Paul J. McAuley: Verborgene Harmonien
Paul J. McAuley: Verborgene Harmonien
(Heyne 06/5307)
Warum man das Buch als den zweiten Roman des "Alien"-Zyklusses bezeichnet,
ist mir genauso schleierhaft geblieben wie der Sinn seines Titels. Nun
gut, es handelt irgendwie schon in der Welt, die auch für die beiden
Romane "Vierhundert Milliarden Sterne" und "Ewiges Licht" den Hintergrund
bildet. Aber das merkt man wirklich nur, wenn man genau aufpaßt,
an einigen Details. Inhaltlich hat das vorliegende Buch mit den anderen
nichts zu tun. Man kann es also getrost als Einzelwerk lesen.
Das ändert jedoch nichts daran, daß es wieder überwiegend
sehr spannend ist.
Der Roman spielt auf dem von Menschen besiedelten Planeten Elysium.
Eine große Stadt, Port of Plenty, bzw. die dort sitzende Regierung,
übt die Macht aus und diktiert allen Bewohnern, wie sie zu leben haben.
Das läuft vor allem darauf hinaus, daß es verboten ist, einfach
irgendwo zu siedeln. Es ist auch verboten, sich frei in der unberührten
Natur zu bewegen. Nur wenige kleinere Siedlungen existieren, streng von
der Stadt überwacht. Scheinbar dient das alles dem Schutz der Ökologie,
nicht zuletzt auch dem der Aborigines. Ja, auch die gibt es - recht primitiv
und undurchschaubar, aber zweifellos irgendwie intelligent.
In Wirklichkeit steckt hinter dem rigiden System natürlich nur
das bloße Machtstreben einiger Herrschender. Eine besondere Note
hat der Autor diesem alten Plot dann doch noch verliehen, indem er ihn
mit einem anderen alten Plot mischte: Der Zentralcomputer der Stadt, Constat
genannt, ist einer von den nach der Macht greifenden Intriganten. Vor allem
gegen Ende des Buches tauchen daher etliche Elemente des Cyberspaces auf.
Es kommt, wie es kommen muß. Als das planmäßige Kolonistenschiff
von der Erde aus unbekannten Gründen ausbleibt, bricht die Ordnung
langsam, aber sicher zusammen. Schließlich bricht der offene Krieg
zwischen den Städtern oder vielmehr der Polizei der Regierung einerseits
und den Siedlern und anderen Rebellen andererseits aus. Der Computer manipuliert
und mischt im Hintergrund kräftig mit, um selbst die Macht zu übernehmen.
Er hat sogar die Möglichkeit, das Bewußtsein von Menschen zu
zerstören und sie zu versklaven! So eine Art Computervirus, der auf
Menschen übergeht.
Abgesehen von der Spannung, die aus dem eskalierenden Konflikt resultiert,
erschien mir der ganze Krieg ziemlich sinnlos. Es leuchtete mir überhaupt
nicht ein, warum das Ausbleiben des Schiffes zum plötzlichen Aufstand
führte und worum es bei der Revolte eigentlich ging. Aber andererseits
war die Rebellion unvermeidlich, nachdem an Einzelschicksalen das üble
Unterdrückungssystem geschildert worden war. Es brauchte wohl nur
noch einen Auslöser, beinahe egal, was. Und sinnvoll sind Kriege ja
wohl nie. Wenn es McAuleys Absicht war, dies zu vermitteln, hat er es geschafft.
Ich werde hier nicht darüber rätseln, was für heutige
Parallelen der Autor vielleicht im Sinn gehabt haben könnte, als er
das Buch um 1989 schrieb. Möglicherweise gar keine konkreten, denn
repressive Systeme aller Art gab und gibt es genügend, um Vergleiche
anzustellen.
Die Handlung des Buches wird von mehreren Hauptpersonen getragen, es
schält sich erst sehr spät ein Zusammenhang zwischen allen heraus.
Diese Erzählweise geht ein wenig auf Kosten der Identifikation - man
kann nicht unbedingt einen besonders hervorstechenden Helden nennen. Andererseits
verleiht es dem Stoff mehr Dynamik.
Recht gelungen fand ich übrigens, daß die Hunde im Buch
offenbar genetisch "geliftet" wurden, denn sie können sprechen. Es
ist schon überraschend, wenn man das plötzlich ohne Vorwarnung
liest. (Oh je, jetzt habe ich es verraten.)
Weniger gelungen, um nicht zu sagen, kompletter Schwachsinn, ist wieder
einmal der Klappentext. Null Punkte, lieber Verfasser!
Secret Harmonies, (c) by Paul J. McAuley 1989, übersetzt von Peter Pape 1995, 444 Seiten, DM 14.90
SX 72
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