Robert Mason: Killermaschine
Robert
Mason: Killermaschine
(Heyne 01/8742)
Rezension von Wilko Müller jr.
Manchmal landet ja ein Buch, das gar nichts mit SF zu tun hat, in der
SF & F - Reihe des Verlages, aber häufiger findet man SF in der
Allgemeinen Reihe. Meist handelt es sich dabei um besonders bekannte Autoren,
oder es gibt andere Gründe, daß das Buch gerade dort erscheint.
Letzten Endes ist es ja auch egal, wenn man es nur rechtzeitig merkt.
Robert Mason hat noch keinen Eingang in mein SF-Lexikon gefunden, was
heißen könnte, daß er ein Newcomer ist. Auf jeden Fall
einer, dessen Bücher man beachten sollte.
Zunächst kam mir bei der Ankündigung von "Killermaschine"
der Verdacht, es könnte sich um einen Abklatsch von "Terminator" handeln.
Auf dem silbernen Einband ist dann auch zu lesen: "Die ultimative Kampfmaschine
- ein Roboter, der denkt, fühlt und aussieht wie ein Mensch." Einmal
abgesehen davon, daß es "ultimate" heißen müßte,
stimmt alles. Zum Glück handelt es sich aber nicht um eine neue Form
des Terminators, auch nicht von Nummer 5.
Der Roboter namens Solo wurde von einer Firma namens Electron Dynamics
für die hübsche Summe von Milliarden Dollar im Auftrag der US
Militärs entwickelt. Er sieht tatsächlich menschenähnlich
aus, hat jedoch kein Gesicht, sein Äußeres ist mit einer Plastikpanzerung
doch ziemlich roboterhaft gestaltet. Sein Inneres besteht aus einer unglaublich
komplizierten Struktur aus "Millionen" von Computern, genauer läßt
sich der Autor glücklicherweise nicht darüber aus. Ein wenig
muß man ja in jeder SF-Story als gegeben hinnehmen, ohne zu pingelig
nach den realen technischen Möglichkeiten zu fragen. Es geht schließlich
nicht darum, ob man so einen Roboter bauen könnte, ob man ihn in dieser
Form bauen würde, sondern was die Folgen wären, wenn es
denn so wäre.
Das Gerät mußte nicht nur einen echten Lernprozeß
durchlaufen, um sich Wissen und Fähigkeiten anzueignen, sondern ist
wirklich, wie oben erwähnt, für das Empfinden von Gefühlsäquivalenten
eingerichtet. Solo denkt, fühlt und entscheidet eigenverantwortlich.
Der Grund dafür ist, daß seine Serie - er ist der Prototyp -
dafür gedacht ist, der perfekte Soldat zu sein, allerdings kein stumpfsinniger
Befehlsempfänger, sondern ein flexibel einsetzbarer, verantwortlich
handelnder Kämpfer.
Hieraus ergeben sich schon im Ausbildungsprozeß Probleme für
die Amerikaner. Man kann Solo nicht einfach befehlen, jemanden zu töten,
weil das der Feind ist, er muß überzeugt werden, daß es
sich wirklich um den Feind - den Bösen - handelt. Das führt zu
so abstrusen Verrenkungen, daß man ihm z.B. weismacht, um seine Weltsicht
proamerikanisch zu prägen, die Vietnamesen hätten den Krieg verloren.
Die Handlung setzt vor seiner letzten Erprobung ein, als man herausfinden
will, ob er nun im Kampf einen Menschen töten würde. Der Konstrukteur
Bill ist dagegen, er hält den Test für verfrüht, der General
Haynes ist jedoch der typische amerikanische Militär, wie man ihn
aus Film und Literatur kennt und haßt. Ob es solche Idioten wirklich
gibt? Wahrscheinlich, woher hätten die Autoren sonst ihre Charaktere?
Nun, er besteht in seiner Sturheit auf dem Test - und verbockt später
noch eine ganze Menge mehr. Die beiden Figuren sind etwas schablonenhaft
angelegt, was durchaus ein Mittel zum Zweck sein kann, damit sich der Leser
auf Solo konzentriert.
Der Test findet im Dschungel von Costa Rica statt, nahe der Grenze
zu Nikaragua. Dort ist gerade Daniel Ortega als gewählter Präsident
an der Macht, also ist die Handlungszeit recht scharf eingegrenzt: Vor
der weltweiten Umwälzung der Machtblöcke, Mitte der achtziger
Jahre. Da das Buch 1989 geschrieben wurde, dürfte sich Mason bewußt
gewesen sein, daß die politische Lage in ihm veraltet war, als es
auf den Markt kam. Um so beängstigender ist dann auch die Haltung
der Militärs und Politiker, durchweg verbohrte Antikommunisten und
kalte wie heiße Krieger.
