Robert Mason: Todesbefehl
Robert
Mason: Todesbefehl
(Heyne 01/8907)
Bei Büchern, die in der Allgemeinen Reihe erscheinen, hat der Fan
meist Schwierigkeiten, herauszufinden, welches für den SF-Leser interessant
sein könnte. Masons zweiter Teil um den intelligenten Roboter Solo
ist eindeutig Science Fiction. Deshalb schon ist dieser Hinweis wichtig.
Nach dem offenen Ende von »Killermaschine« (s. SX 41) war
klar, daß mindestens noch eine Fortsetzung folgen mußte. Nun
erfährt der Leser also, wie es mit dem Roboter weitergeht. Ursprünglich
war Solo als Kampfroboter im Auftrag der amerikanischen Militärs entwickelt
worden. Bei einem scharfen Testeinsatz im südamerikanischen Urwald
geriet er »außer Kontrolle« - jedenfalls vom Standpunkt
seiner Erbauer gesehen. Der Roboter flüchtete und freundete sich mit
den Bewohnern eines Dorfes in Nikaragua an, die er auch gegen die Kontras
verteidigte. Am Ende des ersten Teiles wird er von der CIA wieder eingefangen,
doch es gelingt ihm, seine Selbstvernichtung vorzutäuschen und zu
entkommen.
Solo ist keinesfalls ein Roboter im Sinne der asimovschen Robotergesetze
- das wird sogar in »Todesbefehl« ausdrücklich formuliert.
Er ist eine mechanisch hochentwickelte Maschine mit einem lernfähigen
Computer und einer umfassenden Sensorik. So unwahrscheinlich ist der Bau
eines derartigen Gerätes heute wohl nicht mehr, wie im ersten Teil
dargestellt wurde. Daß Solos »Gehirn« allerdings ein
Bewußtsein entwickelt, gehört gegnwärtig noch in den Bereich
der SF. Die KI Solos besitzt nicht nur Eigenbewußtsein, sondern in
zunehmenden Maße entwickelt er auch Emotionen. Dieser Aspekt ist
ein wenig problematisch, Mason geht auch technisch nicht besonders tiefgründig
auf ihn ein. Also muß man als Leser wohl einfach hinnehmen, daß
Gefühle (irgendeiner Art) für eine solche Bewußtseinsstruktur
möglich sind.
Der rein technische Aspekt des Buches spielt auch nicht die entscheidende
Rolle. Anders als in der puren hard core SF dreht sich das Geschehen nicht
um die wissenschaftlich technische Idee, sondern um das, was man mit ihr
anstellt. Der Roman ist ein typischer Thriller mit politisch/militärischen
Einzelheiten.
Die Militärs glauben nicht so recht an die Vernichtung Solos und
versuchen ihn aus der Reserve zu locken. Nebenbei wird ein zweiter Roboter
gebaut, Nimrod, der mit leichten Modifikationen fehlersicherer sein soll.
Sein Auftrag ist es, Solo zu vernichten. Man hält Nimrod bewußt
uninformiert und drillt ihn regelrecht - ganz in der Art, wie es in amerikanischen
Kasernen zugehen muß, glaubt man dem, was Filme so zeigen. Eine Art
Kurzschlußimpuls kann ihm außerdem »Schmerzen«
zufügen, womit man den Roboter immer bestraft, wenn seinen Vorgesetzten
etwas nicht gefällt.
Solo ist unterdessen in New York angekommen, denn er glaubt, daß
in den Straßen dieser Stadt selbst ein Roboter kaum auffällt.
Da er sich ohne weiteres über die Satelliten in alle weltweiten Computernetze
einschalten, den Funkverkehr abhören und alle möglichen Daten
abrufen kann, fällt es ihm nicht schwer, einen Weg zu finden. Nach
ein paar seltsamen Zwischenfällen in New York stößt er
auf eine Frau namens Laura, die ihn bei sich aufnimmt.
Das böse Militär macht einige Versuche, ihn zu schnappen,
was sie etliche Leute kostet. Mason beschreibt die Verantwortlichen eigentlich
reichlich klischeehaft: stumpfsinnig und engstirnig, taub gegenüber
den Wissenschaftlern, eben wie man es aus Filmen und Büchern kennt.
Mir stellte sich da die Frage: Ist das wirklich die amerikanische Realität?
Ist es das, was der Durchschnittsamerikaner von seiner Regierung hält?
Eine erschreckende Vorstellung.
Schließlich kommt es zum katastrophalen Ende. Bei dem Versuch,
Nimrod unter Manöverbedingungen zu testen und damit gleichzeitig Solo
hervorzulocken, gerät Nimrod außer Kontrolle. Das war vorauszusehen
bei der Quälerei durch seinen Ausbilder. Er tötet diesen und
etliche Soldaten auf grausame Weise, bis ihm Solo Einhalt gebietet, der
sich vorgenommen hat, seinen »Bruder« zu befreien. Aber es
ist zu spät, um noch zu entkommen. Zwar versagt die vorbereitete Anti-Roboter-Bombe,
aber beide Roboter fallen schließlich unter den Kugeln einer schweren
Maschinenkanone.
Schluß? Natürlich nicht. Was sich bereits bei Solos Nutzung
der weltweiten Computernetze andeutete, wird gleich darauf zur Gewißheit.
Sein (und Nimrods) Bewußtsein sitzt stillvergnügt in einem Computer
in der Firma seines Erbauers. Es kann weitergehen.
Masons Roman ist ein gutes Stück Action, nach dem erfolgversprechenden
Grundmuster des Thrillers aufgebaut, und spannend. Natürlich besteht
kaum Zweifel am Sieg des sehr menschlichen, grundguten Roboters. Und sicher
kann man als Technik-Purist einiges finden, was recht unwahrscheinlich
sein dürfte. Aber dafür ist es ja schließlich SF. Mason
nutzt verschiedene Versatzstücke, auch aus dem Cyberspacebereich,
obwohl er keines davon überbetont. Ihm ist eine angenehme Mischung
gelungen, bei deren Lektüre man nicht einschlafen wird.
[»Solo«, Robert Mason 1992, übersetzt von Michael Wingassen
1994, 318 Seiten, DM 9,90]
SX 51
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