Margaret Weis & Tracy Hickman: Die Rose des Propheten - Das Buch der Götter

Margaret Weis & Tracy Hickman: Die Rose des Propheten - Das Buch der Götter
(Bastei Lübbe 20200)


Vor vier Jahren schrieb ich im SOLAR-X über das Autorengespann und meinte, sie wären in Deutschland (das schrieb ich damals natürlich nicht!) weitestgehend unbekannt. Womit ich recht hatte. Kurze Zeit später entdeckte der deutsche Markt nicht nur die Absatzmöglichkeiten der Anschlußzone, sondern auch Weis/Hickman. Der Goldmann-Verlag begann mit seiner unsäglich schlecht übersetzten Veröffentlichung des "Drachenlanze"-Zyklus' (auf den ich mich damals in meinem Artikel bezog), Bastei-Lübbe brachte die Saga vom Dunklen Schwert heraus, die ich noch nicht gelesen habe, da mir ein Buch fehlt. Margaret Weis hat nun bei Bastei außerdem begonnen, ihren SF-Zyklus "Die Sternenhüter" herauszubringen, dessen erster Band "Der letzte König" mir ganz gut gefallen hat.
Und nun also "Die Rose des Propheten" - das ist nämlich der Name des neuen Zyklus', was nicht unbedingt eindeutig aus der Aufmachung des Buches hervorgeht. Der erste Band heißt dann also "Das Buch der Götter", was schade ist, denn der Originaltitel "Der Wille des Wanderers" gefällt mir besser. Für März ist "Das Buch Quar" angekündigt. Und es mag mit den Büchern mit pseudobiblischen Titeln eine Weile weitergehen, wenn Weis & Hickman wie üblich verfahren. Apropos Aufmachung. Entgegen der etwas unbedarft wirkenden Zeichnung im BL-Katalog hat man doch noch ein anderes Titelbild gewählt, das ein Hans Hauptmann schuf. Sehr hübsch, wenn auch der Hintergrund hinter der hübschen jungen Dame etwas schlampig ausgeführt ist. Aber es hat sogar etwas (ein klein wenig) mit dem Inhalt zu tun.
Amerikanische Autoren leben vom Schreiben, und so darf es uns nicht verwundern, wenn sie die Dollarquelle "Zyklus" anbohren. Was die beiden Erfolgsmenschen Weis & Hickman in den wenigen Jahren seit ihren ersten "Drachenlanze"-Büchern aber auf den Markt werfen konnten, verwunderte mich schon etwas. Die beiden scheinen Romane zu schreiben wie andere Perry Rhodan Heftchen (die jene auch Roman nennen, na ja...). Da liegt die Befürchtung nahe, daß die Qualität darunter leidet. Massenware ist immer schlechter als Spezialanfertigungen.
Ist sie das? Ist es nicht eher eine Anmaßung, die wir SF-Fans übrigens seit eh und je bei der sogenannten Main Stream Literatur und der akademischen Literaturkritik beklagen, Massenware deshalb zu verurteilen, weil sie ist, wofür sie geschrieben wurde? Natürlich freut sich der (etwas anspruchsvollere) SF-Leser über ein wirklich bedeutendes Werk, selbstverständlich erlangen gerade wegen ihrer Spezialität gewisse Bücher Kultstatus. Aber machen wir uns nichts vor, der Durchschnittsleser von SF & F, will in allererster Linie unterhalten werden, ob das durch eine Space Opera ist oder durch eine romantisch-abenteuerliche Fantasy-Serie. Und derselbe Durchschnittsleser kauft diese Bücher, konsumiert sie. Wovon die Autoren letztlich leben.
Masse muß nicht notwendigerweise Mittelmäßigkeit bedeuten. Das haben schon einige Autoren bewiesen; einige andere aber auch das Gegenteil. Hervorstechendstes negatives Beispiel ist Douglas Adams, der offenbar einfach nicht aufhören konnte und am Ende nur noch ärgerlichen Mist schrieb. Das Team Weis & Hickman zog sich aus dem "Drachenlanze"-Zyklus schlauerweise nach den ersten Bänden zurück und überließ es anderen Autoren, mit mehr oder weniger Geschick ihr Werk fortzusetzen, von einigen späteren Comebacks mit Erzählungen mal abgesehen. Wie man an den diversen Veröffentlichungen sieht, arbeiten die beiden offenbar unter Hochdruck, sie erreichten einen enormen Ausstoß an gut verkäuflicher Fantasy und SF. Bei einer solchen Arbeitsweise, die man nur als Massenproduktion bezeichnen kann, ist es einfach unmöglich, in den Ergebnissen auch noch hohe literarische Qualität unterzubringen.
