Simon Hawke: Die Richelieu-Intrige

Die Zeitkriege gehen weiter!
Simon Hawke: Die Richelieu-Intrige
(Bastei Lübbe 23171)


Im zweiten "Abenteuer der neuen Zeitreise-Serie" von S. Hawke geht es, wie man am deutschen Titel leicht erkennt, um das Frankreich des 17. Jahrhunderts. Was den deutschen Titel angeht, so glaubt man bei Bastei wohl an die Wirkung eines Wiedererkennungseffektes und hält sich in beinahe komischer Konsequenz an diesen Glauben. Da der erste Band "Das Ivanhoe Gambit" hieß (auch im Original) machte man aus "The Timekeeper Conspiracy" (Die Zeitwächter-Verschwörung) flugs eine "Richelieu-Intrige". Der fiese Kardinal spielt zwar eine Rolle in dem Buch, aber längst nicht so eine zentrale wie Ivanhoe im ersten Band.
Mit dem zweiten Teil wird nun auch vollends klar, was Hawke da macht. Er nimmt nämlich nicht etwa nur tatsächliche historische Ereignisse, was ja bei Robin Hood schon recht fragwürdig gewesen war, sondern er benutzt fiktive geschichtliche Ereignisse, d.h. literarische. Diesmal sind es die drei Musketiere und die Story aus Dumas' Buch, die von Hawke übernommen wurden. Er interpretiert dieses Abenteuer der Musketiere nicht einmal besonders neuartig, sondern erzählt es nur nach.
Eine terroristische Gruppe, die angeblich dafür kämpft, daß die Zeitkriege aufhören, bedroht wieder einmal den Zeitstrom, um die Welt der Zukunft zu erpressen. Captain Priest und sein Kumpel Delaney werden in die Vergangenheit geschickt, um dem Zeit-Geheimdienst zu helfen, die Terroristen zu stoppen. Scheinbar planen diese, die wohlbekannte Sache mit den Diamantknöpfen durcheinanderzubringen. Aber dann stellt sich schnell heraus, daß der Oberterrorist ein völlig durchgeknallter wahnsinniger Transvestit ist, der einfach nur tatsächlich den Zeitstrom teilen will, was eine unglaubliche Katastrophe wäre. Und die Freunde vom Geheimdienst sind auch nicht ganz sauber...
Priest und Delaney sind also auf sich gestellt. Wie gut, daß sie sich mit d'Artagnan und den Musketieren anfreunden. Außerdem taucht noch eine Gestalt aus dem ersten Teil auf, die bemerkenswerte junge Frau namens Andre de la Croix, die sich im 12. Jahrhundert als Ritter ausgab und nun von einem Deserteur des Zeitkorps ins Paris des 17. Jahrhunderts gebracht wurde. Der Deserteur wird von den Terroristen umgebracht und Andre schließt sich den beiden Soldaten an. Sie verabscheut das Paris dieser Zeit und will nur weg von dort. Für meine Begriffe ist Andre die interessanteste Figur in den bisher erschienenen Büchern. Priest und Delaney bleiben, verglichen mit ihr, doch eher blasse Klischees. Allein um zu erfahren, wie es mit ihr weitergeht, werde ich an der Serie dranbleiben.
Bastei schreibt auf dem Buchrücken: "Simon Hawkes Zeitreise-Romane sind an Spannung und historischer Genauigkeit nicht zu übertreffen und nicht nur für SF-Leser interessant!" Das ist nun wieder so ein Overstatement, das ziemlich peinlich wirkt. Spannend sind die beiden Bücher gewesen, das ist wahr. Aber "nicht zu übertreffen"? Und was die historische Genauigkeit angeht, so habe ich eingangs schon darauf hingewiesen, daß es hier gar nicht um diese geht. Hawke tut so, als seien Robin Hoods Abenteuer und die der Musketiere wirklich so passiert, so daß Zeitreisende in sie eingreifen könnten. Das ist sicher irgendwo literarisch legitim, aber hat mit Geschichte nicht viel zu tun. Andererseits erscheint das von ihm geschilderte historische Umfeld durchaus glaubwürdig. Es wäre interessant, einmal zu erfahren, was ein Historiker davon hält.
Im neuen Buch werden übrigens auch Probleme angeschnitten und erklärt, die ich in meiner Rezi zum ersten Teil erwähnte. Die Hintergründe der Zeitkriege werden ebenso erläutert wie die moralischen und wissenschaftlichen Konflikte, die durch sie entstehen. Damit werden einige Unklarheiten beseitigt, wenn auch manchmal der Eindruck entsteht, daß sich Hawke lieber nicht so sehr auf die hinter seinen Zeitreisen liegende Theorie einlassen sollte. Das kann nie gutgehen und schadet einer Action-Handlung sehr.
Ein lesbares Buch, gute und spannende Unterhaltung. Nicht nur für Geschichtsfans interessant.
 

The Timekeeper Conspiracy, (c) by Simon Hawke 1984, übersetzt von Bernd Kling 1995, 252 Seiten, DM 9.90 

SX 71

 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

David Gerrold: Inmitten der Unendlichkeit

Jack McDevitt: Die Küsten der Vergangenheit

Piers Anthonys Xanth