Aber Solo "versagt" bei dem Test, er drückt nicht ab. Nicht aus
Menschenliebe, sondern weil er weiß, daß er nur Platzpatronen
geladen hat. Man beschließt, während er in einem Hubschrauber
unterwegs ist, einen Wirklichkeitstest durchzuführen - wozu schließlich
hat man die Sandinisten vor der Haustür, die bösen Feinde laut
Definition? Der Roboter, der in der Lage ist, Funkgespräche abzuhören
und sich in das Satellitennetz einzuschalten, bekommt das mit und befürchtet,
daß man ihn vorher umprogrammieren wird. Solo haut kurzerhand ab.
Bevor er die definierten Feinde tötet, will er sich selbst ein Bild
verschaffen. Später erklärt er, es wäre Mord gewesen, kein
Kampf...
Jetzt beginnt die eigentliche Handlung erst. In einem Dschungeldorf
am Ufer des Nikaragua-Sees findet Solo in den einfachen Bauern Verbündete
und Freunde. Er hilft ihnen, ein paar Maschinen zu reparieren und versteckt
sich vor den suchenden Amerikanern. Als die Contras das Dorf überfallen,
hat sich sein Freund/Feind-Bild derart gewandelt, daß er die Bauern
verteidigt. Freunde von rasanten Actionszenen kommen hier voll auf ihre
Kosten.
Die Handlung führt natürlich zu der Erkenntnis, daß
das nicht ewig gut gehen kann. Solo wird gefunden, und man versucht ihn
zurückzubringen. Ein guter Einfall des Autoren ist es, Solo weder
sich opfern zu lassen, noch ihn wieder den Amerikanern auszuliefern. Die
scheinbar auswegslose Situation wird anders aufgelöst. Zur Handlung
des Buches möchte ich hier nicht mehr schreiben, sonst toben wieder
diejenigen Leser, die es noch selbst lesen wollen.
Für einen Amerikaner - ich nehme an, er ist einer - steht der
Autor bemerkenswert deutlich auf der Seite der Sandinisten. Einen breiten
Raum nimmt die Darstellung der Verhältnisse in Nikaragua am Beispiel
des Dorfes ein. Die Bauern, die relativ hilflos zwischen den mordgierigen
Contras und den Sandinisten stehen, sind gut charakterisiert. Aber auch
die sandinistischen Soldaten sind nicht pauschal die Guten. Auch sie lassen
sich einiges zuschulden kommen, was wieder die Bauern ausbaden müssen.
Offen prangert Mason mit seinem Buch die selbstherrliche Einmischungspolitik
der US-Amerikaner in Mittelamerika an; es wird deutlich, daß ohne
die Unterstützung durch die USA die Contras gar keine Chance gehabt
hätten, soviel Leid zu verbreiten.
In einem Nachwort geht der Autor vor allem noch einmal auf die technische
Seite seines Buches ein. Er zeigt, daß es durchaus tatsächliche
Bestrebungen gibt, einen Solo zu realisieren, einen lern- und entwicklungsfähigen
Roboter, der von einer KI bewohnt würde. Der Sinn eines solchen Vorhabens
wäre es, ein Gerät zu haben, das "menschliche Werkzeuge benutzen
(alles vom Brecheisen bis zu einem F-16-Bomber) und Kampfeinsätze
absolvieren kann." Düster - und vielleicht ein wenig um des Effekts
willen - schließt Mason, er wisse nicht, ob man das Ziel nicht schon
erreicht habe.
Das Buch ist eins, das man in einem Zug lesen kann, wenn man die Zeit
dazu hat. Es ist spannend und hat uns noch dazu etwas zu sagen. Eine unbedingte
Empfehlung für Freunde aktionsreicher SF-Handlung in unseren Tagen.
Und wer dann noch nicht genug bekommen hat - keine Angst! Im April
1994 erscheint "Todesbefehl" (01/8907), die Fortsetzung von Solos Abenteuern.
Für mich schon vorgemerkt.
[Weapon, 1989 von Robert Mason, übersetzt von Thomas Hag 1993,
314 Seiten, DM 9.90]
SX 41
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