Terry Pratchett: Pyramiden

Terry Pratchett: Pyramiden
(Heyne 4764)


Mit "Pyramiden" (Pyramids) legte Pratchett 1989 den fünften "Roman von der bizarren Scheibenwelt" vor. Offensichtlich kann man weitere erwarten. Die ersten Bände des Zyklus besaßen die Werbeaufschrift "Was Douglas Adams für die Science Fiction ist, ist Terry Pratchett für die Fantasy" und damit hatte der Autor des flotten Spruchs sicher völlig recht. Allerdings ist der qualitative Abfall mit wachsender Fortsetzungszahl bei Pratchett nicht ganz so stark ausgeprägt wie bei Adams. Das mag zum großen Teil auch daran liegen, daß die Bände nur lose miteinander zusammenhängen, eher über die Welt als über die Helden. In den ersten Folgen spielt der Magier Rincewind eine gewisse Rolle, jedoch tritt er mal als Haupt- und mal als Randfigur auf. Damit können sich schon mal die Charaktere nicht selbst erschöpfen.
Die Scheibenwelt ist tatsächlich eine solche - von vier Elefanten getragen, die auf einer galaktischen Schildkröte unbestimmten Geschlechts stehen. Warum? Keiner weiß es, und es ist auch völlig unwichtig. Auf einer derartigen Welt ist natürlich alles möglich, vor allem Magie, aktive Götter und der Tod in Person treten ständig auf. In dem Buch "Gevatter Tod" geht es sogar um einen Lehrling desselben...
Da Berit Neumann (Berlin) angekündigt hat, eine umfassende Betrachtung zu Pratchetts Werk vorzulegen, werde ich mich hier auf den letzten Band des Zyklus konzentrieren.
Diesmal geht es um die Abenteuer einer neuen Figur, des Pharaonensohnes Teppic. Er kommt aus einem winzigen Land mit schamlos ägyptischer Kultur, das sich durch den Bau immer größerer Pyramiden für verstorbene Herrscher so stark verschuldet hat, daß gerade mehrere hundert Jahre alte Rechnungen angemahnt werden. Nun ja, das Reich (ehedem viel größer) ist auch schon siebentausend Jahre alt. Der Sonnengott ist ein nicht nur leicht verrückter Typ, der von seinem Priester kontrolliert wird. Damit Geld in die Staatskasse kommt, macht sich Teppic auf nach Ankh-Morpork, eine Stadt, in der sich die meisten früheren Geschichten zugetragen haben, um sich für einen Beruf ausbilden zu lassen. Für den des Assassinen... Der ist ja in der Fantasy schon recht konventionell, ich brauche wohl nicht weiter zu erläutern, daß es sich da um professionelle Mörder handelt. Auf der Scheibenwelt auch, und obwohl man hier nicht alles so ernst nehmen sollte, konnte ich bei der Beschreibung der Prüfung nicht unbedingt lachen. Dabei soll dies ja ein humoristisches Buch sein.
Nachdem der Junge gerade die Prüfung bestanden hat, stirbt in der Heimat der Pharao (weil er sich fatalerweise für eine Möwe hält) und Teppic muß zurück.
Der Pharao existiert allerdings als Geist weiter, beobachtet seine Einbalsamierung und verzweifelt über der neugewonnenen Geistesklarheit, die ihm sagt, wie nutzlos die Pyramiden eigentlich sind. Und gerade für ihn will man die größte Pyramide aller Zeiten bauen!
Nun sind wir aber auf der Scheibenwelt, und von Anfang an machen diese Pyramiden einen komischen Eindruck. Nachts schießen ständig Entladungen aus ihnen heraus, ihre Architekten reden in der Sprache von antiken Quantenphysikern und überhaupt ist dieses Pseudoägypten eine bizarre Gegend der Scheibenwelt (was schon etwas heißen sollte!). Nie wird z.B. ganz klar, ob der Pharao nicht wirklich für den Sonnenaufgang verantwortlich ist.
Der Bau der Superpyramide führt dann auch einen Quanteneffekt herbei, der allerlei Nebenwirkungen hat. Es geht hier um eine Art Zeitspeicherung, Zeitverlangsamung oder so. Wenn man bedenkt, daß die Architekten das schlau nutzen, um sich zu vervielfachen, daß der eine dabei zweidimensional wird und daß bei der unausweichlichen Katastrophe nicht nur die unzähligen Götter des Flußtales erscheinen, sondern auch alle Mumien hervorkriechen, kann man sich eine ungefähre Vorstellung vom Geschehen machen. Außerdem stellt sich nebenbei heraus, daß die Kamele viel intelligenter als die Menschen sind (aha, Adams - da waren es Mäuse und Delphine), Teppics Kamel ist der beste Mathematiker der Scheibenwelt.
Nebenbei tauchen Trojaner und Griechen auf (die anders heißen) sich gegenseitig hölzerne Pferde unterjubeln wollen, wenn sie nicht gerade philosophischen Fragen nachsinnen.
Am Ende rettet Teppic sein Land vor dem Untergang und dem Oberpriester, verläßt es aber, weil es ihm zu rückständig ist, und er sich nicht zum Pharao berufen fühlt. Möglicherweise ist er der neue Held weiterer Abenteuer.
Alles in allem, ein chaotisches Gemisch von Unglaublichkeiten und witzigen Einfällen, wenn ich auch den Gewöhnungseffekt nach den vorangegangenen Büchern spürte und vieles nicht mehr ganz so hinreißend komisch fand. Man sollte noch bemerken, daß jedes der Scheibenwelt-Bücher ein für sich unabhängiges Abenteuer darstellt, also auch die Lesereihenfolge nicht wichtig ist. Für Zyklen ein wichtiger Vorteil, denke ich.
Liebhaber der humoristischen Richtung der Fantasy, bzw. Pratchett-Fans sollten sich also durchaus überlegen, ob sie nicht doch irgendwo die 14.80 DM herumliegen haben. 

SX 15

 

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