Michael Moorcock: Die Rache der Rose
Michael
Moorcock: Die Rache der Rose
(Heyne 06/5190)
Auch Moorcock kann es offenbar nicht lassen: Nach den sechs Elric-Romanen,
die scheinbar mit dem Ende der Zeit und dem Untergang von allem schlossen,
schob er zunächst "Die Festung der Perle" nach - ein wirklich gutes
Buch übrigens - und nun folgte der achte Roman des Zyklus, der unberechenbar
auszuufern droht. Da sich Elric nach der Zerstörung seiner Heimat
(durch ihn selbst) auf die Wanderschaft begeben hat, gibt es sicher noch
viel zu erzählen.
Was nicht unbedingt heißen muß, daß die Geschichte
weiterhin spannend bleibt. Wer Moorcock kennt, weiß, daß nicht
nur seine Elric-Saga zusammenhängt, sondern praktisch alles, was er
je geschrieben hat. Überall sind Anspielungen versteckt, und es kann
schon mal vorkommen, daß der Held des einen Buches als Nebenfigur
in einem anderen auftaucht - und das auf einer völlig fremdem Welt!
Im vorliegenden Roman geschieht das z.B. mit einem englischen Dichter namens
Wheldrake, den man wohl kennen muß, um zu verstehen, was der Gag
daran ist. Auch andere Personen reisen auf eine nie geklärte Weise
durch dieses Multiversum.
Ich muß sagen, anfangs hat mir diese Verflechtung noch Spaß
gemacht. Aber als ich dann den Stapel immer fetterer Bände sah, den
ich würde lesen müssen, um (vielleicht) den Zusammenhang zu begreifen,
habe ich es sehr schnell sein gelassen. Wenn die Bücher wenigstens
genug an Spannung hergäben, um einen über diese Unzahl von Seiten
zu fesseln! Aber das tun sie nur selten. Der ewige Krieg zwischen Ordnung
und Chaos, der ewige Held . alles ewig und gewaltig und mächtig nervend.
Die Kleinode überraschender Details und Formulierungen gehen dabei
leider unter.
"Die Festung der Perle" erreicht der vorliegende Roman in keiner Weise.
Sein erstes Drittel ist langweilig und voller übertrieben pathetischer,
ja schwülstiger Formulierungen, voll leeren Wortgeklingels. Das kann
nicht nur an der Übersetzung liegen. Wieder wird über die Probleme
des ach so armen Helden Elric meditiert, die der Leser früherer Bücher
nun schon auswendig kann. Es ist nicht Handlung, die sie ins Gedächtnis
ruft, sondern bloße Reflexion. Das Elric nun zum Handeln bewegende
Problem scheint recht an den Haaren herbeigezogen: Die Seele seines Vaters
erscheint ihm und droht, mit ihm zu verschmelzen, wenn er nicht ein gewisses
Kästchen beschafft, das irgendwo da draußen im Multiversum herumschwirrt.
Um den Alten zu treffen, wird Elric mit einem Drachen schnell mal ein paar
Jahrtausende in die Vergangenheit versetzt, wo sich Papa versteckt. Abgesehen
davon, daß hier erstmals im ganzen Zyklus Elric wirklich mit einem
Drachen umgeht - er ist schließlich ein Drachenlord oder so etwas
gewesen, was aber nie eine große Rolle spielte - ähnelt das
doch sehr den Drachen von Pern, die auch in Raum und Zeit springen können.
Elric trifft außer dem erwähnten englischen Dichter noch
"die Rose", nicht etwa nur Rose, sondern die Rose. Die Dame hat eine Rache
zu erfüllen, wie der Titel des Buches so schön verrät. Und
natürlich ist am Ende wieder alles mit allem verknüpft und in
einer so unglaublichen Komplexität manipuliert worden, daß man
nur noch gähnen kann. Das glaube ich nicht einmal einem Fantasy-Buch.
Ein weiterer Punkt war, daß man der Reise des Helden kaum gedanklich
folgen kann, so chaotisch vollzieht sie sich. Mal ist er in dieser, mal
in jener Welt, wo genau, weiß er selbst bald nicht mehr. Moorcock
bemüht sich nicht einmal, zu erklären, wie diese Versetzungen
zustande kommen - da spielen halt Dämonen oder Götter oder wer
auch immer am Gefüge von Allem herum und fertig.
Die Abenteuer, welche Elric auf seiner neuerlichen Queste zu bestehen
hat, sich zwar recht innovativ erdacht, aber sie dienen letztlich nur dazu,
ihn zu behindern, oder darzustellen, wie böse doch die Bösen
sind.
Das Runenschwert, eine der interessanteren Facetten der Elric-Romane,
wird natürlich auch mit Seelen gefüttert, aber nicht ganz so
exzessiv wie in den ersten Bänden, glaube ich. Was es nun eigentlich
darstellt, wird aber auch in diesem Buch nicht geklärt.
Mag sein, daß Moorcock seinen Lesern in jener verklausulierten
Weise etwas Gewichtiges mitteilen will - aber dann habe ich es nicht verstanden.
Die Philosophien, über die sich seine Protagonisten stellenweise ergehen,
scheinen mir aus dem vorigen Jahrhundert zu stammen. Kant und Hegel mögen
sich vielleicht derart geschraubte Gedanken gemacht haben, wer weiß?
Doch was soll das in einem Fantasy-Roman?
Ich bin ehrlich enttäuscht von dem Buch. Nicht einmal Elric-Fans
kann ich es empfehlen, denn sie werden nichts wesentlich Neues über
den traurigen Albinoprinzen erfahren.
[The Revenge of the Rose, © Michael Moorcock 1991, übersetzt
von Heiko Langhans 1995, 334 Seiten, DM 14.90]
SX 62
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