Terry Pratchett: Soul Music

Sex, Dwarfs, and Rocks that Roll!
Terry Pratchett: Soul Music
(Harper Prism 1995, $ 5.50, 372 Seiten)


Der Rock'n'Roll ist los auf der Scheibenwelt! Wie schon einmal, als in "Moving Pictures" ("Voll im Bilde") das Kino Hollywoodscher Prägung versuchte, auf der Scheibenwelt Fuß zu fassen, schleicht sich nun der Geist der Rockmusik ein, was an sich nichts schlechtes zu bedeuten hat. Imp der Barde bekommt in einem dieser Läden, die plötzlich auftauchen und dann wieder verschwinden, eine magische Gitarre - als Ersatz für seine zerbrochene Harfe. Da geht eine mysteriöse Wandlung mit ihm vor - er nennt sich nun Buddy und spielt eine niegehörte Art von Musik, d.h. eigentlich spielt die Musik ja ihn. Zusammen mit dem Zwerg Glod (der Name müßte Fans eigentlich etwas sagen...) und dem Troll Cliff gründet er fast nebenbei eine Band, die sich "Band With Rocks In" nennt, da der Troll Steine zum Spielen benutzt. Und die Musik nennen sie kurzerhand auch Musik mit Steinen drin. Die neue Musik hat einen unerhörten Erfolg, die Band geht schließlich sogar auf Tournee.
Natürlich gibt es Probleme. Ein nicht unbedeutendes ist, daß Imp der Barde eigentlich tot sein müßte und ihn nur die magische Musik am Leben erhält. Hier kommt Tod ins Spiel, allerdings nicht der, den wir kennen. Jener ist gerade unterwegs, um zu vergessen oder wenigstens herauszufinden, was der Sinn von allem ist. Also erbt seine Enkeltochter Susan den Job, ob sie will oder nicht. Vom Rattentod und einem sprechenden Raben wird sie aus ihrem Internat weg requiriert, um die Pflicht zu erfüllen.
Susan ist auch mit Schuld daran, daß aus Imp Buddy wird. Nicht ganz so wie ihr Vater Mort einst die Prinzessin Keli rettete (in "Mort"), aber sie hat von Anfang an vor, sich einzumischen, wenn sie schon diese Arbeit ausführen muß. Susan beschützt Buddy und seine Freunde später noch öfter, vor allem vor den Anschlägen der Musikergilde.
Während der Tod (Großvater) in der klatschianischen Fremdenlegion das Vergessen sucht, breitet sich das Rock-Fieber immer weiter aus. Alle Welt kauft sich Gitarren und versucht die Band nachzuahmen. Da stehen natürlich auch die Zauberer der Unsichtbaren Universität nicht zurück. Zum Beispiel fertigt sich der Dean eine lederne Zaubererkutte an, auf der hinten steht "BORN TO RUNE", und der Bibliothekar baut ein Motorrad!
Das Geschäft mit der Rockmusik blüht ebenfalls, Gelegenheit für Pratchett, ein paar bissige Seitenhiebe loszuwerden. Überhaupt packt er wieder in genialer Weise die Essenz des Ganzen in dieses Buch, in die eine Gestalt des Buddy. Er hat Züge der verschiedensten Rocklegenden an sich, äußert Dinge, die quer durch die Geschichte des Rock'n'Roll mal gesagt wurden. Das Unnatürliche an dieser Entwicklung ist jedoch, daß die Musik den Mann benutzt. Sie breitet sich aus, nicht um zu schaden, sondern weil das ihr natürliches Verhalten ist. So kommt es zwar zu recht chaotischen Entwicklungen auf der Scheibenwelt, aber sie sind nicht eigentlich gefährlich.
Das Ende ist gewissermaßen abzusehen, aber es ist auch nicht die Gesamthandlung, die das Buch so lustig und spannend macht, sondern wie üblich sind es die vielen kleinen Details. Pratchett bringt einen auch mit diesem Buch immer wieder dazu, laut aufzulachen. Wortspiele, kleine Absätze mit absurden und überraschenden oder makabren Wendungen reichen meist.
Ein Beispiel: Nachdem die noch ungläubige Susan u.a. über die mythische Figur des Sandmannes gesagt hat, daß die Logik beweise, daß es ihn - wie auch die Zahnfee - nicht geben könne, weil er gar nicht genug Sand mit sich herumtragen könnte, um alle einzuschläfern, steht dann ein wenig später da, daß es ja offensichtlich sei, daß der Sandmann dazu nur einen sehr kleinen Sack braucht. Auf der Scheibenwelt macht er sich nicht die Mühe, den Sand erst herauszunehmen.
Dieser Roman ist nebenbei auch eine Geschichte, die für den Rock'n'Roll spricht. Zwar verläßt diese Art Musik die Scheibenwelt wieder, weil es nicht die richtige Welt für sie ist, und Imp kommt gerade noch so darum herum, jung zu sterben, doch Pratchett setzt die Musik praktisch mit jenem WORT gleich, das das Universum erschuf, und er endet mit dem Satz: Sie wird niemals sterben.
Was soll man sonst noch über einen Scheibenweltroman sagen? Wer bis jetzt noch keinen gelesen hat, ist wirklich zu bedauern.
  

SX 69

 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

David Gerrold: Inmitten der Unendlichkeit

Jack McDevitt: Die Küsten der Vergangenheit

Piers Anthonys Xanth