Robert Asprin: Sweet Myth-tery of Life

Robert Asprin: Sweet Myth-tery of Life
(Donning Company Publ., 1994, Paperback 173 Seiten, $ 8.95)


Zwar habe ich den inzwischen neunbändigen »Dämonen«-Zyklus Robert Asprins gerade erneut gelesen, ich möchte hier aber trotzdem nur auf das neueste Buch in dieser Reihe eingehen. Der Zyklus ist intelligent gemachte Fun-Fantasy und handelt von den Abenteuern des Jungmagikers Skeeve und seiner Mitstreiter in verschiedenen Dimensionen, bzw. Parallelwelten. Bastei Lübbe gibt ihn in Deutsch heraus, wobei man über die Qualität der jeweiligen Übersetzung von Inhalt und Titel, sowie die Aufmachung geteilter Meinung sein kann.
Nach einer zweieinhalbjährigen Schaffenskrise kehrte Asprin nun an die Stelle zurück, wo er seinen Helden verlassen hatte. Wie er in einer Widmung schreibt, war es für ihn eine schwere Zeit seines Lebens. Das merkt man dem Buch auch deutlich an.
Am Ende des letzten Buches, »M.Y.T.H. Inc. in Action« (dt.: »Ein Dämon auf Achse«), verkündete Königin Schierling(sfleck) Skeeve, daß sie ihn heiraten wolle oder ihn mit der Bürde des Königreiches Possiltum belasten würde. Skeeve hatte also wieder mal ein Problem.
Das neue Buch handelt nun davon, wie er mit ihm fertig wird. Das Königreich hat große finanzielle Probleme, also setzt er sein Finanzgenie Bunny auf die Buchhaltung an. Er selbst wälzt eigentlich nur noch den Gedanken hin und her: soll er die Königin heiraten oder nicht? Das treibt ihn fast in den Alkoholmißbrauch, aber Bunny warnt ihn noch rechtzeitig. Er holt sich Rat bei verschiedenen seiner Freunde, was ihm aber genausowenig weiterhilft wie die »zufälligen« Einblicke in das Leben Verheirateter. Skeeve hat keine Erfahrung mit Frauen, und eigentlich will er die Königin, die im Original Schierling (Hemlock) heißt, gar nicht heiraten. So grübelt er und grübelt, nur unterbrochen durch ein Abenteuer auf der Welt der Vampire, die er schon früher besuchte.
Hatte Asprin ähnliche Probleme zu wälzen? Das neue Dämonenbuch jedenfalls scheint eher eine Reflexion psychologischer Art zu sein als eine aktionsreiche Fantasygeschichte. Eigentlich passiert kaum etwas, jedenfalls nichts, was man bisher gewohnt war. Man könnte gar von »inner space« sprechen, wenn das in diesem Zusammenhang nicht etwas unpassend wäre. Schon im vorletzten Roman »Myth-Nomers and Im-Pervections« (dt.: »Ein Dämon dreht durch«) hatte Skeeve gewisse Probleme mit seinen zwischenmenschlichen Beziehungen, die dazu führten, daß ihn sein Mentor Aahz verließ. Das wird nun fortgesetzt. Seine Egoprobleme führen Skeeve in eine Sackgasse. Er glaubt, daß er seinen Freunden, dem Volk von Possiltum, eben den Leuten etwas schuldig ist, und meint daher, nur vor der Wahl zu stehen - heiraten oder König werden. Beides will er nicht wirklich. Erst ein buchstäblicher Tritt in den Hintern und ein letztes ernstes Gespräch führen ihn zu der Erkenntnis, daß er beides gar nicht nötig hat: Mach das, was du wirklich willst!
Und dann stellt sich heraus, daß die Königin nur geblufft hat! Alles Ärger umsonst.
Wenn man von Asprins Dämonenbüchern funkelnden Witz und turbulente Handlung gewöhnt ist, wird man von diesem Band ein wenig enttäuscht. Freilich ist er witzig geschrieben, hat er hier und da ein paar Stellen, wo man lachen muß, aber so richtig hält das Buch dem Vergleich mit früher nicht stand. Zu ernsthaft sind die Reflexionen, denen sich Asprin/Skeeve hingibt. Doch langsam werden selbst die Gags abgenutzt. Die Begriffsstutzigkeit Skeeves ist fast das Einzige, was noch zu ein paar lustigen Wortspielen führt.
Auch meine ich, daß Asprin die Charakterisierung seines Helden ein bißchen übertreibt. Einerseits hat Skeeve inzwischen schon einiges von der Welt und den Dimensionen gesehen, hat Abenteuer aller Art erlebt und sich vom Zauberlehrling zum Großen Skeeve entwickelt. Andererseits will Asprin den Leser glauben machen, daß Skeeve immer noch so naiv blauäugig und pubertär unreif durchs Leben stolpert wie am ersten Tag. Da stimmt dann irgend etwas nicht. Diese Art Darstellung hat inzwischen sogar ihren komischen Wert verloren.
Einmal abgesehen davon kann man das neue Buch wohl nur als eine Art Zwischenspiel betrachten, ein Sammeln und Sichfinden des Helden, bevor es weitergeht. Denn das ist das Gefährliche an solchen Zyklen, die nur Abenteuer an Abenteuer reihen: sie finden schwer ein Ende. Der nächste Band, »Something M.Y.T.H. Inc.«, ist schon angekündigt. Die Bevölkerung Possiltums glaubt, daß ein böser Magier die Königin in seine Gewalt gebracht hat, und macht sich daran, die Revolution zu proben. Das klingt nach mehr Action, aber man wird sehen, wie es wirklich wird. Das Ende des vorliegenden Bandes ist reichlich überraschend: Zum ersten Mal läßt Asprin ein Mitglied der Gruppe sterben. Der Drache Gliep wird von einem Pfeil getötet (vermutlich sind die aufständischen Possiltumer schuld). Das paßt überhaupt nicht zum bisherigen Verlauf der Handlung und der Figur des Drachens, der in Wirklichkeit sehr intelligent ist und Skeeve als sein Haustier betrachtet. Die Episode ist also etwas verwirrend und wirft Fragen nach dem nächsten Buch auf. Soll sie wohl auch.
Zum Schluß noch einige Anmerkungen zum Problem der Übersetzungen. Innerhalb der verschiedenen deutschen Ausgaben des Zyklus' gibt es ein paar ärgerliche Fehler - die Begriffe wurden nicht einheitlich übersetzt, was um so unverständlicher ist, wo doch fast alle Bücher von einem Übersetzer bearbeitet wurden. Warum z.B. hat man überhaupt aus M.Y.T.H. Inc. die Chaos GmbH gemacht? Der M.Y.T.H. - Begriff spielt in den Originaltiteln eine große Rolle. Da ich die deutschen Ausgaben hier ohnehin auflisten wollte, gebe ich auch einmal die Originaltitel mit ihren Bedeutungen an. Vielleicht interessiert sich ja jemand dafür. Für alle, die sich mit dem Zyklus noch nicht befaßt haben, sei allerdings gesagt, daß man möglichst die vorhergehenden Abenteuer kennen sollte, wenn man ein Buch aus der Mitte liest. Etliches baut doch stark aufeinander auf.

