Timothy Zahn: Kriegspferd
Timothy Zahn: Kriegspferd
(Heyne 4941)
Es ist schon ein komischer Weltraum, in dem Timothy Zahns Roman spielt.
Raumschiffe werden von "Pferden" durchs Weltall gezogen, und die Menschheit
ist den Besitzern der Pferde, gewissen Aliens, nicht gerade freundlich
gesonnen, wenn sie auch keinen Krieg gegen sie führt.
Die Konstellation ist nicht eben neuartig: die Menschheit bemüht
sich, Planeten zu besiedeln, die in der Reichweite ihres Interstellarantriebes
liegen; und eine Rasse intelligenter Fremder, mit der die Menschen Kontakte
pflegen, bemüht sich, Planeten zu besiedeln, die in der Reichweite
ihres Interstellarantriebes liegen - der aber besser ist als der menschliche.
Wo sich die Interessen überschneiden, wird's brenzlig. Auf der Grundlage
dieses Plots haben schon etliche SF-Autoren ihre Universen errichtet. Das
Anliegen ist meist bei diesen Büchern dann auch klar und eindeutig,
eine Botschaft in der Art wie: seid nett zueinander trotz aller Unterschiede
- Gemeinsamkeiten finden sich immer, und wenn es nur die Geldgier ist.
Insofern bleibt auch Zahn auf dieser Linie. Er führt Menschen
und Tampies am Ende auf der Grundlage von wirtschaftlichen Interessen zusammen,
oder stellt es zumindest in Aussicht. Was bei ihm anders ist, das sind
die Pferde, um die sich die Handlung rankt. Während die Schiffe der
Menschen mittels "konventionellem" Antrieb fliegen, beherrschen die Tampies
die Technik der Raumsprünge. Technik ist allerdings das falsche Wort,
denn ihre Kultur baut auf sehr wenig Technik auf. Was die Raumschiffe bewegt,
sind Lebewesen von etlichen hundert Metern Länge, walartig aussehend
- Pferde genannt. Im Verlauf der Handlung entwickelt Zahn eine ganze Ökologie
von im freien Weltraum lebenden Wesen, zu denen die Pferde und ihre Widersacher,
Haie und Geier genannt, gehören. Teils ziehen die Pferde die Schiffe
tatsächlich, teils nehmen sie sie auf Raumsprünge von Stern zu
Stern mit. Angetrieben werden sie durch Telekinese.
Erst hielt ich die Idee für recht albern, aber beim Lesen des
Buches verlor sich der Eindruck rasch. Der Autor wirkt größtenteils
überzeugend in seiner Darstellung der Weltraumlebewesen und ihres
Einsatzes durch die Aliens. Natürlich passieren ihm auch ein paar
wissenschaftliche Ungereimtheiten, die man allerdings fast alle übersehen
kann. Es geht schließlich nicht um Astronomie, sondern SF. Allerdings
- ein Wesen mit Saugnäpfen hat im freien All gar nichts zu suchen.
Das kann da nämlich lange saugen, ohne daß etwas passiert.
Neben der oben erwähnten Idee der Rassenverständigung über
wirtschaftliche Interessen arbeitet Zahn noch mit einer zweiten, die ebenfalls
recht aktuell erscheint. Die Menschen werden im Buch mehrfach betont als
die Wesen beschrieben, die dadurch überleben, daß sie die Umwelt
ihren Erfordernissen anpassen. Im Gegensatz zu ihnen haben die Tampies
eine Art Bio-Zivilisation, was sich ja auch in der Art ihrer Raumfahrt
äußert. Sie leben mit der Natur und versuchen nicht, sie sich
anzupassen. Das ist ein Hauptgrund der Abneigung der meisten Menschen ihnen
gegenüber. Sie gehen ihnen schlicht auf die Nerven. Man könnte
meinen, der Autor schwimmt hier auf einer Ökowelle mit, aber das wäre
sicher nicht richtig. Viel eher dürfte er zu jenen Schriftstellern
gehören, die für die Probleme der heutigen Welt nicht unsensibel
sind und sie in ihren Werken verarbeiten.
Die Handlung rankt sich im Konflikt zwischen den beiden menschlichen
Protagonisten um die Haltung zu den Aliens, die von den Politikern vertreten
und von den beiden Männern widergespiegelt wird. Der Dorn im Fleisch
der Menschheit ist, daß sie keine Weltraumpferde hat und sie auch
nicht kontrollieren kann. Man versucht, welche zu stehlen, man arbeitet
mit den Tampies auf einem experimentellen Schiff zusammen, aber das alles
führt nicht zur telepathischen Kontrolle über die Pferde - denn
der Mensch ist ein Raubtier, das die Pferde anscheinend nicht akzeptieren.
In der Rolle der Politiker - eines Senators vor allem - spiegelt sich
die Auffassung der meisten Menschen unserer Zeit wider, daß Politiker
verlogen und korrupt sind. (Paradox: ein ehrlicher Politiker.) Doch der
Glaube an die Macht des Normalsterblichen ist noch ungebrochen. Am Ende
triumphiert doch die Vernunft. Und die sieht so aus: "Das Funktionieren
des Universums beruht auf der Wirtschaft ... nur auf knallharten, wirtschaftlichen
Überlegungen. Wenn beide Seiten eindeutig davon profitieren, daß
sie einen Konflikt beenden, dann werden die Politiker Gründe finden,
um den Konflikt zu entschärfen."
Schade, daß wir nicht in diesem Universum leben. Dann würde
man vielleicht an einigen Stellen der Erde endlich zur Vernunft kommen.
SX 34
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