Paul J. McAuley: Ewiges Licht
Paul J. McAuley: Ewiges Licht
(Heyne 06/5308)
Der Empfehlung des Verlages folgend, las ich den dritten Teil nach dem
ersten. Vermutlich war man aber selbst bei der Herausgabe der Bücher
etwas verwirrt, denn als Originaltitel ist "Secret Harmonies" angegeben,
was ja der zweite Band ist. Das könnte man ja noch durchaus verschmerzen,
aber nicht die miese Qualität der Übersetzung.
Ich kritisiere das vielleicht zu oft, aber bei diesem Buch machte es
mich mal wieder richtig ärgerlich. Herr Petri unterliefen noch viel
mehr Fehler bei astrophysikalischen Fachausdrücken wie seinem Vorgänger
im ersten Band. Bei manchen hätte ein kurzer Blick in ein astronomisches
Wörterbuch gereicht. Aber auch Namen von handelnden Personen wurden
dauernd durcheinandergebracht, wörtliche Rede tauchte an Stellen auf,
wo gar nicht gesprochen wurde, usw. Bei vielen Sätzen mußte
ich wirklich grübeln, was hier eigentlich gemeint sein könnte.
Dabei ist der Text selbst alles andere als leicht zu verstehen. Ich fürchte,
ein Drittel wird der Durchschnittsleser überfliegen müssen, um
nicht hoffnungslos steckenzubleiben. McAuley übertreibt hier die Pseudowissenschaftlichkeit
sehr. Lange Diskussionen über fragwürdige kosmologische Theorien
werden - sogar mit Formeln! - wiedergegeben, bei denen man davon ausgehen
muß, daß sie zum großen Teil Phantasievorstellungen sind.
Andererseits hat die Darstellung der wissenschaftlichen Probleme wie
auch der Situation beim Schwarzen Loch im Zentrum der Galaxis eine gewisse
Überzeugungskraft, wie alles, was man sich ohne reale Beobachtungen
einfach nur vorstellen kann.
Die Handlung schließt nach einigen Jahren an die Erlebnisse Dorthy
Yoshidas an, die in der Zwischenzeit von der Navy wegen ihres Wissens gefangengehalten
wurde. Ein "Goldener" namens Talbeck, ein praktisch unsterblicher, sehr
reicher Mensch, befreit und entführt sie für seine Zwecke. Man
hat nämlich entdeckt, daß sich aus dem Zentrum der Milchstraße
ein überschneller Stern dem Sonnensystem nähert, der es in einigen
tausend Jahren zerstören wird. Der Gedanke liegt nahe, daß der
FEIND seine Finger im Spiel hat. Dorthy, die scheinbar alles über
diese Aliens weiß, und einige andere brechen mit dem Goldenen auf,
um zu dem schnellen Stern zu gelangen.
Im Bewußtsein von Dorthy befindet sich immer noch ein Alien aus
dem ersten Teil, und keiner weiß, worauf es da wartet.
Bei dem Stern angekommen, findet man einen kleinen Himmelskörper
voller Löcher. Wurmlöcher, wie sich herausstellt. Weiter geht
die Reise durch diese Löcher ins Zentrum der Galaxis, wo der FEIND
sein soll. Statt ihm begegnen einige Protagonisten den "Engeln", die auch
daran interessiert sind, das Vordringen der aggressiven Aliens zu beenden.
Nun, dann gibt es noch Meutereien, Gefangennahmen und Folterungen, Flucht
und esoterische Erfahrungen. Alles in allem ist es sehr kompliziert.
Das Raumschiff wurde von einer religiösen Sekte, den Zeugen, übernommen,
die nun wirklich absolut widerlich geschildert sind. Dogmatisch bis zur
Ketzerverfolgung, skrupellos und absolut verrückt. Es machte mir keinen
besonderen Spaß, diese Teile zu lesen. Die Protagonisten stehen der
Zeugen meist völlig hilflos gegenüber und werden von ihnen überrollt.
Das religiöse Element schien mir ohnehin schlecht zum Rest zu passen.
Die Sekte schon, aber immer wenn der Autor unabhängig davon anfängt,
christliche Heilslehre ins Spiel zu bringen, wird es dumm. Wieso soll z.B.
die "Wiege der Schöpfung" im Zentrum gerade unserer Galaxis sein?
Überhaupt ist der ganze Schöpfungsquatsch so unpassend, wie es
nur geht, wenn man sich über Astrophysik unterhält. Auch an anderen
Stellen verheddert sich McAuley in seinem christlichen Anthropozentrismus.
Ich glaube nicht, daß das ein literarisches Mittel sein sollte.
Nach einem ziemlichen Durcheinander in der Handlung steigert sich diese
dann noch zu einem brutalen Showdown. Dorthy, die das ganze Buch über
von jedem wegen ihres telepathischen Talents nur als Besitz und Trumpf
angesehen wurde, erhält vom Autor die Möglichkeit, blutigste
Rache zu nehmen. Dabei ist es nicht eigentlich die menschliche Frau, sondern
das Alien in ihrem Bewußtsein, das diese Rache ausführt. Ich
will nur erwähnen, daß sie im freien All reihenweise Gegner
tötet und deren Gehirne als Trophäe herausreißt!
Später setzt der Autor zur Abschwächung noch einen gegenteiligen
Akzent, indem er Dorthy als Mutter zeigt. Das eigenartige Baby hat er wohl
von Frank Herbert importiert - die Kleine erinnert stark an Alia von den
Messern.
Die beiden Romane sind also recht schwierig für den Leser zu verdauen,
aber durchaus nicht ohne Spannung und Unterhaltungswert. Vielleicht gibt
es ja auch hard core SF-Fans, die einen solchen Grad an wissenschaftlichem
Brimborium mögen. Ich dagegen glaube nicht, daß ich mir den
für nächstes Jahr angekündigten Erzählungsband, in
dem es um die Goldenen gehen soll, auch noch antun werde.
Eternal Light, (c) by Paul J. McAuley 1991, übersetzt von Winfried Petri 1995, 591 Seiten, DM 16.90
SX 71
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