Auch wenn der Zyklus unter der Übersetzung gelitten hat, bin ich doch noch immer überzeugter "Drachenlanze"-Fan. Das Einstiegswerk von Weis und Hickman war tatsächlich gut. (Gut natürlich im Beurteilungsrahmen des Fantasy-Epos.) Es gab interessante Charaktere, aufregende Abenteuer und in sich geschlossene Handlungen. Wahrscheinlich nahmen sich die Autoren damals noch die Zeit dafür, gut zu sein.
Dann kam der Erfolg und das Schreiben wie am Fließband. Ein Abgleiten der Qualität ist wirklich zu bemerken, wenn es auch nicht so tief hinab geht, daß man sagen müßte, sie schrieben nun schlecht. Aber die Ideen sind schwächer, die Figuren blasser und die Handlung zusammenhangloser und langweiliger. Nochmals: nicht wirklich schlecht. Aber eben auch nicht mehr so gut.
Der neue Zyklus spielt auf irgendeiner imaginären Welt, die mich für meinen Geschmack aber ein paar Nummern zu sehr an die Erde erinnerte. Das Setting ist arabisch. Die Autoren haben nicht nur die unvermeidlichen romantischen Nomaden bzw. Beduinen aus diesem Kulturkreis übernommen, sondern auch Sprachelemente und andere charakteristische Bezeichnungen - nur um ein Beispiel zu nennen: "heiliger Krieg". Das ging mir doch ein wenig zu weit. Entweder wir haben richtige Erden-Araber oder wir haben Menschen einer fremden Welt, die von mir aus im Ganzen der Sahara ähneln kann, aber nicht derart in der Kultur! Die miteinander im Clinch liegenden Götter wirken da nur als Dreingabe.
Andererseits haben Weis & Hickman es erstaunlicherweise vermocht, in ihre Auseinandersetzung der Götter einige tiefgehende religionsphilosophische Gedanken zu verpacken. Deutlich spiegelt sich der scheinbare Widerspruch zwischen Christen und Moslems unserer Welt in der ihren wieder; aber auch der offensichtliche Widersinn einer solchen Auseinandersetzung, bei der jeder den anderen als Ungläubigen beschimpft und umbringt. Außerdem gehen die Autoren bei der Schilderung des Lebens der Nomaden kritisch auf deren Lebensweise ein, die eigentlich die heutiger Moslems ist. Die Stellung der Frau in der arabischen Gesellschaft wird ebenso in Frage gestellt wie die Ehrauffassung des Mannes. Eine große Ambition, der die beiden leider nicht immer voll gerecht werden. Zu vordergründig wirkt manches in Szene gesetzt.
Und etwas mißfiel mir außerordentlich. Das Buch hat keinen vernünftigen Schluß. Ich will Bastei Lübbe nicht unterstellen, wie Goldmann ein Buch einfach halbiert zu haben, um Geld damit zu machen, denn das wäre eine mögliche Erklärung. Trotzdem bleibt die Tatsache, daß der Roman völlig offen endet, ohne daß auch nur ein Handlungsstrang zu einem - zumindest vorübergehenden - Ende geführt wurde. Natürlich ist das ein Buch aus einem Zyklus, aber im "Drachenlanze"-Zyklus, um wieder diesen Vergleich zu strapazieren, ist es gerade die Eigenständigkeit jedes Buches, die einen der großen Vorzüge ausmacht.
Dennoch, wenn auch alles offen endet, kann man das Buch nicht verurteilen. Als das, was es sein soll, nämlich unterhaltende, nicht besonders anspruchsvolle Literatur, ist es gut gemacht. Eine Welt wird erst mal angedeutet, Gefahren heraufbeschworen, die noch lange nicht gelöst sind, und Personen angelegt, von denen sich jedoch noch keine so richtig als Held qualifizieren konnte. Für Sammler und Zyklenleser sicher ein günstiger Ausgangspunkt. Aber noch ein Aber: Kein Mensch liest Zyklen wie einen wöchentlich erscheinenden Fortsetzungscomic. Ehe das nächste Buch da ist, hat man schon vergessen, wie die letzte Folge schloß. Also werden sich die einen die Bücher gar nicht erst kaufen, die anderen sie zwar kaufen, aber erst mal nicht lesen, und die dritten werden in Jahresfrist mit der Jagd durch die Bücherkisten der Antiquare beginnen, um möglichst alles komplett und für den halben Preis zu bekommen.
Natürlich werde ich mir die Folgebände kaufen. Wo ich doch nun mal angefangen habe...

SX 37


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