Roger Zelazny: Wechselhaftes Land

Roger Zelazny: Wechselhaftes Land
(Heyne 06/4247)


Dieses Buch handelt in einer seltsamen Welt und in einer noch seltsameren Gegend dieser Welt. Es ist ein Fantasy-Buch, also gibt es Zauberer, Elfen und Götter, Dämonen und anderes höllisches Gesindel. Ein mächtig böser Zauberer, Jelerak, hat sich das Schloß Zeitlos unter den Nagel gerissen und wohnte bis vor einiger Zeit dort mit Gefolge und einem Wesen, das mit den Alten Göttern verwandt ist und große magische Macht hat. Doch Jelerak ist abwesend, und das krakenhafte Geschöpf verfällt periodischem Wahnsinn. Unter Ausnutzung der Ausstrahlungen dieses Wahnsinns wurde um das Schloß eine Zone geschaffen, die voll von bedrohlichen Erscheinungen ist und Besucher wirkungsvoll abschreckt - das Wechselhafte Land. Alle möglichen Zauberer versuchen trotzdem, in das Schloß einzudringen und die Macht über das Wesen zu erringen, doch es gelingt ihnen nicht. Eine "Gesellschaft" der Magier überwacht außen die Gefahrenzone. Der Hintergrund der nun etwas zäh beginnenden Handlung ist vielschichtig, bezieht sich auf viel Vergangenes und nur Angedeutetes. Es fällt recht schwer, sich in ungefähr vier Haupthandlungssträngen zurechtzufinden. Keiner der Protagonisten wird auf irgendeine Weise ausführlich charakterisiert, sie bleiben alle ziemlich blaß und gesichtslos. Eigentlich sind nur die ausführlichen Beschreibungen verschiedener magischer Effekte des Wechselhaften Landes ein wenig farbiger. Hier läßt Zelazny wirklich Phantasie und Einfallsreichtum sprühen. Von indifferenten Farb- und Formspielereien geht es bis zum Auftauchen tödlichster Monster und Gefahrenquellen. Gleich zu Anfang bedient sich ein Dämon im Kerker der gefangenen Zauberer wie in einer Speisekammer...
Die meisten Zauberer verfolgen das Ziel, die Macht im Schloß zu erringen, was einigermaßen diffus ist, nur einer will Jelerak aus Rache töten. Trotzdem ist eine zielgerichtet abrollende Handlung nicht zu bemerken. Dafür sind die Fäden wohl von Anfang an schon zu verworren. Es läuft alles schließlich darauf hinaus, daß durch das Zusammentreffen der Umstände - nicht etwa durch die Aktivitäten einzelner Protagonisten - sich das Schloß Zeitlos aus der Zeit löst, das mächtige Wesen und Jelerak von den Alten Göttern entfernt werden und sich alles andere mehr oder weniger chaotisch in Wohlgefallen auflöst.
Was das nun soll? Ein buntes Fantasyabenteuer ohne sonderliche Aussage und mit wenig Tiefgang. Es hat den Anschein, als hätte Zelazny einen Stapel unverarbeiteter Ideen genommen und mit einer Rahmenhandlung umgeben. Die Personage ist kaum ausgearbeitet, wenn man auch einige interessante Typen findet. So gibt es einen Elf, der zweihundert Jahre lang von Jelerak in eine Statue verwandelt worden war, ein Metallpferd aus der Hölle, das so etwas wie ein guter Dämon ist - und bei weitem der interessanteste Charakter - eine ins Leben zurückgerufene tote Königin und ein gottgleiches Wesen, das in Scheiße schwimmt. (Wenn Zelazny das so sagt, kann ich es auch.) Aber man erfährt nicht, was alle eigentlich gegen Jelerak haben. Um ihn als Bösewicht darzustellen, läßt ihn Zelazny ein Menschenopfer mit einer Jungfrau versuchen (schlägt fehl). Die ehemals tote Königin kennt Jelerak noch als guten Menschen, wieso er jetzt böse ist, wird nicht verraten. Es gibt auch keine Zwischentypen, alle sind Schwarz oder Weiß. In der Gruppe gefangener Zauberer haben wir schwarze, weiße und graue Magier, doch wenn einem das nicht ab und zu gesagt würde, könnte man sie nicht unterscheiden. Alles in allem, ein flachbrüstiges Werk ohne besonderen Sinn, aber dennoch eben ein farbiges Abenteuer zur Entspannung.
Nach zwei Zelazny-Büchern frage ich mich aber ernsthaft, ob ich nicht künftig auf diesen Autor verzichte. 

SX 12

 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

David Gerrold: Inmitten der Unendlichkeit

Jack McDevitt: Die Küsten der Vergangenheit

Piers Anthonys Xanth