Tom Holt: Im Himmel ist die Hölle los
(Heyne 06/5359)
Da hätten wir also den nächsten Roman von Tom Holt zu besprechen.
Am Ende des ziemlich fragwürdigen Lesevergnügens steht bei mir
ein Kopfschütteln. Was will der Dichter uns damit sagen? Nun, zumindest
das ist klar. Holt reagiert offensichtlich vorhandenen Frust über
Behörden und Bürokratien ab, in dem sicheren Wissen, daß
er damit allen Menschen aus der Seele spricht (Ich rede von Menschen, nicht
von Bürokraten.) Nur ist das für den Autor längst nichts
Neues mehr. In etlichen seiner fun-fantasy Romane zieht er gegen den Amtsschimmel
zu Felde, jedenfalls spielt es oft irgendeine Rolle.
Im vorliegenden Buch hat der behördliche Un-Geist eine zentrale
Bedeutung. Es geht dabei gleich um die Behörde von Allem, jene, die
für das Funktionieren des Universums verantwortlich ist.
Nur, daß da gar nichts mehr funktioniert. Angesichts eines immer
schlimmer werdenden chaotischen Zustandes beschließt der Personalchef
(einer bestimmten Bemerkung zufolge müßte das Adam sein, aber
das widerspricht seinem Status als Unsterblicher natürlich), einen
gewissen D. Gänger, Advocatus Diaboli, um Hilfe zu bitten. Gemeinsam
kommen sie auf die Idee, eine Sterbliche namens Jane einzustellen.
Die Handlung des Buches folgt nun mehr oder weniger Jane, wie sie als
"Management-Trainee" in verschiedene Abteilungen kommt. Es gelingt ihr,
einige Probleme zu beseitigen. Was dem Leser jedoch fast sofort klarwird,
ist der beabsichtigte Abschlußgag, daß sie für die Position
des Bosses getestet oder ausgebildet werden soll. Die Sache ist (oder war
zumindest für mich) ziemlich durchsichtig.
Leider läßt die Handlung - vor allem im letzten Drittel
- einen durchgehenden Faden vermissen, einen Fortlauf. Es wird immer chaotischer,
krasse Sprünge treten auf, so daß Janes Erlebnisse mehr wie
Episoden wirken, die nichts über Ziel und Motiv des Ganzen aussagen.
Es gibt wie immer bei Holts Fantasy etliche Späße, überraschende
Schwünge in der Handlung, doch diesmal wirken sie oft auch ganz und
gar absurd, fast aufgesetzt. Das Auftreten einer Reihe von Personen und
deren Aktivitäten bleibt bis zum Ende unverständlich, was man
natürlich auch als "rätselhaft" ansehen könnte. Aber es
bewirkt eben keine Spannung, sondern höchstens ein Stirnrunzeln.
Die Vorstellung vom Universum als einer Art schrottreifer, von unterbezahlten
Arbeitskräften und minderbemittelten Bürokraten geführter
Maschinerie an sich ist abstrus genug - nicht um wahr zu sein - aber um
zu belustigen. Die Charaktere des Personalchefs und von Gänger bleiben
ziemlich blaß und flach, wahrscheinlich weil aus Gründen der
Spannung darauf verzichtet werden mußte, ihre Absichten dem Leser
mitzuteilen. Jane scheint halbwegs als Karrierefrau angelegt zu sein, jedoch
nicht mit den fast schon negativen Attributen, die man denen gemeinhin
zuspricht. Sie ist Holts Standardtyp an intelligenter, gutaussehender und
willensstarker Frau (ein böser Mensch könnte jetzt meinen, diese
Einheit wäre das phantastische Element), die von Kindern nur weiß,
daß man sie nicht in die Waschmaschine stecken sollte, wahrscheinlich
gehen die Farben aus oder so.
Da man also nicht so recht weiß, was das alles soll, kann man
der sprunghaften Handlung auch kaum durchgehend folgen. Man lacht über
ein paar Gags, na schön. Und was sonst noch?
Nicht sehr viel.
Here Comes The Sun, (c) Tom Holt 1993, übersetzt von Kalla Wefel
1995, 380 Seiten, DM 14.90
SX 69
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