Roger Zelazny & Robert Sheckley: Bringt mir den Kopf des Märchenprinzen
(Bastei Lübbe 20275)
Was kommt wohl dabei heraus, wenn sich zwei so
erfahrene Autoren zusammentun, um ein gar lustiges Fantasy-Buch zu schreiben?
Auf jeden Fall ein Buch, dem man anmerkt, daß
es keine Amateure fabriziert haben. Das Werk ist in einer guten sprachlichen
Qualität - jedenfalls soweit man das nach einer Übersetzung noch
beurteilen kann. Die Handlung ist gut durchdacht - jedenfalls so weit man
bei Fun Fantasy dabei gehen kann.
Es spielt sich alles zur Jahrtausendwende ab.
Nein, nicht die. Die letzte! Finsteres Mittelalter also. Es zeigt sich
jedoch, daß die beiden Autoren mit der Geschichte recht lässig
umgehen. Ich habe so den Verdacht, daß man ihre Millieuschilderungen
nicht mit einem Geschichtsbuch vergleichen sollte. Doch darauf kommt es
ja auch nicht an. Die Jahrtausendwende ist nämlich der Zeitpunkt,
an dem neu entschieden wird, ob die Mächte des Bösen oder des
Guten für das nächste Millenium herrschen dürfen. Und zwar
mit einem Wettkampf. Das Wort "fair" lassen wir hier lieber von Anfang
an weg...
Der Dämon Azzie Elbub bewirbt sich mit einer
Idee um die Durchführung der Besten Bösen Tat. Die Idee wird
mangels anderer angenommen und Azzie darf sich, mit einer Kreditkarte für
böse Taten ausgerüstet, in der Welt der Menschen ans Werk machen.
Die besagte Idee läuft vor allem darauf
hinaus, daß er ein Märchen nachspielen lassen will, und zwar
das von Dornröschen. Dazu braucht er natürlich Schlösser
- eins davon auf einem gläsernen Berg und hinter einem Zauberwald
- eine schlummernde Prinzessin und einen Märchenprinzen (im Original
Prince Charming genannt). Diese Requisiten (außer den beteiligten
Leuten) sollte Azzie eigentlich mit seiner Kreditkarte aus den Lagern der
Hölle bekommen...
Doch da gehen die Schwierigkeiten los. Bürokratie
und Obstruktionismus niederer Beamter, ähem... Teufel und Dämonen
behindern ihn auf Schritt und Tritt. Mit Ach und Krach bekommt er die Sache
mit dem verwunschenen Schloß hin, dessen Teile die Tendenz haben,
zu verschwinden. Wie aber Prinz und Prinzessin beschaffen? Ganz einfach:
Man nehme hier ein Bein, da einen Arm und dort einen Kopf, bastele alles
in schönster Frankenstein-Manier zusammen - ungeachtet der Tatsache,
daß die Menschheit auf den noch gute achthundert Jahre warten
muß - und lege die halbfertigen Produkte erst mal auf Eis. Die Augen
fehlen noch, aber eine befreundete Hexe hilft da aus.
Man merkt hier schon, der Humor der beiden Autoren
ist nicht etwa von der Art eines Pratchett oder gar seiner Epigonen, er
ist vor allem äußerst makaber. Trocken wird von eigentlich ziemlich
scheußlichen Sachen berichtet, aber es ist ganz unterhaltsam, und
natürlich wollen die fertigen Spielfiguren nicht ganz so, wie es sich
Azzie vorgestellt hat.
Ein wenig nervte die Angewohnheit aller Beteiligten,
ständig "Jauche" zu trinken, etwas darin einzulegen usw. Ich habe
das Gefühl, daß die Autoren mit ihrem "ichor" nicht stinkige
Jauche gemeint haben, sondern das mythologische "Götterblut". Das
kann es nämlich auch heißen. Warum sonst würden auch Menschen
und Engel das Zeug trinken? Aber es ist wohl von einem Übersetzer
zuviel verlangt, sich Gedanken zu machen.
Was lehrt uns das Buch? Wir leben in einer Ära
des Guten (wie kommen die Autoren nur darauf?) und es steht in den nächsten
Jahren der nächste Wettkampf um die Vorherrschaft bevor. Ob ihn diesmal
Theo Waigel gewinnt?
Bring Me The Head of Prince Charming, © Amber Corporation and Robert Sheckley 1991, übersetzt von Winfried Czech 1996, 316 Seiten, DM 9.90
SX 86
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