Michael Crichton: Dinopark

Michael Crichton: Dinopark
(Droemersche Verlagsanst., 1991)


Auf einem unserer Clubabende stellten wir uns eher beiläufig die Frage, was es denn nun mit dem Buch "Dinopark" auf sich habe, das zwar schon eine Weile erschienen war, aber noch keiner von uns gelesen hatte. Es ist nämlich erst als Hardcover erhältlich, und nur in Buchclubs zu haben. Schließlich kaufte ich es, um das Rätsel zu lösen.
Michael J. Crichton ist als SF-Autor bei uns noch nicht besonders bekannt, sollte man glauben. Wenn man aber Filmtitel hört wie "Andromeda - tödlicher Staub aus dem All", "Westworld" oder "Futureworld", dann weiß jeder Bescheid. Crichton ist der Autor dieser Filme und zum Teil auch Regisseur.
Crichton hat einen wissenschaftlichen Hintergrund, wenn er auch jetzt hauptberuflich als Schriftsteller und Regisseur arbeitet. Er studierte Anthropologie und ist Doktor der Medizin, was zumindest "Dinopark" anzumerken ist.
Wenn man "Westworld" und "Futureworld" kennt und den Titel "Dinopark" hört, kann man sich denken, um was es im Buch geht. Ein Freizeitpark - diesmal mit Dinosauriern - der wie üblich außer Kontrolle gerät. Nur sind es diesmal keine Roboter, sondern echte, durch aufwendige gentechnische Forschungen geklonte Dinosaurier. Ein Privatunternehmer hat es begonnen, mit japanischer Unterstützung auf einer Insel bei Costa Rica den weltbesten Freizeitpark einzurichten, nachdem seine Wissenschaftler einen Weg gefunden haben, die Saurier zu produzieren. Der Roman setzt ein, als eine Reihe von Wissenschaftlern, darunter der Paläontologe Grant, eine der Hauptfiguren, ein Mathematiker, der sich mit der Chaostheorie beschäftigt, und einige andere, sowie die beiden Enkelkinder des Unternehmers Hammond auf die Insel eingeladen werden, um die Wirkung auf Besucher sowie die Sicherheit zu beurteilen.
Vorher weiß der Leser allerdings schon, daß es mit letzterer nicht weit her sein kann, denn mindestens ein Arbeiter wurde von einem Raubsaurier bereits getötet und auf dem Festland tauchen merkwürdige kleine Saurier auf, die u.a. Säuglinge fressen.
Jedenfalls kommt es, wie es kommen muß. Während der Besichtigungstour fallen kritische Fakten zusammen: ein Gewitter, Stromausfall, noch nicht behobene Computerprobleme und sogar ein Industriespion bewirken in einer Verkettung von Umständen, daß die Sicherheitsanlagen ausfallen und eine Reihe der gefährlichsten Saurier - so ein Tyrannosaurus - ausbrechen. Es gibt Tote. Aber das ist nicht das Hauptproblem. Einige der gefährlichsten Tiere sind schon als blinde Passagiere mit dem Versorgungsschiff zum Festland unterwegs, und die einzigen, die das wissen, irren zu Fuß auf der Insel umher. Und dann ist da noch der Irrtum der Genetiker, die beabsichtigt hatten, die Saurier nicht fortpflanzungsfähig zu machen. Natürlich hat das nicht wirklich geklappt, denn sie beachteten eben nicht alles. Die Monster haben sich insgeheim schon vermehrt.
Eine Situation, die Crichton geschickt als Ausgangspunkt für eine sehr spannende Handlung zu nutzen versteht. Ob es darum geht, ob und wie Grant und die beiden Kinder Tim und Lex zum Hauptgebäude durchkommen, oder um die Anschaltung des ausgefallenen Generators, der die Hochspannungszäune versorgt, oder um die Benachrichtigung des Schiffes, Spannung ist immer gegeben.
Der Autor kann den Wissenschaftler allerdings nicht verleugnen, und das macht den Roman ein wenig eigenartig. Nicht nur, daß er im Stile der guten alten hard core SF eine Reihe wissenschaftlicher Theorien oder Erklärungen im Text anbringt, von der Gentechnik bis zur Chaostheorie, die wirklich gut erläutert wird, sondern im Text sind DNS-Sequenzen, Diagramme und Ausschnitte aus Computerprogrammen eingeflochten, die der Leser staunend betrachtet. Es ist natürlich ein cleverer Zug von Crichton. Immer wenn es um ein Computerproblem geht (der Junge Tim muß z.B. auf sich gestellt den Hauptcomputer wieder aktivieren), kann eine Folge von Bildschirmdarstellungen eingebaut werden, was umständliche oder unverständliche Erklärungen spart.
Die Figuren sind meiner Ansicht nach schon etwas zu sehr auf Film ausgelegt, um ganz überzeugend zu wirken. Sie haben ja auch nur die Funktion, die Handlung voranzubringen. Für ihre Probleme interessiert sich der Autor weniger, es geht um die Ereignisse, die mit ihnen stattfinden. Da ist Hammond, der Unternehmer; wohl auch ein Träumer, der im Park seinen Lebenszweck verwirklicht sieht - neben den ungeheuren Gewinnchancen, die er bietet. Hammond ist über 70 und anscheinend ein wenig senil, um nicht zu sagen, verrückt. Er ignoriert die Probleme seines Parks, will sie nicht mehr wahrhaben und wird zunehmend unerträglicher. Er wird im letzten Teil des Buches immer in der Diskussion mit dem Mathematiker dargestellt, der die Katastrophe mit seiner Chaostheorie voraussagte und gegen die Art Park ist, die Hammond will. Der Unternehmer und Geldgeber ist sicher etwas einseitig dargestellt, deutlich die negative Figur für eine filmische Umsetzung. Natürlich stirbt er als der letzte in einer Reihe von Opfern.
Die positive Rolle hat Grant, der Experte, welcher die beiden Kinder rettet, welche die rührselige Rolle haben. Der gute amerikanische Junge Tim, der auch noch Computerfreak und Dinosaurierfan ist, fehlt natürlich nicht. Nur das jüngere Mädchen Lex fällt etwas aus der Klischeerolle. Sie ist einfach eine blöde, verzogene Göre, die immer im falschen Moment hustet, heult und Hunger schreit, und damit sowohl den restlichen Protagonisten als auch dem Leser auf den Geist geht. Eigentlich die Rolle der dramatisch sterbenden Person; sie kommt aber durch.
Diese etwas schematische Besetzung tut dem Buch aber meiner Meinung nach keinen Abbruch, wenn man es auch nicht gerade unter Weltliteratur einordnen kann. Die wissenschaftlichen Erläuterungen kann man überlesen, obwohl sie nicht unwichtig sind, wenn man nur an der Action interessiert ist. Davon gibt es genügend.
Zweifellos wird das Buch bald auch irgendwo als TB erhältlich sein. Für Fans von Dinosauriern, die außerdem noch an wissenschaftsethischen Fragen interessiert sind und Spannung mögen, ist es eine Empfehlung wert. Als Kinderbuch eignet es sich allerdings weniger. Manche Szenen sind doch ein wenig aus der Splatter-Horrorkiste gekramt. 

SX 36

 

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