Mercedes Lackey & Holly Lisle: When The Bough Breaks
Wenn der Bogen bricht
Mercedes Lackey & Holly Lisle: When The Bough
Breaks
Ein Roman von der SERRAted Edge
(Baen Books 1993, 279 Seiten, $ 5.99)
Dieses Buch ist den Kindern gewidmet,
die durch die Hospitäler kamen, in denen ich arbeitete,
in verzweifelter Suche nach Hilfe, und den vielen, vielen,
genauso verzweifelten, die niemals so weit kamen.
Holly Lisle
Wie in SOLAR-X 62 angekündigt, stelle ich nun den letzten verbleibenden
Teil des bisher erschienenen Zyklus "SERRAted Edge" vor (siehe auch SX
55). Es ist nicht in der Reihenfolge der letzte, aber die ist ohnehin nicht
besonders wichtig. Freilich bezog man sich in "Chrome Circle" auf die Ereignisse
dieses Romans, aber eigentlich steht jedes Buch inhaltlich für sich.
Da ich im letzten Heft auf den Hintergrund der Serie bereits eingegangen
bin, hier nur ein kurzer Einblick in Inhalt und Problem.
Der elfische Rennfahrer Mac Lyn bemerkt während eines gefährlichen
Zwischenfalls an der Rennstrecke bei einem Kind einer zuschauenden Schulklasse
ein außergewöhnlich hohes PSI-Talent. Doch auch eine Agentin
einer diffus bleibenden Organisation mißt mit einem Gerät die
PSI-Ausstrahlung, hält aber irrtümlich Mac für die Quelle.
Sie hat den Auftrag, für jene Organisation solche Talente aufzuspüren
und einzufangen. Sie versucht ihn nun zu umgarnen, später zu entführen
und dann, als das alles nicht klappt, ihn umzubringen. Die Dame ist wirklich
etwas abgehoben.
Während Mac sozusagen linkshändig die aufdringliche Frau
abwehrt, stellt sich heraus, daß das Kind, Amanda, recht eigenartig
ist. Grund dafür ist seine gespaltene Persönlichkeit. Diese zog
sich Amanda zu, als ihr psychotischer Vater sie mißbrauchte und mißhandelte.
Außerdem hat sich in ihrem Geist noch die Seele (?) einer keltischen
Hexe eingenistet, die ihr zu helfen scheint. Wie immer versuchen die Elfen
einzugreifen, unterstützt von Macs Freundin, die eine Lehrerin der
Kleinen ist. Das PSI-begabte Mädchen lernt allerdings nur durch die
Beobachtung Magie von Mac und wird unbewußt zur tödlichen Gefahr
für alle Elfen.
Mac weiß nicht, was er zuerst tun soll: dem Mädchen helfen
oder das Elfenheim vor den von Amanda erschaffenen Monstern verteidigen?
Oder seine entführte Freundin retten? Denn die Agentin ist nicht untätig
geblieben. Sie treibt jetzt nur noch der reine Haß an, ob sie Mac
oder das Mädchen für ihren Boß bekommt, ist ihr fast gleichgültig.
Diese "bösen" Menschen sind eine Schwachstelle des Romans. Obwohl
ihre Handlungen wesentlich zur Spannung beitragen, wird nur unzureichend
geklärt, wer sie sind und was sie mit den PSI-Talenten anfangen, die
sie einsammeln. Nichts Gutes, darf man annehmen. Und ihre rücksichtslose
Brutalität erschien mir an mancher Stelle doch etwas übertrieben.
Das zentrale Problem ist hier wieder die Mißhandlung von Kindern
bis hin zum sexuellen Mißbrauch durch die Eltern. Wie schon in den
anderen Romanen des Zyklus' nehmen die Autoren kein Blatt vor den Mund
und schockieren den Leser stellenweise regelrecht. Als die etwas naive
Lehrerin Verdacht schöpft und die Sozialfürsorge anruft, fragt
man sie zuerst, ob sie meine, daß unmittelbar Gefahr für Leib
und Leben des Kindes bestehe. Der Grund ist, der Mann am anderen Ende der
Leitung hat ein Dutzend dringendere Fälle zu lösen, wo die Kinder
am nächsten Tag tot sein können, wenn er nicht sofort handelt.
Voller Entsetzen macht sich die Lehrerin in Büchern kundig und läßt
so den Leser einiges von dem erfahren, worüber man sonst nicht spricht.
Die Elfen können am Ende helfen, aber nur knapp. Sie müssen
hohe Verluste durch die (symbolträchtigen) Monster hinnehmen.
Wieder merken die Autoren am Schluß an, wie Kinder in realen
Situationen, ähnlich der geschilderten, Hilfe finden können.
Das Team "High Flight" (Lackey, Dixon, Lisle und Shepherd) hat in seine
SERRAted-Edge-Bücher nicht nur hohes handwerkliches Können gesteckt,
sondern auch ein Großteil Ambition. Die Romane fesseln durch eine
spannende Handlung und Action, aber sie klären auch über Dinge
auf, die traurigerweise nur zu real sind, ohne in irgendeiner Weise didaktisch
zu wirken. Weil mich vor allem diese deutliche Botschaft beeindruckte,
habe ich die Bücher hier so ausführlich vorgestellt, auch wenn
nur wenig Hoffnung besteht, daß sie ein breiteres Publikum in diesem
Lande lesen kann.
SX 63
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