Paul Cook: Der Rand des Mandala
Paul
Cook: Der Rand des Mandala
(Heyne 4792)
Was ist ein(e) Mandala? Offenbar habe ich bei mir eine
Bildungslücke entdeckt. Leider ist diese nach der Lektüre des
Buches von Paul Cook (Tintagel, 1981) auch nicht geschlossen. Ich kann
nur mutmaßen, daß ein(e) Mandala ein speichenradartiges Etwas
ist, jedenfalls spielen diese Speichen eine Rolle im Roman. Der Autor wie
auch der Übersetzer H. Pukallus scheinen vorauszusetzen, daß
man sich unter "mandalaförmig" etwas vorstellen kann.
Im Buch ist das Mandala das Handlungsgebiet. Der Teil
der Menschheit, um den es geht, hat die Erde und das Sonnensystem verlassen,
um in der Sternregion des Mandala zu leben. Nur in den Speichen dieses
offenbar künstlichen kosmischen Gebildes ist der überlichtschnelle
Transport (das Spindeln) möglich, und nur Sterne, die sich in den
Speichen befinden, sind so erreichbar. Astronomisch gesehen ist die Konstruktion
äußerst schwachsinnig, einmal abgesehen vom überlichtschnellen
Flug. Die Sonne hat sich kurz durch eine Speiche bewegt, was die Emigration
der Menschen (der Rest ist wohl untergegangen, man trauert ihm nicht groß
nach) ermöglichte. Fragwürdig ist sofort, warum bewegte sich
das Sonnensystem in relativ kurzer Zeit durch das Gebiet, während
man sich um das Abwandern anderer Mandalasterne keine Sorgen macht? Außerdem
ist eine derartige (zufällige!) Häufung von bewohnbaren Welten
extrem unwahrscheinlich; und bei der Bewegung der Struktur durch das All
müßte diese Konzentration überall herrschen! Nicht einmal
bloße Sterne stehen im Milchstraßensystem so dicht.*
Doch die beschriebenen schweren Mängel beziehen
sich wirklich nur auf die astronomische Seite des Werkes. Vielleicht fiel
Cook nichts anderes ein, um den von ihm benötigten Hintergrund zu
schaffen, und er machte sich nicht viele Gedanken um Stimmigkeit und Logik.
Die Handlung des Buches entschädigt dafür,
wenn es der Durchschnittsleser überhaupt merkt, daß da etwas
nicht stimmt. Der Roman ist ein Space-Crime-Action-Thriller. Die Handlung
ist im wesentlichen auf rasante Gefahrensituationen ausgelegt, deren Hintergrund
eine Art detektivische Suche nach den Ursachen bildet.
Der Held Lou Colleran ist ein nicht alternder Sicherheitsbeamter
der Mandala-Regierung, der 413 Jahre alt ist und dessen Funktion als Regulator
ihn mit einer ultimaten Waffe ausstattet. Durch sein Alter bedingt hat
er zwar ständig Halluzinationen und Wachträume, ist aber sonst
der typische Polizist.
Er wird mit der Situation konfrontiert, daß
gewisse häßliche Monster auftauchen, die mit Vorliebe Raumkreuzer
in Stücke reißen und halbe Planeten verwüsten. Fortan macht
er Jagd auf sie und ihre Hintermänner (Hersteller), kann aber die
Katastrophen meist nicht verhindern (sonst wäre ja auch nicht viel
los). Die eigentliche Aufklärungsarbeit ist spannend beschrieben,
wenn auch die Handlung gelegentlich an Unlogik krankt und der Held sich
für meinen Geschmack zu viel um Nebensächlichkeiten kümmert.
Auch tritt das Problem einer Reihe ähnlicher Werke auf, daß
sich der Leser aus den Tatsachen, die dem Helden ebenso bekannt sind, viel
eher zusammenreimt, worauf es ankommt, als der Held selbst. Das macht ungeduldig.
Nach einer ganzen Reihe dramatischer Szenen, die
in schneller Folge alle möglichen gigantomanischen Varianten der Monster
auftreten lassen, endet der Roman allerdings mit einem Ende, das dermaßen
blöd ist, daß es weh tat. Der schuldige Erzbösewicht stirbt
quasi im Vorbeigehen, was im Nachhinein erzählt wird, der Held wird
von ihm vorher aber noch in ein Monster transformiert, worüber er
dann gar nicht böse ist, kann er sich doch jetzt, in der Atmosphäre
eines jupiterartigen Planeten schwebend, seinen Träumen und Halluzinationen
hingeben. Das ewige Leben als Mensch hat ihm wohl gereicht. Auch die Transformation
selbst, die auf gentechnischem Weg erfolgt, offenbart die wissenschaftliche
Achtlosigkeit Cooks, die er mit allen teilt, die glauben, ein und dasselbe
Lebewesen könne mutieren. Das ist bekanntlich ein mit der Vererbung
verbundener Vorgang, für den mindestens ein Generationswechsel nötig
ist.
"Der Rand des Mandala" ist trotz der Mängel
für all jene lesenswert, denen der Sinn nach aktionsgeladener, spannender
Handlung steht. Ich würde es eine space opera nennen.
*Wie einem das Studium doch den Spaß an der Literatur verderben kann!
SX 19
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