Phillip Brugalette: The Nine Gates
Inder
gegen Dämonen
Phillip Brugalette: The Nine Gates
(TSR Books 1992, 310 Seiten)
Phillip Brugalette, New Yorker, ist mit "The Nine Gates" (Die Neun Tore)
erstmalig als Autor in Erscheinung getreten. Er ist Geschichtswissenschaftler
und unterrichtet augenblicklich in den Fächern "kreatives Schreiben"
und Literatur.
Sein Erstling ist zur Fantasy zu rechnen. Allerdings nicht zur besonders
herausragenden Fantasy, obwohl er einige bemerkenswerte Eigenheiten aufweist.
Es ist recht schwierig darzustellen, was im Einzelnen die Stärken
und Schwächen des Buches sind.
Zunächst ist das Buch weder Teil eines Zyklus', noch gehört
es zu den Novellisierungen von Rollenspielweltthemen, die den größten
Teil der literarischen Produktionen von TSR ausmachen. Die geschilderte
Welt böte zwar Stoff für weitere Abenteuer, aber das Buch ist
erst mal in sich geschlossen.
Beim Lesen erschien mir der Roman zuerst als neue Idee und recht interessant,
im Nachhinein sehe ich aber, daß der Plot doch ziemlich konventionell
ist. Allerdings ist das, was um ihn herum dann passiert, nicht so konventionell.
Es geht darum, daß ein Junge, eine Art Prinz, sich plötzlich
vor das Problem gestellt sieht, die betreffende Welt vor dem Bösen
zu retten, das mal wieder aus den betreffenden Bosheitsreservaten ausgebrochen
ist. Soweit nichts Neues, eher langweilig. Dem jungen Helden zur Seite
gestellt ist sein Jugendfreund, später kommt eine Art Zauberlehrling
dazu. Und dann ist da noch der Gandalf-Typ in der Gruppe. Ein mächtiger
Zauberer, nur daß er hier Mystiker genannt wird, der alles weiß
und sich immer zur rechten Zeit ans Retten macht. Eigentlich sucht der
Junge, Gopal mit Namen, seine von den Horden des Bösen entführte
Schwester. Steht natürlich nicht im Widerspruch zu seiner eigentlichen
Aufgabe, die Welt kann man ja noch nebenbei mit retten, wenn gerade kein
anderer frei ist.
Ich hatte schon so meine Schwierigkeiten mit der Hauptfigur. Nicht
immer kann man sich bei einem solchen Buch mit einem kindlichen Helden
identifizieren. Hier klappte es definitiv nicht. Ob nun der Autor sein
Buch eher für ein jüngeres Publikum konzipierte - ich bezweifle
es fast - oder nicht, das sollte einem Roman jedoch nicht passieren.
Die größeren Probleme hatte ich aber mit der Welt, in der
alles geschieht. Sie ist ziemlich bizarr. Die Odyssee der Hauptfiguren
erstreckt sich über mehrere Planeten oder gar Planetensysteme, wobei
auf magische Weise durch eine Art Raumtore gereist wird. Die Planeten befinden
sich in einer "Mandala", was eigentlich ein kompliziertes, kugelförmiges
Drahtgeflecht ist. Das wäre ja noch zu ertragen gewesen, schließlich
schrieb ja auch schon Paul Cook in "Der Rand des Mandala" von einem solchen
Konzept. Aber die Kultur der Welt(en) ist so, wie ich mir indisch-hinduistische
Glaubensvorstellungen denke. Da ich noch nicht dazu gekommen bin, das "Bhagavad-Gita"
zu studieren, das mir unlängst ein vedischer Mönch aufschwatzte,
kann ich nicht beurteilen, ob alle geschilderten Vorstellungen dieser Glaubenslehre
entspringen. Nein, ich habe nichts gegen den Hinduismus oder verwandte
Glaubensrichtungen, aber in diesem Buch wimmelt es von Begriffen, die mir
wie Sanskrit vorkamen, will sagen, die ich überhaupt nicht verstand.
An den Wirrwar aus Wiedergeburten und Göttern und Dämonen und
Menschen könnte man sich ja im Rahmen eines Buches gewöhnen,
aber nicht an die ganz selbstverständliche Durchsetzung der Sprache
mit derart vielen Fremd- oder gar Phantasiebegriffen! Die philosophischen
Konzepte waren sogar meist noch nachvollziehbar, aber manchmal nicht einfache
Gespräche.
Auch erscheint es mir als zu einfach gemacht, wenn man nur eine vorhandene
irdische Kultur nimmt und behauptet, sie befände sich nun anderswo.
Erfahrungsgemäß fällt es dem Leser doch leichter, etwas
völlig neu ausgedachtes zu akzeptieren, als sich plötzlich Inder
in einer obskuren Mandala-Welt oder von mir aus die alten Kelten als Raumfahrer
vorzustellen.
Dieser kulturelle Hintergrund macht das Buch jedoch auch exotisch genug,
um den anfänglichen Eindruck zu erwecken, es sei etwas Neues. Daß
die Handlung dann doch alten Strukturen folgt, kann man dem Autor nicht
einmal so übelnehmen, denn sie ist streckenweise recht spannend. Schließlich
siegt natürlich das Gute, Gopal findet seine Schwester - wobei allerdings
der Zauberlehrling und sein Freund draufgehen - der Mystiker findet seinen
Daseinszweck, und das Buch seinen Platz im Regal. Mittelmäßig,
mit Fremdartigkeit ein wenig überfrachtet, würde ich sagen.
SX 37
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