Tom Holt: Der Fliegende Holländer

Unsterblichkeit stinkt!
Tom Holt: Der Fliegende Holländer
(Heyne 06/5079)


Tom Holt, der neue englische Fantasy-Humorist, ist wieder da. Nachdem er in "Wer hat Angst vor Beowulf?" geklärt hatte, wie die Wikinger wirklich waren und warum es das 20. Jahrhundert gibt, enthüllt er nun der staunenden Leserschar das Geheimnis des Fliegenden Holländers.
Dieser seit Jahrhunderten über die Meere segelnde Herr ist ein durchaus angenehmer Mensch, nur hat er zusammen mit seiner Besatzung den Fehler, daß er gar teuflisch stinkt. Das ist die Nebenwirkung eines Unsterblichkeitselixiers, welches sie zufällig einmal tranken, als das Bier an Bord ausging. Nur alle sieben Jahre legt sich die Sache für einen Monat Landurlaub. Der daran schuldige Alchimist - ebenfalls unsterblich geworden - ist nun in der Gegenwart ein Professor (und als solcher natürlich ein komischer Kauz), der seit Jahrhunderten nach dem ultimaten Deo forscht. Nebenbei hat er so Dinge wie den Computer und die Kernphysik erfunden.
Letzteres irritiert etwas, wenn man den Band mit den Wikingern kennt, denn da erklärt der Autor die Menschheitsgeschichte ja mit einem bösen Zauberer. Es wird sogar eine Verbindung mit diesem Buch hergestellt, der Journalist Danny taucht wieder auf und erinnert sich an die Sache mit dem Wikingerschatz.
Die Hauptheldin ist eine von ihrem Job gelangweilte Buchhalterin namens Jane, die Konstellation der Figuren ist also fast genauso wie in "Beowulf". Jane findet das Geheimnis des Holländers (oder vielmehr ihrer Firma) heraus und unterstützt ihn dann tatkräftig. Nicht bei seiner Steuererklärung freilich.
Auch dieses Buch lebt größtenteils von den Anachronismen, die das Auftauchen eines alten Segelschiffes und seiner Besatzung in der heutigen Welt verursacht. Dazu kommen allerdings noch ein paar lustige Einfälle mehr. Holt nimmt die Versicherungen und Banken genauso aufs Korn wie fanatische Naturschützer. Da diese offenbar tatsächlich keinen Spaß verstehen, heißt ihr Schiff im Buch auch nicht "Rainbow Warrier", sondern "Erdenkrieger". Natürlich könnte man ihm übelnehmen, daß er Greenpeace-Aktionen durch den Kakao zieht; ich tue das jedoch nicht. Der vordergründige Aktionismus mancher dieser Organisationen trägt nicht unbedingt zur Rettung der Umwelt bei, er diskreditiert eher andere, ernsthafte Bemühungen. Aber lassen wir das.
Die Helden geraten dann auch als Eskalation dieser Handlungslinie in einen Reaktorstörfall in Schottland, der sehr nach Tschernobyl aussieht. Am Ende sind sie zwar ein Problem los, aber sie haben dafür ein anderes...
Trotz der sich aus "Beowulf" wiederholenden Struktur wird die Story dadurch nicht langweilig. Der Humor ist von zurückhaltender Art, so daß die eigentliche Geschichte darunter nicht verlorengeht.
Ich werde mich nun auch zurückhalten, um nichts weiter von der Handlung zu erzählen. Das Buch sollte man lesen, auch wenn der collagenhafte Einband wieder mal recht eigenartig wirkt. Aber damit sind wir nun wohl bei Tom Holt geschlagen.

[Flying Dutch, Tom Holt 1991, übersetzt von Kalla Wefel 1993, 366 Seiten, DM 14,90]
 
 SX 47


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