Terry Pratchett: MacBest
Terry Pratchett: MacBest
(Heyne 06/4863)
Tatsächlich hat Pratchett die Handlung seines Romans "MacBest"
dem Drama "Macbeth" nachempfunden, was den deutschen Titel des Buches rechtfertigt.
Wie hätte man auch die Bezeichnung "Wyrd Sisters" übersetzen
sollen, die eine andere, scheibenweltische Schreibweise von weird sisters
ist, was etwa unheimliche oder seltsame Schwestern bedeutet und auch klassisch
ist. Mit diesen sind die drei Hauptpersonen des Buches gemeint, die Hexen
Oma Wetterwachs, Nanny Ogg und Magrat, die sich entgegen allen hexischen
Gebräuchen auf der Scheibenwelt gezwungenermaßen um das Schicksal
eines kleinen Königreiches kümmern.
In diesem wird nämlich der König ermordet - wie in "Macbeth"
von einem durch seine Frau dazu gebrachten Schwächling, der den Thron
ursupiert. Der rechtmäßige Erbe, ein Zweijähriger, fällt
quasi in die Hände der Hexen, als der treue Diener auf der Flucht
erschossen wird. Ungewöhnlich für Pratchett ist es schon, daß
so viele Leute umgebracht werden, aber da ist wohl die Vorlage schuld.
Das Kind wird von den Hexen bei Schauspielern untergebracht und ist erst
mal sicher.
Man sieht, der Autor strapaziert wieder einmal in gewohnter Manier
das Klischee, um eine Reihe Dinge auf den Arm zu nehmen. Er schreibt ja
in diesem Zyklus Fantasy, die sich selbst nicht im geringsten ernst nimmt,
was nicht jedem liegt. Es gibt dazu recht geteilte Auffassungen, wobei
ich sagen muß, daß mir auch dieses Buch wieder viel Spaß
bereitet hat und ich es an einem Tag auslas. Absurde Phantasien gemischt
mit Situationskomik und einer Lawine von Anspielungen machen den Witz Pratchetts
aus. Allerdings erfährt man auch etwas über ernstere Sachen;
wegen der literarischen Vorlage vielleicht geht es zum Beispiel um die
Macht von Worten, um die Realität und Geschichte, die mit ihnen nach
Belieben der Herrschenden neu geschaffen werden kann.
Der Ursupator, Herzog Felmet, hat eigentlich gar kein Interesse am
Reich, und so beginnt dann auch das Land gegen seine schlechte Herrschaft
zu protestieren. Nicht die Leute, das Volk, sondern das Land selbst
teilt sich den Hexen mit und bringt sie schließlich dazu, einzugreifen.
Buchstäblich an "Dornröschen" angelehnt verlangsamen die Hexen
um Oma Wetterwachs den Zeitlauf im Königreich, so daß der Thronerbe
außerhalb zum jungen Mann - und begnadeten Schauspieler - wird, während
im Reich fünfzehn Jahre wie in einem Augenblick vergehen. Nun soll
er nach Wunsch der Hexen zurückkehren und seinen rechtmäßigen
Platz einnehmen. Was natürlich so nicht klappt...
Es ist ein normales Scheibenwelt-Buch, würde ich sagen, das man
hervorragend zur Entspannung lesen kann, wenn man mal von all dem tiefsinnigen
Zeug die Nase voll hat. Aber vielleicht sollte man sich nicht gerade vornehmen,
den Zyklus hintereinander zu lesen, dann könnte es eventuell ein wenig
anstrengend werden. Die Bücher stehen glücklicherweise alle für
sich da, sind also keine Teilstückchen einer endlosen Quest, so daß
man sich ruhig Zeit lassen kann.
Pratchetts Ideen sind immer wieder erstaunlich, ich fragte mich sehr
oft, wie man nur auf solche Sachen kommen kann. Allein die "Luftbetankung"
von Hexenbesen oder der Tod, der in einem Bühnenstück seine eigene
Rolle übernimmt...
Der Autor brennt ein sprachliches Feuerwerk ab, bei dem man wieder
einmal vor dem Übersetzer Andreas Brandhorst den Hut ziehen muß.
Warum "Wyrd Sisters" erst jetzt von Heyne verlegt wurde, ist nicht
ganz klar, es stammt jedenfalls schon von 1988, ist also eigentlich eins
der früheren Scheibenwelt-Bücher. Aber auch die Reihenfolge ist
beim Lesen unwichtig. Für Fans sei vermerkt, daß es mit der
"bizarren Scheibenwelt" noch lange nicht vorbei ist, Pratchett schreibt
oder hat wohl mindestens noch drei Bücher geschrieben. Heyne kündigte
"Strata" und "Die Farben der Phantasie" (beides ältere Werke) schon
mal an.
SX 24
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