Simon Hawke: Die Zenda Vendetta

Timewars 4
Simon Hawke: Die Zenda Vendetta
(Bastei Lübbe 23181) 

Bevor es richtig losgeht, erhält der Leser mit einer chronologischen Geschichte der Zeitkriege noch ein weiteres Bröckchen zur Verbesserung seines Verständnisses. Wie ich schon zuvor schrieb: das hätte mehr oder weniger schon im ersten Roman stehen können, und vieles, das damals noch unlogisch erschien, wäre geklärt gewesen.
Zu den Zeitkriegen will ich hier nichts erläutern, wer nicht durchblickt, sollte die Besprechungen der ersten drei Bände in SX 70, 71, 74  und  75  lesen.
Hawkes Weltgeschichte scheint nicht ganz die zu sein, die wir kennen - aber da könnte ich mich auch täuschen. Jedenfalls handelt auch dieses Buch von historischen Ereignissen aus der Literatur! Wie schon bei den Musketieren weiß ich nicht so recht, ob "Der Gefangene von Zenda" auf tatsächlichen Ereignissen beruht oder reine Fiktion ist. Während es für die Gestalten der Musketiere wohl tatsächliche Vorbilder gab, zweifle ich an der realen Existenz eines Königreiches Ruritanien im 19. Jahrhundert. Ob Hawke historische Ereignisse behandelt oder nicht, ist letztlich egal, Tatsache ist allerdings, daß ihm nicht die Geschichtsbücher als Vorlage dienen, sondern belletristische Werke. Was immer er uns damit sagen will...
Das erwähnte Buch ist jedenfalls alles, was die Leute von der Zeittruppe haben, um die richtigen Ereignisse rekonstruieren zu können, die von den terroristischen "Zeitwächtern" mutwillig gestört worden sind. Priest, Delany und Cross müssen wieder los, diesmal gefolgt von ihrem obersten Chef Forrester, der persönlich in die Angelegenheit verwickelt ist. Die Terroristen, von denen nur noch die tödliche Lady Falke und Forresters Sohn Drakov übrig sind, wollen gar nicht mehr ihre politischen Ziele (das Ende der Zeitkriege) erreichen, sondern nur noch ihre persönliche Rache an den vier Helden befriedigen.
Um sie in die Vergangenheit zu locken, töten sie eine wichtige Schlüsselfigur, die Delany seltsamerweise täuschend ähnlich sieht. Also muß er Rudolf Rassendyll spielen, dessen historische Aufgabe es ist, den König von Ruritanien, der ihm wiederum täuschend ähnlich sieht, zu retten.
Was für Zufälle! Keine Zufälle, denn das ist das Wirken des "Schicksalsfaktors" der Zeittheorie, der versucht, irgend etwas wieder ins Lot zu bringen, das wohl Forrester selbst mit der Zeugung Drakovs versaut hatte.
Nun ja, das alles hier zu erklären, wäre ohnehin viel zu umständlich und es würde sicher gar keiner verstehen.
Der vierte Teil der Zeitkriege ist jedenfalls wieder spannend und abenteuerlich. Es geht streckenweise recht brutal zu, die Zeitwächter hauen sich mit den Agenten, die Leute des Ursupators Michael mit denen des Königs usw. Neben den Lasern der Menschen aus dem 27. Jahrhundert benutzt man und frau auch ziemlich freizügig den Säbel.
Inwieweit es sich um eine bloße Adaption von "Der Gefangene von Zenda" handelt, weiß ich nicht. Vielleicht will ja Hawke erreichen, daß sich seine Leser nun auf all seine Vorlagen stürzen, aber ich habe leider nicht die Zeit dazu.
Die Sache läßt sich gut lesen, ist aber nichts mit großem Anspruch. Bemerkenswerterweise hat noch kein einziger der vier Romane tatsächlich einen Zeitkrieg selbst behandelt. Es geht nur immer um Sonderaufgaben, die das Zeitkorps zu lösen hat, und die sich meistens als Störungen des Zeitstromes manifestieren, also um unerwünschte Folgen der Zeitkriege. Man muß eigentlich den Zeitwächtern zustimmen, die sich gegen die Verlagerung der Konflikte in die Vergangenheit stellen, wenn auch deren Methoden genauso falsch wie erfolglos sind. Leider hat es Hawke bisher vermieden, eine Stellung zu beziehen. Seine Helden führen gehorsam ihre Befehle aus, auch wenn sie manchmal durchblicken lassen, daß ihnen die Situation selbst nicht paßt.
Möglicherweise steuert die Rahmenhandlung ja in einem nächsten Teil auf eine Auflösung zu. Im Moment läßt sich das noch nicht sagen. Ich werde versuchen, herauszufinden, ob und wie viele Fortsetzungen es noch gibt.
Übrigens: Dem neuen Übersetzer wäre zu raten gewesen, die ersten drei Bände aufmerksamer zu studieren, dann hätte er sich für Schlüsselbegriffe des Werkes keine neuen Worte ausdenken müssen.

The Zenda Vendetta, (c) Simon Hawke 1985, übersetzt von Rainer Gladys 1996, 253 Seiten, DM 9.90

SX 86

 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Good Omens 2

Damsel – der Film

Lois McMaster Bujold: Spiegeltanz