Steve White: The Disinherited

Mehr Militär!
Steve White: The Disinherited
(Baen Books 1993, 266 Seiten, $ 4.99)

Steve White, uns schon bekannt als Co-Autor David Webers von "Insurrection" und "Crusade" (siehe SX 83), hat mit "Die Enterbten" bei Baen ein erstes Solo-Werk vorgelegt, das natürlich auch wieder zur militärischen SF zählt.
Irgendwann im nächsten Jahrhundert. Die Amerikaner und die Russen haben ein gemeinsames Weltraumprogramm, man plant hauptsächlich, den Mars zu terraformen, indem man einen Planetoiden auf ihn drauf fallen läßt. Die Machbarkeit dieser Methode sei dahingestellt, um das Projekt geht es ohnehin nicht. Leider hat sich in der Generation, die mit dem Projekt aufgewachsen ist, die politische Situation in den USA drastisch verändert. Eine neue "Partei der sozialen Gerechtigkeit" strebt zur Macht, und ihr Name ist genauso demagogisch wie ihre Methoden skrupellos sind. White prangert praktisch im Vorbeigehen Zustände in seiner Heimat an, die heute schon da sind und die er natürlich überspitzt darstellt. Von der verbreiteten Minimalbildung für die Massen, die bis zu weitgehendem Analphabetentum gehen kann, zieht er die Verbindung zu neuem Rassismus und Antisemitismus. Sein Amerika der Zukunft wird zunehmend von der faschistoiden neuen Partei dominiert, und es ist kein Wunder, daß die eine totale Abwendung vom Raumfahrtprogramm fordert - und sei es nur, um die noch regierende alte Ordnung weiter zu diskreditieren. Rußland auf der anderen Seite ist kulturell und politisch so von den Amerikanern abhängig geworden, daß man dort folgen wird.
Die Weltraum-Navy steht also kurz vor der Auflösung und Umerziehung in eigens vorbereiteten Lagern - Konzentrationslagern, wie es einer der jüdischen Protagonisten richtig nennt.
Doch bevor der Leser das alles erfährt, beginnt das Buch mit der unmittelbar bevorstehenden Invasion einer fremden Rasse in einem System einer anderen fremden Rasse. Letztere ist hochentwickelt, friedliebend und vollkommen humanoid! Eigentlich eine Unmöglichkeit, die eines der Rätsel des Buches darstellt. Die Gegner nähern sich aus den Tiefen des Alls und gehören zu einem Sternenreich, das die "Einheit" zwangsweise zu allen anderen Planeten tragen will. Obwohl diese Wesen nicht gerade tönen: "Widerstand ist zwecklos, ihr werdet alle assimiliert!" ist die Ähnlichkeit mit den Borg recht deutlich. Auch die Kreaturen dieses Buches sind zum großen Teil Cyborgs, wenn sie auch kein Kollektivbewußtsein haben (wie der Klappentext fälschlich behauptet).
Ein Wissenschaftler der bedrohten Welt flieht mit ein paar Raumschiffen und seinen neuesten, noch geheimen Kenntnissen zur eben entdeckten Erde... Von den seines Wissens mit dem Kriegshandwerk noch vertrauteren Menschen erwartet er Hilfe.
Der Kontakt mit den Leuten des Marsprojektes draußen zwischen den Planetoiden wird schnell hergestellt. Oberst DiFalco, der irdische Hauptheld, erfährt von der Bedrohung, die schließlich auch die Erde erreichen könnte. Obwohl man den unterwanderten Regierungen der Erde nicht trauen kann, beschließen die Terraner der Navy, ihre Schiffe von den Extraterrestriern aufrüsten zu lassen, um ihnen zu Hilfe zu eilen.
Das tut man auch, wobei es eine Menge Komplikationen zu überwinden gibt und die Sache viel länger dauert, als angenommen. Nebenbei rätseln beide Rassen herum, wie es möglich ist, daß die bedrohten Außerirdischen offenbar von den Terranern abstammen - ihre Geschichte beginnt etwa zur Zeit der Eiszeit. Andere Artefakte werden entdeckt, die auf eine weitere, unbekannte Rasse hindeuten, die dafür verantwortlich sein könnte.
Gemeinsam werden die Invasoren schließlich geschlagen, zumindest im gerade neu eroberten System. White läßt auch einen Handlungsstrang auf diesem Planeten spielen, um ein paar Beispiele für die emotionslose Grausamkeit der Okkupanten zu liefern. Und die der Kollaborateure - denn auch diese gibt es genug.
Als man schon glaubt, jetzt ist Schluß und es geht zurück zur Erde, geschieht etwas Unerwartetes. Die Orte, an denen man durch den Hyperraum schlüpfen kann, sind plötzlich durch ein kosmisches Phänomen verschoben worden. Die Terraner sind von ihrer Heimat abgeschnitten!
Dieser Umstand ist als einziges Ereignis etwas ungeschickt gemacht worden. Zu plötzlich und ohne rechten Zusammenhang zum sonstigen Geschehen kommt das. Nun hängen die Menschen also a lá Voyager fern von der Heimat in der galaktischen Gegend rum - was wird also in der Fortsetzung passieren? Denn die gibt es natürlich, das ist ja schon fast genretypisch.
Neben der eigentlichen Handlung ist an diesem Buch vor allem von Interesse, wie der Autor gegen Rassismus und Totalitarismus auftritt. Nicht nur die Terraner wenden sich nach ihrer Lossagung von der Erde von den eingebürgerten Vorstellungen ab, sondern auch ihre außerirdischen Gegenstücke müssen ähnliche Vorurteile überwinden.

SX 86

 

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