Mel Odom: F.R.E.E.Lancers

Mel Odom: F.R.E.E.Lancers
(TSR 1995, 311 Seiten, £ 4.99)


Wie man sehen kann, ist dies wieder einmal ein Buch des immer größer werdenden Programmes von TSR, eigentlich einer Spielefirma. Aber nach dem weltweiten Erfolg des inzwischen gigantischen Dragonlance-Zyklus' hat man hier immer mehr Romane herausgebracht, die mit Spielen manchmal gar nichts mehr zu tun haben. Das vorliegende Werk basiert allerdings auf dem "TOP SECRET/S.I..-Spielsystem", was immer das sein mag.
Über den amerikanischen Autor ist leider nur zu erfahren, daß er bereits vierzig SF-Thriller und Action-Abenteuer-Romane geschrieben hat. (Es wird Zeit, daß ich eine moderne Enzyklopädie der SF in die Hände bekomme, in der auch jüngere Autoren erfaßt sind. Hoffentlich.)
Der Roman erinnert nicht nur sehr an Shadowrun, er ist der entsprechenden Welt ganz einfach nachempfunden, ohne daß allzu viel geändert wurde. Die Magie und andere Fantasy-Elemente wurden allerdings völlig weggelassen. Die zukünftige Welt ist geprägt durch das Auftreten von Menschen mit Meta-Fähigkeiten. Darin erinnerte mich das Buch auch an die erst kürzlich deutsch veröffentlichten Wild Card Bände von George R.R. Martin. Wobei deren Autoren natürlich auch wieder vom älteren (?) Shadowrun beeinflußt scheinen. Die besonderen Fähigkeiten äußern sich auf ganz verschiedene Art und Weise, vor allem in einer übermenschlichen Steigerung von sonst normalen menschlichen Fähigkeiten. Außerdem ist das Buch geradezu gesättigt mit dem für Shadowrun üblichen Technik- und Waffenarsenal, wozu ich auch die eine oder andere Cyberware zähle. Und schließlich ist der wirtschaftspolitische Hintergrund ähnlich gestaltet. Japanische Konzerne, die Yakuza und so fort.
Fehlen nur noch die Shadowrunner bzw. deren Äquivalente. Die finden wir in der Truppe der F.R.E.E.Lancer, einem Unternehmen, das Söldner für die verschiedensten anrüchigen Aufgaben ausleiht. Die Söldner sind dabei allerdings alle Metabiles.
Erzählt wird nun in diesem Roman, wie ein metabiler Yakuza-Emporkömmling eine Raumstation kapert, sich bestimmte Forschungsergebnisse und den Forscher gleich mit aneignet und versucht, die Herrschaft über Detroit zu übernehmen. Ach ja, diese Stadt haben die Japaner nämlich gekauft. Auf eine komplizierte Weise werden die F.R.E.E.Lancer immer tiefer in dieses Komplott verstrickt, so daß sie sich schließlich genötigt sehen, aktiv einzugreifen und dem Bösewicht das Handwerk zu legen. Das geht alles sehr brutal und unglaublich rasant zu, aber man muß schon sehr konzentriert lesen, um mithalten zu können. Odom erzählt in recht kurzen, cyberpunkartigen Kapiteln mit immer wieder wechselnden Handlungsträgern eine zuerst scheinbar zusammenhanglose Story. Es fällt schwer, sich die Namen einzuprägen, zu denen auch noch Decknamen der Leute kommen. Nur wenige der Charaktere werden so tiefgründig beschrieben, daß man sie bald wiederzuerkennen beginnt. Da helfen auch die jedem Kapitel vorangestellten, ausführlichen Operationsdatierungen nicht viel.
Eingebettet in die schwer nachzuvollziehende, actionlastige Handlung, deren Inspirationsquellen doch ziemlich stark durchschimmern, sind dennoch einige gute Ideen. Vor allem bei den Metabilen konnte Odom seine Phantasie spielen lassen. Jeder hat eine andere Fähigkeit: z.B. einer, dessen Körper jegliches Transplantat annimmt und in kürzester Zeit verheilen läßt, eine andere, die alles brennbare Material aus der Entfernung zur Explosion bringen kann, geniale Computerfreaks, Leute, die sich fremde Persönlichkeiten ins Gehirn laden können und vieles mehr... Schon deshalb lohnt sich die Lektüre, wenn sich der Autor auch mit seiner Welt nicht viel Mühe gemacht hat.
Es gibt schon eine Fortsetzung, "F.R.E.E.Fall", aber ich glaube, daß ich erst mal andere Sachen lesen werde. Es war ein klein wenig zu anstrengend. Doch um nicht immer von meinem Geschmack auszugehen, für gewalttätige Cyberpunker ist das wohl genau das richtige Buch! 

SX 78

 

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