Sheri S. Tepper: Erbe des Blutes
Sheri S. Tepper: Erbe des Blutes
(Heyne 06/4692)
Nachdem ich Teppers hervorragendes Buch "Nach langem Schweigen" gelesen
hatte, stieß ich in irgendeinem Stapel von Remittendenexemplaren
auf einen älteren Roman der Autorin. Im Gegensatz zu dem poetischen
Science Fiction Werk ist dieser als Fantasy eingeordnet, man könnte
ihn aber ebensogut in die Horrorabteilung stellen.
Das Buch spielt im heutigen Amerika. Ein Dämon, der irgendwo in
einem abgelegenen Gehöft seit Jahrhunderten gefangengehalten wurde,
entkommt seinem Kerker in einem Labyrinth und macht sich daran, sich an
den Mitgliedern der Familie zu rächen, die ihn einsperrte. Das geschieht
meist dadurch, daß er ihnen das Blut wie aus einem Schwamm herausquetscht.
Der Wendigo oder Matuko, wie er meistens genannt wird, ist nicht das
einzige übernatürliche Element. Eine der Heldinnen, die aus Polynesien
stammende Mahlia, wird von Visionen geplagt, und später tauchen auch
noch einige (gutartige) Hexen auf... Tepper läßt das alles ganz
normal erscheinen, die Figuren haben kaum Probleme, es als Realität
zu akzeptieren.
Der eigentliche Protagonist, Badger Ettison, versucht mit Hilfe von
Mahlia und einem alten Professor seine verschollene Frau und den Sohn zu
finden, während der Wendigo das gleiche Ziel hat, da beide Blutsverwandte
seiner Lieblingsfamilie sind. Kompliziert wird alles dadurch, daß
die Frau Carolyn sich zu ihren Kumpels, den Teufelsanbetern, ins Gebirge
zurückgezogen hat. Dort tritt auch noch ein Sukkubus auf, welchen
die Hexen freilassen, um den Wendigo in einen Kampf zu verwickeln. Nach
angemessen heftigen Kampf und viel Zerstörung sowie einem Berg gerechterweise
getöteter Teufelsanbeter verläßt unser Heldenteam die Gegend,
um im Finale den Wendigo wieder in seine magische (Maggie-?) Flasche zu
locken. Hätte ihnen auch eher einfallen können.
Wenn das alles reichlich verworren klingt, so ist die Handlung doch
einigermaßen spannend. Sie hat alles, was man in einem solchen Fall
erwarten kann. Finstere Geheimnisse, dunkle familiäre Verknüpfungen,
Monster und arge Bösewichter. Bei den Helden sieht das nicht ganz
so aus. Der Hauptheld Badger erscheint als echter Volltrottel - wird sogar
im Buch einmal so charakterisiert. Unbeherrscht, egoistisch und blind für
das wahre Wesen seiner bösartigen Frau stolpert er durch die Handlung.
Er verdankt es nur Mahlia und dem Professor, daß am Ende wenigstens
sein Sohn gerettet werden kann. Kaum eine Identifikationsfigur.
Vielleicht ist das Buch inhaltlich ein wenig überladen, wenn Tepper
versucht, die Mysterien gleich dutzendweise einzubauen. Von König
Salomo über Roger Bacon bis zu tibetanischen Mythen wird alles "erklärt".
Andererseits ist es nicht uninteressant, diesen konstruierten Zusammenhängen
zu folgen.
Ein abenteuerliches und spannendes Buch, wenn auch nicht so überzeugend
wie "Nach langem Schweigen".
[Blood Heritage, 1986 von Sheri S. Tepper, übersetzt von Friedel Schröder 1990, 287 Seiten, DM 9,80]
SX 46
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