Der Dämonen-Zyklus zeitlich geordnet

Ein Dämon zuviel, Another Fine Myth (Noch ein schöner Mythos), 1978 &
Drachenfutter, Myth Conceptions (bedeutet misconceptions: Mißverständnisse), 1981, zusammen in einem Band als »Dämonenfutter«, BL 20109, Ü.: Sylvia Pukallus
Ein Dämon auf Abwegen, Myth Directions (bedeutet misdirections: Fehlleitungen), 1982, BL 20084, Ü.: Ralph Tegtmeier
Ein Dämon kommt selten allein, Hit or Myth (bedeutet hit or miss: Treffer oder Daneben), 1983, BL 20085, Ü.: Tegtmeier
Ein Dämon macht noch keinen Sommer, Mything Persons (bedeutet missing persons: vermißte Personen), 1984, BL 20086, Ü.: Tegtmeier
Ein Dämon mit beschränkter Haftung, Little Myth Marker (bedeutet vermutlich little mis-marker: svw. kleiner Danebenschießer), 1985, BL 20110, Ü.: Tegtmeier
Ein Dämon für alle Fälle, M.Y.T.H. Inc. Link (bedeutet missing link: fehlendes Glied), 1986, BL 20137, Ü.: Tegtmeier
Ein Dämon dreht durch, Myth-Nomers and Im-Pervections (bedeutet mis-nomers and imperfections: Falschbenenner und Unvollkommenheiten), 1987, BL 20144, Ü.: Tegtmeier
Ein Dämon auf Achse, M.Y.T.H. Inc. in Action (bedeutet missing in action: militärischer Ausdruck für das Vermißtsein während eines Gefechtseinsatzes), 1990, BL 20198, Ü.: Tegtmeier
Sweet Myth-tery of Life: Süßes Geheimnis des Lebens, 1994
Something M.Y.T.H. Inc. (bedeutet something missing: etwas fehlt)
  

SX 51

 

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