Hin und Her, Judith gelingt
mit Hilfe des Straßenjungen Giles die Flucht vor den Mönchen,
aber die und auch noch die Wilde Jagd hetzen ihr hinterher. Lisa und Nick
suchen sie, Berengar rettet sie... usw. Schließlich trifft man sich
in einem der Steinkreise, wo die echte Sybille versteinert herumsteht.
Das Buch hält etliche Überraschungen für den Leser bereit,
und es liest sich sehr spannend. Die Figuren sind außergewöhnlich
gut gezeichnet, keine Stereotype hier! Natürlich ist der junge Anwalt
Nick zunächst, was man von einem Anwalt erwartet. (Nicht, daß
er beim Morgengrauen wieder in seinem Sarg liegt, das meine ich nicht.)
Aber Lisa hat wirklich ein Geheimnis, wenn auch nicht das, was die Elfen
vermuten. Ebenso gut charakterisiert sind Berengar und Giles.
Die Story von der sterbenden magischen Welt, der irdische Menschen
helfen müssen, ist natürlich nicht neu, Margaret Ball versteht
es jedoch, ihr mit dem Roman soviel Neues abzugewinnen, daß man ihn
mit Interesse lesen kann. Außerdem merkt man, daß sie sich
in englischer Mythologie und Geschichte gut auskennt; als Catherine Lyndell
ist sie eine erfolgreiche Autorin historischer Romane.
Besonders gelungen fand ich, daß ihre Figuren nicht den Fehler
machen, krampfhaft jede Andeutung zu vermeiden, daß sie so etwas
wie einen Fantasy-Roman schon mal gelesen haben. Im Gegenteil, sie ziehen
häufig Vergleiche und schöpfen wohl sogar aus ihren Leseerfahrungen,
um in der fremden Welt zurechtzukommen. So würden sich natürlich
echte Personen unserer Welt verhalten. Also, liebe Fantasy-Leser, solltet
Ihr mal in die eine oder andere Parallelwelt geraten, keine Angst, Ihr
seid bestens gerüstet!
Der Schluß des Buches läßt durchaus eine Fortsetzung
zu. Was bedeutet, daß ich mir noch mindestens zwei weitere Bücher
von Margaret Ball beschaffen muß, um es genau zu wissen...
Na ja, ein Fehler kann das nicht sein.
SX 74
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